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Kampfszenen – eigentlich sollten sie Spannung pur sein, schließlich geht es oft um Leben oder Charaktertod. Doch nicht selten wird das heiße Gefecht am Spieltisch zur trockenen „Würfelorgie“. Wie also sicherstellen, dass der Kampf für die Spieler so spannend wird wie für die Charaktere?

Kein Rollenspielsystem kann Kampfszenen allein durch Regeln spannend machen. Die Verantwortung dafür liegt beim Spielleiter und zum Teil auch der Gruppe. Ein paar Tipps.

Lieber ein Ende mit Schrecken …

Eigentlich sollte er der dramatische Höhepunkt eines jeden Abenteuers sein: Der Kampf gegen das Bossmonster, den Oberbösewicht oder eine ganze Gruppe von Gegnern, die der Gruppe den Weg zur Lösung des Plots versperrt. Aber kaum ist die Initiative gewürfelt, kommt es meist ganz anders: Quälend langsam würfeln Spieler- und Nichtspielercharaktere nacheinander ihre Aktionen aus und führen Buch über verlorene Trefferpunkte, bis eine Seite (häufig, aber nicht immer die der NSC) niedergerungen ist. Es ist spät, alle Anwesenden sind müde und das ständige Herumwerfen von Zahlen macht nur wenigen wirklich Freunde.

Kein Wunder, dass manche begeisterten Rollenspieler den Endkampf nicht als Höhe- sondern als Tiefpunkt des Abenteuers empfinden und ihn am liebsten so schnell wie möglich hinter sich bringen wollen: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende! Doch Kampfszenen müssen nicht langweilig sein. Sofern Spielleiter ein paar tückische Fallstricke vermeiden und ein paar goldenen Regeln folgen, können Kämpfe sogar genauso spannend sein, wie sie es verdient haben.

Würfeln, Beschreibung und Teamwork

Ein wichtiger Teil von Rollenspielkämpfen ist die Ungewissheit, ob der Hieb, der Schuss oder der Zauberspruch tatsächlich den Gegner trifft, und nicht zuletzt, was er dort ausrichtet. Würfeln hält ein Element des Zufalls im Spiel und sollte dieses so theoretisch in unvorhergesehene Richtungen lenken und alle Anwesenden in Atem halten. Aber wie oft habt ihr schon Szenen erlebt, die so ähnlich aussahen wie die folgende: Die Augen der Spielerin leuchten auf, als die Würfel vor ihr ausrollen und ein hohes Ergebnis zeigen.

Der Spielleiter blickt kurz auf die Stats des Monsters und sagt mit versteinerter Miene: „Jupp. Trifft. Würfel den Schaden aus.“ – der Tod jeder Dramatik. Besser wäre es hier, die Ungewissheit ein bisschen länger zu schüren, und etwa zu beschreiben, wie der Gegner von der Wucht des Angriffs zurücktaumelt … aber fällt er auch um?

Dieser Herr möchte bestimmt nicht nur treffen und 8 Punkte Schaden machen © depositphotos, outsiderzone.jpg
Dieser Herr möchte bestimmt nicht nur treffen und „8 Punkte Schaden machen“ © depositphotos, outsiderzone.jpg

Natürlich sind auch Spielleiter nur Menschen, und am Ende eines langen Spielabends, wenn es schließlich zum Kampf kommt, oft übermüdet. Es lohnt sich trotzdem fast immer, ein narratives Element aufrechtzuerhalten. So bekommt die Spielgruppe nicht das Gefühl, beim Kämpfen ginge es nur darum, Trefferpunkte abzuzählen. Wenn alle einfach nur Initiative würfeln und dann einer nach dem anderen „ihr Ding“ machen (der Waldläufer schießt, der Zauberer zaubert, der Krieger schwingt das Schwert …) bis die Trefferpunkte unter Null sind, kommt keine Spannung auf.

Deshalb nicht mit Beschreibungen sparen – und auch die Spieler bitten, ins Detail zu gehen, wenn sie die Aktionen ihrer Charaktere ansagen. Aber Vorsicht: Auch zu ausufernde Beschreibungen können das Spiel verlangsamen. Knappe, auf den Punkt gebrachte Ansagen, die in die Szenerie passen, sind zu bevorzugen. Letztlich kommt es auf die Gruppe an, wie die Balance zwischen Würfeln und Rollenspiel ausfallen sollte. Ein guter Kampf kombiniert jedoch beide Elemente zu gewissen Teilen. Clevere Ideen, einen taktischen Vorteil zu erringen, sollten gegebenenfalls mit Boni belohnt werden.

