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Preise, Zertifikate, Ernennungen – unsere Gesellschaft liebt es sich selbst und andere zu ehren und hervorzuheben. Die Literaturszene ist dabei mitnichten eine Ausnahme. Doch während die phantastische Literatur beim Deutschen Buchpreis selten Berücksichtigung findet, ist sie beim DPP oder Seraph einziger Bestandteil. Licht im Auszeichnungs-Dschungel findet ihr hier.

Die phantastische Buchszene ist bunt – sei es in Bezug auf die verschiedenen Genres wie Fantasy, Science-Fiction, Dystopie oder Utopie, oder in Hinblick auf ihre Auszeichnungen. Generell wartet die Literaturszene mit vielen verschiedenen Preisen auf, dabei gehören der Deutsche Buchpreis oder der Georg-Büchner-Preis zu den bekanntesten im deutschen Raum. Da die phantastische Literatur bei diesen klassischen Preisen in der Regel kaum bis gar keine Beachtung findet, kürt die phantastische Buchszene ihre eigenen Sieger – national wie international. Welche das sind und wo ihre Unterschiede liegen, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Preise im deutschsprachigen Raum

Deutschland, das Land der Dichter und Denker – eine Aussage, mit der wir Deutschen uns noch heute schmücken. Doch während die meisten bei dem Spruch an Goethe und Schiller denken, denken die Phantasten an Kurd Laßwitz oder Michael Ende – Vorreiter einer neuen Literatur. Kurd Laßwitz gilt mit seinem 1897 erschienenen Roman Auf zwei Planeten sogar als Begründer der deutschsprachigen Science-Fiction. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass der größte deutschsprachige Science-Fiction-Preis seinen Namen trägt.

Der Kurd Laßwitz Preis

Bereits seit 1980 wird der Kurd Laßwitz Preis (KLP) jährlich zu Ehren seines Namensträgers und der deutschsprachigen Science-Fiction in bis zu acht Kategorien verliehen. Derzeit können Autoren in den Kategorien Roman, Erzählung, ausländisches Werk, Übersetzung, Graphik, Hörspiel und zwei Sonderkategorien ausgezeichnet werden. Nominiert werden dürfen nur Werke, die im Nominierungsjahr erstveröffentlicht wurden und eindeutig der Science-Fiction angehören. Zudem muss es sich, außer in der Kategorie ausländisches Werk, um deutschsprachige Werke handeln.

Nominierungsvorschläge darf jeder machen, der sich professionell mit der deutschsprachigen Science-Fiction beschäftigt; also Autoren, Übersetzer, Verleger, Herausgeber, Lektoren, Grafiker, Fachjournalisten oder auch bisherige Preisträger. Die Vorschläge werden an einen sogenannten Treuhändler geschickt, der die Vorschläge ausgiebig prüft und letztlich dem Vorauswahlgremium, bestehend aus ausgewählten Abstimmungsberechtigten, vorlegt. Auf der Website des Preises wird das Abstimmungsverfahren ausführlich erklärt.

Zu den Preisträgern gehörten bisher unter anderem Wolfgang Jeschke, Andreas Eschbach oder auch Andreas Brandhorst. Beim Durchsehen der Preisträger zeigt sich eins jedoch deutlich: Die deutschsprachige Science-Fiction ist noch immer eine Männerdomäne. Der 38. Kurd Laßwitz Preis wird am 22. September 2018 im Rahmen der ElsterCon in Leipzig verliehen.

Der Deutsche Science-Fiction-Preis

Neben dem Kurd Laßwitz Preis ehrt auch der Deutsche Science-Fiction-Preis (DSFP) ausschließlich Autoren der deutschsprachigen Science-Fiction-Szene. Der DSFP wurde 1985, also recht kurz nach dem KLP, ins Leben gerufen. Der beschränkt sich allerdings auf die Kategorien „Bester deutschsprachiger Roman“ und „Beste deutschsprachige Kurzgeschichte“ und wird jährlich vom Science Fiction Club Deutschland e.V. (SFCD) verliehen. Im Gegensatz zum KLP ist der Deutsche Science-Fiction-Preis mit 1.000 EUR dotiert. Nach eigenen Angaben ist er damit der einzige dotierte Genre-Preis im deutschsprachigen Raum.

