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Wieder mal Lust auf Tabletop, aber keine Zeit für ausufernde Gefechte? Mit Warcry: Ghurs Herz ist im Sommer die zweite Edition des Skirmishers von Games Workshop im Age of Sigmar-Hintergrund erschienen. Wir ziehen mit euch in die dunklen Wälder und schauen, ob sich der Besuch lohnt.

Tabletop ist ein großartiges Vergnügen, das viel Freude macht, jedoch im normalen Tagesablauf auf Grund des oft exorbitanten Umfanges wenig Raum finden kann. Zu viel Material muss man von A nach B räumen, zu lange dauert das eigentliche Spiel. An einem Abend in der Woche ist dafür schwer Zeit. Die Alternative zu den großen Tabletops mit unzähligen Figuren bieten schnelle Skirmisher, bei denen man sich nicht nur auf wenige Miniaturen konzentrieren kann. Kollege Dennis hat in seinen Artikeln beispielsweise schon Freebooter´s Fate vorgestellt. Games Workshop bietet zwei grundsätzlich unterschiedliche Richtungen für Skirmisher an. Wer kleine Gefechte in der Zukunft mag, wird beispielsweise zu Killteam greifen. Wer aber einen fantastischen Hintergrund schätz, hat schon länger mit Warcry eine Option. Hier treffen unterschiedliche Banden aufeinander, die miteinander in kurzen knackigen Gefechten ringen. Mit Ghurs Herz ist dieses Jahr die zweite Edition erschienen. Wir möchten euch Unterschiede zur vorherigen Edition aufzeigen und überlegen, ob sich die Investition in die Box lohnt.

Eine schnelle Partie – Regeln und Veränderungen

Für Veteranen des Spiels die gute Nachricht vorweg: Gegenüber der ersten Version des Spiels haben sich die Regeln nur marginal verändert. Die Grundregeln haben wir unserem damaligen Artikel schon kleinschrittig vorgestellt: Zwei Banden treffen aufeinander und bekämpfen sich auf überschaubaren Schlachtfeldern. Zielsetzung ist dabei die andere Bande entweder komplett zu besiegen oder Ziele, je nach Mission, zu erreichen. Dabei gibt es zwei wichtige Unterschiede zum großen Age of Sigmar-Bruder. Zum einen aktiviert man abwechselnd Figuren der verschiedenen Fraktionen. So muss man nie lange warten, bis man wieder dran ist, sondern bleibt immer im Geschehen. An zweiter Stelle steht die Nutzung von Sonderfähigkeiten während des eigenen Zuges. Jede Bande hat dabei fraktionsspezifische Fähigkeiten. Um diese zu nutzen, würfelt man am Anfang des Zuges sechs Würfel, sortiert diese nach Pärchen und verbraucht sie beim Einsatz von Sonderfähigkeiten. Ein größerer Pasch wird dabei für stärkere Fähigkeiten benutzt. Die Augenzahl des Paschs wiederum bestimmt die Stärke der eingesetzten, meist bösen, Überraschung für das Gegenüber. All diese Grundideen sind Warcry auch in der zweiten Edition erhalten geblieben, was ein gutes Zeichen für die grundsätzliche Spielmechanik ist. Die zwei größten Unterschiede betreffen die Zusammenstellung der Banden und die Nutzung der sechs Würfel.

Alle Bandenmitglieder in Warcry haben eins von drei Symbolen: Dolche, Hämmer oder Schilde. In der neuen Edition muss man seine Modelle möglichst gleichmäßig auf die drei Symbolvarianten aufteilen. Diese Änderung mag erst seltsam erscheinen, ist aber aus spielerischer Sicht durchaus sinnvoll. Es gibt ein ganze Reihe Missionsziele, bei denen man beispielsweise alle Modelle mit einem Symbol des Gegners ausschalten soll. Dies stellte sich in der Vergangenheit unangenehm schwierig heraus, wenn die Bande fast nur aus Modellen mit diesem Symbol bestand. Die zweite große Änderung ist die Einführung von Reaktionen. Mit diesen kann man in gegnerischen Zügen auf dort getätigte Aktionen reagieren, um beispielsweise einen Kämpfer zuschlagen zu lassen. Hierbei gibt man jedoch nicht nur einen Würfel aus, sondern gibt auch die nächste Aktion des entsprechenden Charakters auf, zwingt ihn also danach nicht mehr zu handeln. Reaktionen sind somit nicht immer die beste Wahl, sondern sollten gut überlegt sein, wenn ein Charaktermodell schon richtig steht, da es beispielsweise ein Missionsziel hält.

Alle Fraktionen haben dabei drei allgemeine Reaktionen zur Auswahl, hinzu kommt noch jeweils eine weitere spezifische Reaktion. Goblins beispielsweise können sich mit ihrer Reaktion zusammenrotten. Insgesamt gefallen uns die Änderungen der Regeln gut. Diese sind nicht überbordend und zeigen den guten Zustand, in dem sich das Spiel befindet.

Ewige Feinde – Die neuen Banden

Wie jede Warcry-Erweiterung kommt auch Ghurs Herz mit zwei neuen Banden daher. Beide sind dabei wieder mehr oder minder Menschen und dienen den Chaosgöttern. Wer andere Fraktionen spielen möchte, hat aber inzwischen nahezu alle bestehenden Age of Sigmar-Armeen zur Auswahl. Die Hörner des Hashut haben dabei indirekt eine Fraktion angekündigt, auf deren Erscheinen im Age of Sigmar-Hintergrund viele warten: Chaoszwerge. Hashut ist der stierköpfige Götze der Chaoszwerge und dieser findet sich auf diversen Modellen der Bande wieder, meist als Helm. Die Bande kommt dabei recht martialisch daher, die Ausrüstung wirkt schwer, Wuchtwaffen und Rüstungen prägen das Bild. Ganz anders sieht das beim Faulsumpf-Credo aus. Diese Bande aus Menschen folgt Nurgle, dem Gott der Seuchen, ohne es wirklich zu wissen. So tragen sie, unwissend für wen sie eigentlich tätig sind, Krankheiten und Seuchen unter die Menschen und zu anderen Chaosbanden. Wo bei den Hörnern des Hashuts schwere Ausrüstung dominiert, ist das Faulsumpf-Credo und seine morastige Umgebung angepasst. Leichte Kleidung, zerschlissene Kapuzen und Rüstzeug aus geflochtenen Pflanzen prägen das Bild.