Teamwork ist ein weiteres Zauberwort, wenn es darum geht, Kämpfe spannend zu halten. Wissen zwei Mitglieder der Gruppe, dass die Fähigkeiten ihrer Charaktere sich gut ergänzen, sollten sie auf jeden Fall zusammenarbeiten. Charaktere, die sich lange kennen oder einander eng verbunden sind, dürfen auch gerne einmal waghalsige Aktionen unternehmen, um einander zu retten. Dabei sollte die Spielleitung allerdings sicherstellen, dass nicht ein oder zwei Spieler das ganze Rampenlicht für sich in Anspruch nehmen, während andere nicht zu Wort kommen. Gruppen, die ein gutes Gleichgewicht in der Redezeit gefunden haben, könnten sogar darüber nachdenken, die Initiativerunden ganz aufzulösen und stattdessen gemeinsam taktisch an den Kampf heranzugehen.

Szenerie und Spielmechanik

Die Möglichkeiten der Spielleitung, Kampfszenen interessant zu gestalten, gehen jedoch über reines Rollenspiel hinaus. Auch die Mechanik von Kämpfen kann beeinflusst werden. Dabei gilt wie so oft: Location ist alles. Soll heißen, ein spannender Kampf findet nicht in einem leeren Raum statt, sondern in einer im Detail ausgearbeiteten Szenerie mit (wahlweise) Möbeln, Vegetation, Felsen, abschüssigem Untergrund oder was immer euch einfällt. Boni oder Mali können auch dafür vergeben werden, welche Seite gerade vom oberen Ende einer Treppe oder Anhöhe angreift.

Hier lohnt es sich wieder, taktisch vorzugehen. Wichtig ist dabei, dass die Elemente der Szenerie nicht nur Dekoration sind, sondern einen wirklichen Zweck haben können – und dass sie sowohl für als auch gegen die Spieler wirken. Ein Felsen kann sowohl Deckung bieten als auch Hindernis sein.

Die Spielmechanik auf diese Art zu beeinflussen, erfordert natürlich einen gewissen Aufwand in der Vorbereitung. Aber es lohnt sich, besonders, wenn die Spielercharaktere anders handeln, als der Spielleiter es erwartet. Denn die Charaktere bekämpfen nicht nur ihre Gegner – sie kämpfen auch gegen das vorbereitete Terrain, sodass es bei guter Planung kaum zu ratlosen Blicken und nervigen Spielpausen kommt, weil irgendwelche Geländeregeln nachgeschlagen werden müssen.

Spieler wie SL haben ein Anrecht auf cineastische Kampf- und Actionszenen © grandfailure
Spieler wie SL haben ein Anrecht auf cineastische Kampf- und Actionszenen © grandfailure

Abwechslung kann man auch dadurch erreichen, mit veränderbaren Zielen zu spielen. „Hau das Monster tot!“, wird irgendwann langweilig. „Nimm dem Monster das sehr zerbrechliche heilige Artefakt ab, ohne dass es kaputtgeht oder jemand stirbt!“, ist schon etwas spannender. Je nach Spielwelt, System, Gruppe und anderen Faktoren sind die Alternativen vielfältig – hier ist Kreativität gefragt.

Auch die Gegner selbst sollten möglichst gut ausgearbeitet sein. Steht die Gruppe mehreren Antagonisten gegenüber, sollte der Spielleiter wissen, wie deren Beziehung zueinander ist. Der gefühllose Oberbösewicht, der seine Minions ohne weiter nachzudenken in den Tod schickt, ist zwar ein Klassiker – kann aber auch ein wenig langweilig werden. Eine Gruppe von Gegnern, die genauso taktisch zusammenarbeitet wie die Spielergruppe es (hoffentlich) tut, ist hingegen ungewöhnlich. Und vielleicht können die Spielercharaktere dies ja sogar für sich nutzen?

Dynamisches Spiel

Um Kämpfe spannend zu machen ist es unverzichtbar, die Runden dynamisch zu halten. Das bedeutet, dass Aktionen Konsequenzen haben müssen, die über das Abziehen von Trefferpunkten hinausgehen. Auch Trefferzonenwürfel können hilfreich sein, die Geschichte voranzutreiben. Was macht der Krieger, dessen Schwertarm verletzt ist? Es lohnt sich, die Spieler anzuhalten, auf veränderte Situationen kreativ zu reagieren. Was für Spielercharaktere gilt, gilt natürlich ebenso für Nichtspielercharaktere.

Spielleiter tun gut daran, zumindest eine grobe Idee zu haben, wie ihre NSC auf Unvorhergesehenes reagieren würden oder wie sie selbst die Situation für sich nutzen können. Auch die Umgebung selbst kann sich verändern. Der eben noch feste Grund kann auf einmal zum Erdrutsch werden, die Tür am anderen Ende des Dungeons beginnt sich langsam zu schließen – auf Unwägbarkeiten zu reagieren, hält das Gehirn fit.