Die Jury des DSFP besteht aus sieben bis zehn Mitgliedern des SFCD und arbeitet auf ehrenamtlicher Basis, deswegen freut sie sich immer über Nominierungsvorschläge. Die bisherigen Preisträger des DSFP ähneln sehr den Preisträgern des Kurd Laßwitz Preises. Auch beim Deutschen Science-Fiction-Preis finden sich unter den Preisträgern Andreas Brandhorst, Andreas Eschbach und Wolfgang Jeschke. Doch während der KLP in den vergangenen 37 Jahren noch nie eine Frau in der Kategorie „Bester Roman“ kürte, zeichnete der DSFP zumindest schon drei Mal Autorinnen aus.

Seraph

Während die Science-Fiction viele Genre-Preise besitzt, teilen sich die anderen Genres der Phantastik oftmals einen Preis. So verhält es sich auch beim seit 2012 verliehenen Seraph. Der Seraph wird jährlich von der Phantastischen Akademie im Rahmen der Leipziger Buchmesse verliehen und betrachtet alle Genre der phantastischen Literaturszene. Dabei beschränkt er sich auf die Kategorien „Bester Roman“ und „Bestes Debüt“, wobei ausschließlich das beste Debüt mit einem Preisgeld in Höhe von 2.000 EUR geehrt wird.

Die Jury wechselt regelmäßig, besteht jedoch immer aus Fachleuten und Amateuren der phantastischen Literaturszene. Gemeint sind mit dieser Definition, welche die Phantastische Akademie selbst trifft, Autoren, Verleger, Lektoren, Literaturagenten, Blogger, Buchhändler und auch Leser. Zu den Preisträgern des Seraph gehörten bisher unter anderem Christian von Aster, Ju Honisch oder Katharina Seck. Im Vergleich zu den Science-Fiction-Preisen wird schnell deutlich, dass das Verhältnis von männlichen und weiblichen Preisträgern recht ausgewogen ist.

Deutscher Phantastik Preis

Während der Seraph ausschließlich über eine Jury verliehen wird, handelt es sich beim Deutschen Phantastik Preis (DPP) um einen Publikumspreis. Eine Jury stellt eine sogenannte Longlist zu

sammen, aus der dann die Gewinner gewählt werden. Bei der Online-Abstimmung kann jeder mitmachen, der Lust hat. Der DPP wird seit 1999 verliehen. Bis 2016 stand er dabei unter der Schirmherrschaft des Online-Magazins Phantastik-News, doch seit 2017 übernehmen die Zeitschrift Phantastisch! und das Online-Magazin Corona Magazin diese Aufgabe. Aufgrund dieser internen Umstrukturierungen gibt es bisher auch keinen wiederkehrenden Verleihungstermin oder Ort. 2017 fand die Verleihung des DPP während der Phantastika in Oberhausen statt.

Der Deutsche Phantastik Preis wird in zehn Kategorien verliehen:

  • Bester deutscher Roman
  • Bestes deutschsprachiges Hörbuch/Hörspiel
  • Bestes deutschsprachiges Romandebüt
  • Beste deutsche Serie
  • Bester internationaler Roman
  • Bester deutschsprachiger Grafiker
  • Beste deutschsprachige Kurzgeschichte
  • Bestes deutsches Sekundärwerk
  • Beste deutschsprachige Anthologie/Kurzgeschichtensammlung
  • Bester deutscher Comic

 

Zu den bisherigen Preisträgern gehörten bisher unter anderem Oliver Plaschka, Cornelia Funke oder Markus Heitz. Auch beim DPP ist das Geschlechterverhältnis unter den Preisträgern recht ausgewogen.

Phantastikpreis der Stadt Wetzlar

Es gibt eine kleine Stadt in Deutschland, die in erster Linie für ihre Liebe zur Phantastik bekannt ist. Die Stadt Wetzlar in der Nähe von Gießen besitzt nicht nur die einzige Bibliothek, die ausschließlich phantastische Werke führt, sie ist auch die einzige Stadt, die einen eigenen Preis für phantastische Literatur verleiht. Oder eher gesagt, verlieh. Denn 2018 wurde der Preis nach 32 Jahren zum letzten Mal vergeben. Grund dafür ist, nach Angaben der Phantastischen Bibliothek Wetzlar, die positive Entwicklung auf dem deutschen Buchmarkt. Die Phantastik als Genre sei endlich ihrem Nischendasein entkommen, sodass keine weitere Werbung durch den Wetzlarer Phantastikpreis nötig sei.

