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Nach 44 und 33 Jahren erzählen Panini Comics und DC weitere Abenteuer der klassischen Superman- und Batman-Filme. Superman ’78 führt Christopher Reeves Superman in ein neues Abenteuer, Batman ’89 Michael Keatons Batman. Können die Fortsetzungen überzeugen, oder sind die Klassiker längst alte Hüte?

Man könnte es ein gewagtes Experiment nennen oder einen weiteren Beweis für die moderne Ideenlosigkeit: Comics, die 44 und 33 Jahre alte Filme fortsetzen. Zwischenzeitlich gab es neue Verfilmungen von Superman und Batman, aber die alten Filme haben immer noch ihre Fans. Besonders Christopher Reeves schauspielerische Leistung als Superman gilt immer noch als ikonisch für den Charakter. Michael Keaton als Batman hat vielleicht weniger Eindruck hinterlassen, dafür das dystopisch-übertriebene Aussehen von Gotham City in den Filmen von Regisseur Tim Burton umso mehr. Schauen wir mal, ob sich der DC Comics Versuch gelohnt hat, oder sich als leerer Nostalgie-Köder entpuppt.

Übrigens, zu nötigem Vorwissen: Für Batman ’89 sollte man bestenfalls beide Batman-Filme mit Michael Keaton gesehen haben, Batman von 1989 und Batmans Rückkehr von 1992. Superman ’78 andererseits benötigt kein spezifisches Film-Vorwissen, simple Vorkenntnisse zu Superman (insgeheim Reporter beim Daily Planet, Lois Lane ist seine Kollegin, Lex Luthor ein böses Genie) reichen völlig.

Batman ’89

Batman ’89 wurde von Sam Hamm geschrieben, dem Drehbuchautor des ersten Batman-Kinofilms – und das merkt man. Batman ’89 hat dieselbe Atmosphäre wie der alte Film, Charaktere verhalten sich treu zur Vorlage und die Handlung greift Themen und Ansätze des Films auf.

Einige Zeit nach Batmans Rückkehr herrscht Chaos in Gotham City. Gangs, die den Joker imitieren, bekriegen sich mit Gangs, die sich als Nachbarschaftswachen mit Batman-Optik ausgeben. Im Stadtviertel Burnside versucht der junge Drake Winston seine Nachbarn zu beschützen, während Staatsanwalt Harvey Dent allen Gangs den Krieg erklärt – und auch Batman, dem ungesetzlichen Selbstjustizler.

Frühstück bei Wayne mit bekannten Gesichtern
Frühstück bei Wayne mit bekannten Gesichtern

Von dieser Ausgangslage ausgehend spinnt Batman ’89 eine faszinierende, vielschichtige Handlung. Einige Elemente sind sehr vorhersehbar, wie das Schicksal Harvey Dents. Batman ’89 setzt aber auch diese für Batman archetypischen Figuren- und Handlungselemente in neue Kontexte oder verleiht ihnen ganz eigene Noten. Dabei schreckt Batman ’89 auch nicht davor zurück, gesellschaftliche Probleme einzubeziehen, die in Filmen über Superheld*innen meist ignoriert werden.

Hier muss, auf Spoiler-Gefahr, definitiv Robin genannt werden. Robin ist eine seit langem umstrittene Figur, die oft neu zu interpretieren versucht wurde, bisher aber nur mit mäßigem Erfolg. Robin hängen einfach zu viele alberne Klischees an: das uralte Kostüm ohne Hosen und die Rolle als Sidekick, der nur alberne Sprüche macht und Batman sagt, wie toll er doch sei.

Bruce Wayne, Wohltäter?
Bruce Wayne, Wohltäter?

Beides beißt sich mit den modernen, düster-ernsten Batman Interpretationen, entsprechend tauchte er weder in Tim Burtons noch Christopher Nolans Batman-Filmen auf und in Zack Snyders Batman v Superman nur posthum als Symbol für Batmans verlorene Unschuld. Die Comics und die Serie Titans versuchen stattdessen Robin „düster“ zu machen, indem sie betonen, dass Batman ihn praktisch zum Kindersoldaten abrichtete und Robin sich irgendwann von ihm losreißt. Batman ’89 umgeht das ganze Problem, indem Robin hier selbst ein intelligenter, fähiger Verbrechensbekämpfer ist, bevor er auf Batman trifft. Hier sind Batman und Robin wirklich Partner auf Augenhöhe, die gleichberechtigt agieren.

