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Spätestens seit dem großartigen Film Spider-Man: A New Universe sollte jedem klar sein, dass es ein ganzes Multiversum an Spider-Man-Figuren gibt. Das Event Spider-Verse führte 2015 die Inheritors als Gegner ein, die dieses Multiversum bedrohen. Sie konnten besiegt werden, doch mit Spider-Geddon sind sie trotzdem zurück.

Das Spider-Verse-Event brachte vor ein paar Jahren viele Figuren ins Multiversum, die Teil der Popkultur geworden sind. Allen voran Spider-Gwen beziehungweise Ghost Spider. Aber auch Spider-Ham oder Spider-Man Noir wurden dort eingeführt. Was einmal erfolgreich war, wird früher oder später sicher wiederholt. Also wird nun mit dem Spider-Geddon die Erfolgsformel kopiert. Dabei rücken auch Figuren in den Fokus, die vorher nicht in der ersten Reihe standen.

So wird nun der Hintergrund des Spider-Punks beleuchtet, Peni Parker kommt mit ihrem Roboter SP//dr zurück und Miles Morales wird der Hauptprotagonist der Geschichte. Aber es werden auch wieder ein paar neue Figuren wie ein Ben Parker eingeführt, der nach einer Bluttransfusion die Spinnenkräfte seines Neffen bekommen hat. Ob das ganze Konzept funktioniert und Spaß macht, werden wir euch in dieser Rezension verraten.

Spider-Geddon #1 (von 3): Neues aus dem Spider-Verse

Dieser erste Band beinhaltet mehrere Einzelgeschichten aus dem Multiversum und ist als Einleitung zum Event zu sehen. In der ersten Geschichte sehen wir Erde-138, die nur aus einem Konflikt zwischen Anarchisten und Kapitalisten zu bestehen scheint. Neben dem Spider-Punk lernen wir hier auch einen punkigen Hulk, Captain Anarchy sowie Kang den Konglomerator kennen. Eine Geschichte, die in ihrer Absurdität irgendwie Spaß macht, aber auf den wenigen Seiten nicht viel mehr als eine Fingerübung sein kann.

Die zweite Geschichte versucht, da schon etwas mehr zu erzählen. Wir geraten auf Erde-14512, der Welt von Peni Parker und ihrem Mech SP//dr. In der Geschichte taucht eine Konkurrentin auf, deren Mech passenderweise Ven*M heißt. Es gibt hier ordentlich Action und sogar ein klein wenig Charakterentwicklung. Ganz unterhaltsam. Die dritte Geschichte führt zwei vollkommen neue Figuren ein: Peter und Ben Parker. Also eine Version von beiden, in der beide Spinnenkräfte haben. Peter ist ein kleiner Junge und Ben der große Onkel, der ihm Verantwortung beibringt. Wobei die Geschichte zeigt, dass auch Spider-Ben nicht unfehlbar ist. Diese Geschichte menschelt sehr und ist damit wohl vielen Spider-Man-Fans vertraut.

Die vierte Geschichte handelt von einer Welt, in der Norman Osborn Spinnenkräfte erlangt hat und sein Sohn Harry ihn als Kobold bekämpft. Hier ist der Witz natürlich, dass in dieser Konstellation das Gut-Böse-Verhältnis umgedreht wurde und man sich fragt, warum die Spider-Army einen Norman Osborn in ihrem Team haben will. Als Abschluss gibt es den ersten Teil einer Doctor-Octopus-Geschichte. Dieser ist seit den Ereignissen der letzten Jahre in einem neuen Körper unterwegs und nennt sich nun der überlegene Octopus. Diese Geschichte spielt auf Erde-616, also im Hauptuniversum, und Ock muss sich Hydra stellen, für die er während des Secret Empires gearbeitet hat.

Braucht man diesen Band?

Letztendlich hat dieser Band noch nicht viel mit dem Spider-Geddon zu tun. Es gibt verschiedene Geschichten unterschiedlicher Charaktere, die am Ende der Geschichten eingesammelt werden, um eine neue Spider Army zu bilden. Trotz der an und für sich kurzen Geschichten ist dieser Band überraschend unterhaltsam. Keine der Geschichten bleibt wirklich länger im Gedächtnis, aber die Figuren sind durchwegs gut herausgearbeitet. Dazu sind die Zeichnungen immer passend zur Geschichte und spiegeln gleichzeitig den typischen Charme eines Spider-Man-Comics wider.

Das heißt: ein wenig bunt und überladen, aber immer übersichtlich genug, um zu verstehen, was gerade passiert. Theoretisch kann man diesen Band genießen, ohne sich weiter mit dem Spider-Geddon auseinanderzusetzen. Leider schafft es der Band aber nicht, wirklich originell zu sein. Das Prinzip lautet: Man nimmt Figuren, die man aus den Spider-Man-Geschichten kennt und interpretiert sie ein wenig um. Oder man nimmt die Kernkonzepte von Spider-Man und verfrachtet sie in ein Universum, das anders funktioniert als das übliche.

Wer Interesse an diesen Konzepten hat, bekommt, was er wünscht. Wenn man mehr über das Spider-Geddon erfahren will, braucht man den Band aber nicht. Will man sich aber einfach nur berieseln, ist der Comicband sicher kein Fehlkauf.