Der Preis wurde 1983 ins Leben gerufen und war zu Beginn mit 2.500 DM dotiert. Die Summe stieg 1990 auf 7.000 DM an, bevor sie 2002 auf, immer noch hohe, 4.000 EUR fiel. Zu den Preisträgern des Wetzlarer Phantastikpreises gehörten unter anderem Sigrid Heuck, Gunter Gross und Annika Scheffel. Das Geschlechterverhältnis zwischen den Preisträgern ist auch hier recht ausgewogen, wobei die Männer doch führend sind.

Update: Die Zukunft des Phantastik-Preises der Stadt Wetzlar ist nach neuesten Aussagen der Phantastischen Bibliothek Wetzlar ungewiss. Es müssen eventuell einige Umstrukturierungen vorgenommen werden, aber vollkommen abgeschrieben ist er noch nicht.

Internationale Preise

Doch nicht nur im deutschsprachigen Raum wird die Phantastik geehrt. Auch im englischsprachigen Ausland findet die Phantastik Anklang. Doch egal ob Deutsch oder Englisch, die Science-Fiction ist unbestrittener Preis-Anführer.

Die Hugo-Awards

Die Hugo-Awards sind eine reine Science-Fiction-Auszeichnung und wurden 1953 das erste Mal verliehen. Sie stehen unter der Schirmherrschaft der World Science Fiction Convention und werden seit 1955 jährlich von ihnen verliehen. Somit ist der Hugo-Award der älteste, heute noch verliehene Science-Fiction-Preis der Welt. Das Besondere am Hugo ist, dass nicht nur Autoren oder Künstler ausgezeichnet werden können; auch Fans, die durch Fanmagazine oder Fanart besonders aufgefallen sind, können den Preis mit nach Hause nehmen.

Die Hugo-Awards werden inzwischen in 15 Kategorien vergeben:

  • Best Novel
  • Best Novella
  • Best Novelette
  • Best Short Story
  • Best Related Work
  • Best Graphic Story
  • Best Dramatic Presentation (Long Form)
  • Best Dramatic Presentation (Short Form)
  • Best Editor (Long Form)
  • Best Editor (Short Form)
  • Best Professional Art
  • Best Semiprozine
  • Best Fanzine
  • Best Fancast
  • Best Fan Writer
  • Best Fan Artist

 

Auf der Website des Hugo-Awards könnt ihr die Erklärungen der Kategorien nachlesen. Redakteurin Heike hat sich die Romane der Hugo-Preisträger des Jahres 2017 und der Hugo-Gewinner aus dem Jahr 2018 genau angesehen und eine kurze Zusammenfassung geschrieben.

Nebula Awards

Die Nebula Awards sind ebenfalls ein reiner Science-Fiction-Preis. Sie werden seit 1965 jährlich durch aktive Mitglieder der Science Fiction and Fantasy Writers of America, Inc. in sechs Kategorien verliehen: Best Novel, Best Novella, Best Novelette und Best Short Story sowie der Ray Bradbury Award für eine ausgezeichnete dramatische Darstellung und der Andre Norton Award Young Adult Science-Fiction and Fantasy. Zu den bisherigen Preisträgern gehörten unter anderem N. K. Jemisin, Eric James Stone und Greg Bear.

World Fantasy Award

Der World Fantasy Award wird seit 1975 jährlich auf der Fantasy World Convention verliehen und gilt als einer der bekanntesten internationalen Preise für Fantasy-Literatur. Der Preis wird inzwischen in neun Kategorien verliehen:

  • Lifetime Achievement
  • Novels
  • Long Fiction
  • Short Fiction
  • Anthology
  • Collection
  • Artist
  • Special Award – Professional
  • Special Award – Nonprofessional

 

Zu den Preisträgern gehörten bisher unter anderem Claire North, Haruki Murakami und Kay Guy Gavriel.