Ansonsten erscheint Batman ’89 wirklich wie der dritte Michael Keaton-Film, der nie gedreht wurde. Die wiederkehrenden Figuren verhalten, sprechen, bewegen sich wie in den Filmen, besonders auffällig bei Batman. Keatons Batman hatte eine sehr ungewöhnliche Persönlichkeit, die sich deutlich von anderen Batman-Versionen unterscheidet und hier völlig intakt ist. Harvey Dent erschien tatsächlich im ersten Batman-Film, wo er von Billy Dee Williams gespielt wurde, besser bekannt als Lando Calrissian aus Star Wars. Aufgrund verschiedener Probleme hinter den Kulissen spielte Williams die Rolle nach Batman erst 30 Jahre später als Easteregg in The Lego Batman Movie. Batman ’89 führt die Figur aber organisch fort und bezieht dabei Ideen ein, die Sam Hamm und Regisseur Tim Burton damals für den Charakter sammelten, in den Filmen aber nicht verwirklichen konnten.

Bale, Affleck oder Pattinson würde so etwas nicht passieren
Bale, Affleck oder Pattinson würde so etwas nicht passieren

Dieses Gefühl wird auch von Joe Quinones hervorragenden Zeichnungen unterstützt. Der Zeichenstil ist realistisch und detailliert, während die Kolorierung exzellent plastische Tiefe in den Bildern entstehen lässt. Vor allem sind die Gesichter perfekt getroffen, egal in welchem Winkel oder Gesichtsausdruck. Man erkennt sofort Batman als Michael Keaton, Harvey Dent als Billy Dee Williams, Commissioner Gordon als Pat Hingle und so fort. Das muss wirklich gelobt werden, viele Zeichner haben große Probleme damit, so gut erkennbare Gesichter zu zeichnen. In diesen Designs verstecken sich noch weitere Anspielungen, die darauf hinweisen, wie sorgfältig sich Batman ’89 mit den damaligen Burton-Filmen befasst: Robin ist visuell dem Schauspieler Marlon Wayans nachempfunden. Der wurde damals als Robin gecastet, bevor seine Rolle im Laufe der Produktion gestrichen wurde. So hat er es auf eine Art doch noch geschafft, Robin zu verkörpern.

Insgesamt ist Batman ’89 ein toller Comic. Die Geschichte ist gut, die Zeichnung begeistert, und Elemente und Stimmung der alten Filme werden perfekt aufgenommen. Dabei erzählt es aber eine neue Handlung, ohne etwas zu wiederholen. Hätten wir damals doch nur Batman ’89 als dritten Film bekommen statt Batman Forever… Um Batman ’89 voll genießen zu können, hilft es wie gesagt die Filme gesehen zu haben. Vor allem, um zu erkennen, wie gut es die Filme getroffen hat. Das und eine kleine Schwäche beim Ende sind das Einzige, was einen Daumen nach oben verhindert.

Die harten Fakten

  • Autor(en):Sam Hamm
  • Zeichner(in): Joe Quinones
  • Seitenanzahl: 148
  • Preis: 19 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

 

Superman ’78

Mit Superman schrieben 1978 Regisseur Richard Donner und Superman-Schauspieler Christopher Reeves Geschichte. Das war der erste große Superhelden-Film im Kino und ein Riesenerfolg. Superman II – Allein gegen alle war weiterhin ein Erfolg, auch dank des ikonischen Gegners General Zod. Die dritte und vierte Fortsetzung, beide mit Christopher Reeves als Superman aber stetig wechselndem Regisseur, konnten diese Erfolge nicht mehr wiederholen. Kann Superman ’78 diesen Abwärtstrend ändern?

Kann man Luthor vertrauen?
Kann man Luthor vertrauen?

Kurz gesagt, nein. Die Handlung von Superman ’78 ist nicht direkt schlecht, aber einfallslos. Eines Tages greifen plötzlich Roboter vom Alien-Superschurke Brainiac die Erde an. Superman versucht, Lex Luthor zur Verteidigung der Erde zu rekrutieren, dieser spielt aber natürlich sein eigenes Spiel.

„Brainiac greift die Erde an“ ist einfach ein Standardplot bei Superman und Superman ’78 schafft es nicht, mehr daraus zu machen. Von der ersten Konfrontation, zu Luthors Plan bis zum Finale bleibt einfach alles vorhersehbar. Superman ’78 wagt zugegeben einen großen Schritt:

 

Spoiler!