Die harten Fakten

  • Autoren: Christos Gage, Gerard Way, Jason Latour
  • Zeichner: Mike Hawthorne, Gerardo Sandoval, Aaron Kuder
  • Seitenanzahl: 132
  • Preis: 15,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

Spider-Geddon #2 (von 3): Gefahr für das Multiverse

Dieser Band beginnt und endet wie der erste: Mit ein paar Ausflügen in andere Universen, die etwas mit Spinnenhelden zu tun haben. Wir beginnen im Universum aus dem Spider-Man-Playstation-Spiel. Der hier eingeführte Spider-Man fungiert als Identifikationsfigur, die langsam erfährt, dass es ein Multiversum gibt und dass Morlon und seine Sippe zurückkehren könnten. Doch gleich darauf schalten wir zu den zwei Protagonisten: Miles Morales und der überlegene Octopus. Letzterer hat die Klontechnologie der Inheritors benutzt, um seinen neuen Körper zu schaffen. Dabei hat er sich selbst überschätzt und so eine Möglichkeit für die Antagonisten geschaffen, zurückzukehren.

Im Laufe der Geschichte spaltet sich die Spider Army in den Teil, der bereit ist, diesmal zum Äußersten zu gehen und die Inheritors zu töten und diejenigen, die eine humanere Lösung suchen. Dadurch kann eine etwas andere Handlung erzählt werden als noch in Spider-Verse. Die Konflikte zwischen den verschiedenen Spinnen sind der Motor der Geschichte. Leider verwischt das im Laufe der Handlung immer mehr und am Ende können die Feinde durch sehr viel Macht besiegt werden, ohne jetzt zu viel zu verraten. Wer jetzt gerade auf welcher Seite kämpft und was er für Ziele hat, geht in diesem Comic vollkommen unter. Die Figuren bleiben dadurch alle sehr flach. Auch die Handlung ist eher einfach gestrickt. Nur durch häufige Szenenwechsel kann die Spannung aufrecht erhalten werden. Dies ist dem roten Faden der Geschichte aber abträglich.

Ist das Spider-Geddon genauso großartig wie das Spider-Verse?

Wer das Spider-Verse mochte, kommt hier wieder schnell zurecht. Eine sehr große Riege an Zeichnern hat es geschafft, einen halbwegs einheitlichen Stil zu finden, so dass Zeichnerwechsel nicht auffallen. Ein wenig mehr Varianz wäre hier aber interessant gewesen – zumindest um verschiedene Universen darzustellen. So handelt es sich um gewohnte Kost, die niemanden hinter dem Ofen hervorlockt, aber auch niemanden abschrecken wird. Die Vielzahl an Charakteren ist enorm. Da aber die meisten Figuren schnell in einem Klischee zu erfassen sind, funktionieren sie ohne große Erklärung. Dadurch fehlt es ihnen aber auch an Kontur und es wird schwer, sich mit jemand anderem als Miles Morales zu identifizieren.

Ihn als Hauptfigur zu wählen, finde ich geschickt. Nicht nur, weil er auch die Hauptfigur im Animationsfilm war, sondern auch, weil er noch nicht so auserzählt ist wie Peter Parker. Für eine wirklich spannende Geschichte aus seiner Perspektive hätte man aber noch sehr viel mehr machen müssen. So passieren hier immer wieder Ereignisse, die letztendlich egal sind. Von einer Charakterentwicklung kann man auch nicht sprechen. Es ist positiv anzumerken, dass die komplette Haupthandlung des Events in diesem Band vorhanden ist. Wer sich nur dafür interessiert, braucht sich nur diesen Band kaufen und kann den Vorgänger sowie den Nachfolger komplett ignorieren.

So ganz an den Charme von Spider-Verse kommt der Comic aber nicht heran. Es fehlt ein roter Faden und ein wirklicher Aufhänger. Einige Erfolgskonzepte wurden gut kopiert, die Fehler des Spider-Verse wurden aber ebenso wiederholt und kommen durch eine Verdichtung der Handlung sogar noch stärker zum Tragen. Ich fühlte mich gut unterhalten, aber denke nicht, dass jeder diesen Band gelesen haben muss.

Die harten Fakten

  • Autoren: Christos Gage, Dan Slott
  • Zeichner: Carlo Barberi, Jorge Molina, Mark Bagley
  • Seitenanzahl: 220
  • Preis: 22 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

Fazit

Das Spider-Geddon hat versucht, alles richtig zu machen, was den Lesern am Spider-Verse gefallen hat. Das gelingt auch teilweise. Man hat wieder einen skurrilen Spaß an ungewöhnlichen Interpretationen von Spider-Man und seinen Vertrauten. Außerdem war es eine gute Entscheidung, Peter Parker nicht zur Hauptfigur der Geschichte zu machen. Doch die Handlung hängt nur lose in einem Spinnennetz, ohne zu wissen, wo sie eigentlich hin will. Der Konflikt zwischen den beiden Fraktionen hätte ein guter Plot werden können, aber hier fehlt es dann doch an der Katharsis.

Es endet einfach mit einem Deus Ex Machina. Anfang 2020 erscheint noch ein dritter Band, indem unter anderem gezeigt wird, was Jessica Drew während des Events gemacht hat. Wer Spaß an alternativen Universen und Spider-Man-Varianten hat, darf gerne bei den Bänden zugreifen, alle anderen können diese Sonderbände getrost ignorieren.

Artikelbild: © Panini Comics
Diese Produkte wurden teilweise kostenlos zur Verfügung gestellt.

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