Locus Award

Anders als die bisher vorgestellten Awards, ehrt der Locus Award nicht nur Science-Fiction oder Fantasy, sondern auch Horror-Romane. Der Locus Award wird seit 1971 vom amerikanischen Fachmagazin Locus vergeben und gilt neben dem Hugo und Nebula Award als einer der bedeutendsten internationalen Phantastikpreise. Dabei steht lediglich Literatur zur Wahl, die im Vorjahr erstmalig auf Englisch in Amerika erschienen ist. Zurzeit wird er in den folgenden Kategorien verliehen:

  • Science Fiction Novel
  • Fantasy Novel
  • Horror Novel
  • Young Adult Book
  • First Novel
  • Novella
  • Novelette
  • Short Story
  • Anthology
  • Collection
  • Magazine
  • Publisher
  • Editor
  • Artist
  • Non-Fiction
  • Art Book
  • Special Award

 

Zu den Preisträgern des Locus Awards 2018 gehörten unter anderem John Scalzi, N. K. Jemisin und Ursula K. Le Guin.

Arthur C. Clarke Award

Der Arthur C. Clarke Award wurde 1987 ins Leben gerufen, mit dem Ziel die Science-Fiction in England beliebter und bekannter zu machen. Es handelt sich dabei also wieder um einen jährlich vergebenen, reinen Science-Fiction-Award, der mit einem Preisgeld in Höhe der jeweiligen Jahreszahl dotiert ist. Anders als bei den anderen Awards gibt es beim Arthur C. Clarke Award jedoch nur eine Kategorie und somit nur einen Gewinner, wie beispielsweise Anne Charnok, Chris Beckett oder Pat Cadigan.

Science-Fiction, wo man hinsieht

Es zeichnet sich ein eindeutiges Bild ab: Wenn es um Awards geht, hat die Science-Fiction ihre Nase ganz weit vorn. Doch während die Science-Fiction-lastigen-Preise in Deutschland hauptsächlich an Männer vergeben werden, ist das Geschlechterverhältnis der englischsprachigen Preise recht ausgeglichen. Auch sind die internationalen Preise weitaus bekannter und zum Teil älter, als ihre deutschsprachigen Pendants. Ebenfalls auffällig ist, dass nur die wenigstens Preise mit einem Preisgeld dotiert sind.

In der Regel erhalten die Gewinner eine kleine Trophäe und eventuell ein kleines bisschen Ruhm. Doch eines haben sie alle gemeinsam – sie wollen die Phantastik aus ihrem Nischendasein befreien und als „echtes“ Literatur-Genre etablieren. Und das ist doch das Wichtigste.

Artikelbild: Organisatoren der genannten Preise

 

6 Kommentare

  1. Kleine Anmerkung, der Ordnung halber.
    Der Buchmesse Convention (http://buchmessecon.info/) verteilt seit 2014 zwei Preise, den „BuCon Ehrenpreis“ und den „BuCon Ehrenpreis für das Lebenswerk“.

    Natürlich ist das nur ein kleiner Beitrag zur Phantastikszene, verglichen mit den anderen Preisen, aber ich möchte es zumindest erwähnen, da die Überschrift ja „… phantastische Literaturszene, große und kleine Preise“ heißt :)

  2. Kleine Anmerkung, der Ordnung halber.
    Der Buchmesse Convention (http://buchmessecon.info/) verteilt seit 2014 zwei Preise, den „BuCon Ehrenpreis“ und den „BuCon Ehrenpreis für das Lebenswerk“.

    Natürlich ist das nur ein kleiner Beitrag zur Phantastikszene, verglichen mit den anderen Preisen, aber ich möchte es zumindest erwähnen, da die Überschrift ja „… phantastische Literaturszene, große und kleine Preise“ heißt :)

  3. „Die Summe stieg 1990 auf 7.000 DM an, bevor sie 2002 auf, immer noch hohe, 4.000 EUR fiel.“

    4000€ entspricht DM 7823,32. Von einer Senkung kann hier nicht die Rede sein. ;)

  4. Leider wirft die Liste nur einen Blick auf die sogenannten „Grossen“, wobei das auch noch diskutabel ist, da man sich mir Zahlen sehr schwer tut, aber das ist eine andere Diskussion, die zum Teil schon zu oft geführt wurde, aber davon wieder weg, es fehlen in der List doch die ein oder anderen Preise, welche u.a. in den letzten zwei bis drei Jahren aufgekommen sind und teils eine etwas andere Herangehensweise haben. Leider…
    Für den Anfang aber nicht ganz schlecht.

  5. Man könnte auch mal die ESFS-Awards erwähnen, das ist ein europaweiter, seit 1972 existierender Literaturpreis für Science-Fiction und teils auch Phantastik allgemein.

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