 Superman begegnet seinen Eltern, die Kryptons Zerstörung überlebt haben Das ist allerdings grundsätzlich keine besonders gute Idee, da sie das Grundkonzept von Superman angreift. Dazu kommt, so wie es hier ausgeführt wurde, funktioniert es einfach nicht. Anstatt Superman in seinen Grundfesten zu erschüttern, gibt es kaum eine Reaktion, bevor er zu seinem Alltag zurückkommt.

[Einklappen]

Im Gegensatz zu Batman ’89 nimmt Superman ’78 wenig von seiner Vorlage auf. Die Charaktere verhalten sich einfach wie flache Standard-Klischees ihrer selbst. Ob dies jetzt der Superman aus den Christopher Reeves-Filmen sein soll, der aus den damaligen Comics oder zum Beispiel der aus Superman The Animated Series lässt sich nicht erkennen. Einzig Luthor fällt auf denn, wie Gene Hackman im Film, neigt er dazu, sich als Genie des Verbrechens selbst zu beweihräuchern. Während Hackman das schauspielerisch unterhaltsam herüberbringen konnte, wirkt es hier nur flach und albern.

Slapstick wie in Superman III… als es mit der Reihe bergab ging
Slapstick wie in Superman III… als es mit der Reihe bergab ging

Superman ’78 nimmt auch keine Inspiration aus den alten Filmen oder Ideen für diese auf, wie Batman ’98 es tut. Was Brainiac angeht, so gab es damals zwar Pläne, dass diese nicht benutzt wurden, ist aber zugegeben zum Besseren. Brainiac als Groomer, der ein Ritterturnier gegen Superman reitet, lässt die faden Klischees von Superman ’78 noch gut aussehen. Neben etwas Slapstick im Stil von Richard Lester, ein Komödien-Regisseur, der Superman II und III von Richard Donner übernahm, ist die größte Anspielung, dass in einem Panel die Goonies zu sehen sind. Die Kinderbande stammt aus dem gleichnamigen Kultfilm von 1985, bei dem Richard Donner sieben Jahre nach Superman Regie führte. Vielleicht eine nette Hommage an Donner, mit Superman hat das aber nichts zu tun.

Auch ansonsten können Wilfredo Torres‘ Zeichnungen nicht begeistern. Die Figuren und Kompositionen sind etwas stilisiert, aber vor allem sehr detailarm. Außerdem überwiegen große Panels in denen nichts passiert, reine Platzverschwendung.

Das hier ist keine ganze Seite wert
Das hier ist keine ganze Seite wert

Die Kolorierung hilft dabei auch nicht: Die Farben sind flach und plakativ. Selbst da wo Schattierungen vorhanden sind, können sie keine visuelle Tiefe schaffen. Die Farben sind insgesamt sehr hell gehalten, wodurch die Bilder teilweise seltsam blass wirken. Die Seiten werden meist von einer Farbe dominiert, einem hellen Grau, Weiß oder Blau. In Actionszenen gibt es dafür als Hintergrund der Panels oft leere pinke oder grüne Flächen. Zu guter Letzt sehen die Figuren ihren Schauspielern nicht mal ähnlich. Superman ist immerhin als stilisierter Christopher Reeves erkennbar, Lex Luthor ist mit gutem Willen noch eine Mischung aus Gene Hackman und dem damaligen dicklicheren Comic-Luthor.  Lois Lane sieht der Schauspielerin Margot Kidder aber überhaupt nicht ähnlich.

Superman ’78 ist leider ein ziemlicher Reinfall. Die Handlung ist uninspiriert und unspannend, mit einem epochalen Einfall, der fast völlig übergangen wird. Torres‘ Zeichenstil ist an sich nicht direkt schlecht, aber völlig unpassend, um echte Leute darzustellen oder filmisches Feeling zu erzeugen. Abgesehen von Supermans Gesicht und ein paar flachen Gags zu Luthor fühlt sich Superman ’78 nicht an, als ob es etwas mit dem Film zu tun hätte, keine Eigenheiten, Motive, Thematiken wurden nicht übernommen. Superman ’78 ist wirklich nur den größten Filmfans zu empfehlen, die unbedingt alles Merchandise haben müssen. Ansonsten bietet der Comic nur eine unterdurchschnittliche Klischee-Geschichte.

Die harten Fakten

  • Autor(en): Robert Venditti
  • Zeichner(in): Wilfredo Torres
  • Seitenanzahl: 148
  • Preis: 19 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

 

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Nina Horbelt
Fotografien/Scans: Paul Menkel
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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