Und sollte sich die Situation gegen die Spieler wenden, kann das ebenfalls ein rollenspielerisch lohnenswertes Erlebnis sein. Ein seltenes, aber bisweilen unvermeidliches Element von Kämpfen im Tischrollenspiel ist das gewaltsame Ende eines – oder gar mehrerer – Charaktere aus der Gruppe. Die Möglichkeit, dass dies jedem der im Kampf beteiligten Charaktere jederzeit passieren kann, sollte im Raum stehen, denn den Spielern muss klar sein, dass es tatsächlich um etwas geht. Auch dies sollte allerdings in Maßen gehalten werden: Wenn bei jedem Kampf mit dem potenziellen Total Party Wipe gedroht wird, nehmen die Spieler dies bald entweder nicht mehr ernst oder versuchen der Konfrontation gleich ganz aus dem Weg zu gehen. Letzteres ist zwar in manchen Situationen aus rollenspielerischer Sicht eine völlig akzeptable Lösung – kann aber schade für den Spielleiter sein, der den Kampf in mühevoller Kleinarbeit vorbereitet hat,

Kommt es zum Äußersten, sollte auf keinen Fall an Dramatik gespart werden. Egal ob lang oder kurz gespielt, egal ob die Erschaffung zehn Minuten oder zwei Tage gedauert hat: Wir alle hängen an unseren Charakteren, und jeder einzelne verdient eine anständige Sterbeszene, damit wir seinen Bogen zu den Akten legen und den nächsten erschaffen können. Dabei allerdings nicht vergessen, dass der Kampf ja immer noch weitergeht. Wie reagieren etwa die Mitspieler, deren Charaktere soeben das Ableben ihres Kameraden mitansehen mussten?

Selbst in Systemen, in denen die Fähigkeit zur Berserkerwut nicht vorgesehen ist, könnte dieser Schock ungeahnte Kräfte wecken. Auch hier gilt: Dramatische Beschreibungen helfen dabei, die Kampfszene spannend zu halten, und heroische Aktionen im Angesicht des Todes dürfen gerne von der Spielleitung belohnt werden.

Narrativ oder Würfeln? Ja!

Je nachdem, mit welchen Regeln man spielt, funktionieren Kämpfe unterschiedlich. Manche Rollenspielsysteme legen mehr Wert auf narratives Spiel, andere auf Würfelwürfe. In einer guten Kampfszene sollte aber beides vorhanden sein: dramatische Beschreibungen und taktisches Spiel ebenso wie ein Element des Zufalls, das die Spannung hoch hält.

Die Dynamik des Spiels sollte immer gewahrt werden – nach der Faustregel: Jede Aktion hat Konsequenzen und verändert die Situation. Für Kampfszenen, an denen die ganze Gruppe Freude hat, braucht die Spielleitung weiterhin zweierlei: Vorbereitung und Kreativität. Die Szenerie, mögliche Hilfestellungen und Hindernisse sowie auch die Nichtspielercharaktere sollten möglichst gut ausgearbeitet sein. Allerdings sollten sowohl das Terrain als auch die Gegner stets variieren und immer wieder neue Situationen erzeugen.

Natürlich spielen auch Gruppendynamik, unterschiedliche Persönlichkeiten und Gevatter Zufall eine Rolle, ob die Spieler Spaß am Endkampf haben. Gut vorbereitete Schauplätze und NSC, dynamisches Spiel, in dem jede Aktion Konsequenzen hat, und nicht zuletzt echtes Rollenspiel von allen Anwesenden machen dies aber wesentlich wahrscheinlicher. Ein Spielleiter, der sich an diesen Richtlinien orientiert und dabei ein bisschen Empathie für seine Spieler walten lässt, kann fast jede Kampfszene so vorbereiten, dass staubtrockene Würfelorgien der Vergangenheit angehören.

Artikelbilder: depositphotos, © Nomadsoul1, -Aqua-

8 Kommentare

  1. Ich kenne Kämpfe bisher nur aus D&D und DSA, wobei D&D so lange zurück liegt, dass ich mich kaum erinnern kann. Bei unseren DSA-Runden halte ich mich als Meistern daran, ob und wie der Kampf mit der Story verbunden werden kann. Die Helden sollen nicht einfach irgendwie rumkämpfen, sondern dabei soll auch was passieren. Der Kampf muss in sich eine Handlung haben, die durch Würfelwürfe, Sonderfertigkeiten und auch Beschreibungen der Spieler, für die ich dann gerne mal Boni oder Mali auf Trefferwürfe vergebe, ausgestaltet wird.

  2. „trefferzonenwürfel“ yep DSA ist was kämpfe anbelangt verdammt langatmig und das ganze durch mehr würfel aufzuboren ist meiner Meinung nach einfach der falsche Weg. Kampfszenen werde auch problematisch wenn viele Spieler am Tisch sind und erst kurz bevor sie dran sind erst überlegen was sie den tun wollen.

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