Beide Banden sind optisch gut gelungen und zeigen die typische Zusammenstellung von Warcry-Banden. Heldenmodelle sind etwas größer, die restlichen Modelle haben ungefähr die gleiche Schulterhöhe. Einzig kleiner Wehmutstropfen ist, dass man nicht die Chance genutzt hat, über das Set Chaoszwerge zu etablieren.

Hat sich das Gebüsch gerade bewegt – Das Gelände

Bei den großen Warcry-Boxen ist seit jeher das Gelände der heimliche Star. Mit neuen fantastischen Optionen das Schlachtfeld zu gestalten, werden die Spiele erst richtig spannend. In der ersten Box fanden wir noch generische Ruinen, jetzt geht es in die Wälder Ghurs, eine wilde und von der Zivilisation verlassene Gegend. Urzeitliche riesige Skelette mischen sich mit Bäumen, die in Händen enden und mit verfallenen Ruinen – eine optisch ansprechende Mischung.

Unterschiedliche Geländestücke prägen das Spielfeld.

Großartig ist, dass das Gelände modular untereinander kombiniert werden kann. Die Hängebrücken können beispielsweise frei zwischen verschiedensten Gebäuden verbunden werden. Ein Umstand, der auch bei der Lagerung der recht groß geratenen Modelle ebenfalls hilfreich ist. Diese Größe zeigt sich vor allem in den Bäumen, die alle anderen Modelle um ein Vielfaches überragen. Um diese trotzdem auf den Gussrahmen unterzubringen hat Games Workshop sie in unzählige kleine und teilweise obskur geformte Teile zerlegt. Am Ende passt alles gut zusammen, beim Zusammenbau wirkt der eigentliche Bauschritt aber oft nicht intuitiv.

Das Gelände kommt mit eigenen Regeln daher, die man sowohl in Einzelspielen als auch zusammengesetzten Kampagnen nutzen kann. Warum nicht über ein Horn an der Spitze des gewaltigen Totenkopfes Verstärkung rufen oder Gegner*innen in die Tiefe stürzen lassen, in dem man die Hängebrücke zerstört, auf der sie gerade stehen? Das Gelände und die dazugehörigen Regeln machen richtig Spaß und ergänzen das Spiel um tolle, neue Möglichkeiten.

Und was ist drin? – Der Inhalt der Box

Wie alle Grundboxen von Age of Sigmar ist auch diese voll mit allen möglichen Gegenständen. In der Box befinden sich:

  • Das Warcry-Grundbuch
  • Das Kriegerscharbuch „Fäulnis und Verfall“ (Gelände und Kampagnenregeln)
  • Schlachtplankarten zur Aufstellung des Geländes
  • Ein beidseitig bedruckter Spielplan
  • Warcry-Marker
  • Würfel
  • Ein Entfernungsmesser
  • 14 Kämpferkarten
  • 2 Fähigkeitenkarten
  • 20 Modelle (10 je Bande)
  • 1 Wachturm, 4 Hängebrücken, 2 Knarreichen, 1 Rippenplattform, 10 Hindernisse

Ziel ist hier klar ein direkt nutzbares Spiel aus der Box zu ermöglichen. Tatsächlich braucht man nichts anderes, um bei Warcry glücklich zu werden. Die beiden Banden sind gut gegeneinander balanciert und wer doch mal eine andere Bande nutzen möchte, steht vor relativ kleinen Ausgaben.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Spieldauer: ca. 60 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2-4
  • Alter: 13+
  • Preis: UVP 180 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, KuTaMi

 

Ab in den Wald? – Ein Fazit

Zugegeben: Der Einstiegspreis von 180 EUR ist happig, doch im Augenblick muss man diesen gar nicht zahlen. Bei Games Workshop findet man die Box nicht mehr, zu schnell dreht sich dort seit dem Ersterscheinungstermin im Sommer wieder das Veröffentlichungsrad. Dafür gibt es die Box bei diversen Händler*innen mit ordentlichen Rabatten, sei es auf Englisch oder auf Deutsch. Uns hat Warcry: Ghurs Herz sowohl bei den Testspielen als auch bei weiteren Matches viel Freude gemacht. Die Regeln sind schnell erlernt, auch für ungeübte Tabletopler*innen, und die Gefechte sind mit einer Dauer von circa einer Stunde auch an einem regulären Wochentag gut unterzubringen. Warcry ist und bleibt der etwas mutigere Sandkasten von Age of Sigmar, in dem auch mal verrücktere Konzepte ausprobiert werden. Wir können nur hoffen, dass das auch in Zukunft so bleibt. Wer ein schnelles Spiel sucht und bereit ist, den Preis zu bezahlen bekommt hier ein wirklich gutes Produkt.

  • Gute Miniaturenauswahl

  • Großartiges Gelände

  • Direkt aus der Box voll spielbar

 

  • Vertane Chance Chaoszwerge einzuführen

  • Recht hoher Einstiegspreis

 

Artikelbilder: © Warhammer Community
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Sabrina Plote
Fotografien: Markus Kastell
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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