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Der Monat ist wieder vollgepackt mit interessanten Comic-Neuerscheinungen. Zeit für einen weiteren Marvel Monthly! Die X-Men erscheinen wieder als Heftreihe, Hulk muss sehen, dass an einem alten Freund experimentiert wurde, Captain America kommt der Power Elite auf die Spur und Venom rettet die Welt im Abschlussband zu Absolut Carnage.

Vor knapp sieben Jahren erschien mit X-Men #150 der letzte X-Men-Comic im Heftformat bei Panini. Seitdem wurden die Mutanten wie die meisten anderen Reihen nur noch im Paperback-Format herausgebracht. Mit dem Abschluss von House of X & Powers of X hat Jonathan Hickman den Weg bereitet für einen Langzeit-Run. Die beste Gelegenheit, dass Panini das Heft noch einmal testet. Hefte sind günstiger und es gibt keine Probleme mit dem Druck von Doppelseiten. Doch sie bringen immer nur einzelne Kapitel und selten ganze Geschichten mit. Wir haben reingeschaut und sagen euch, ob sich ein Heft-Abo lohnt. Dazu gibt es schöne Paperbacks, wie die Fortsetzungen zu Hulk und Captain America und den Abschlussband zu Absolute Carnage. Also viel dabei, das uns die Zeit versüßt. Auffällig ist, dass bei den meisten dieser Comics eine Geheimorganisation im Hintergrund die Fäden zieht. Ein Spiegel der allgemeinen Ängste unserer Gesellschaft? Wir sagen euch, welchen Band ihr bei schönstem Wetter in einer ruhigen Ecke genießen könnt.

X-Men #1 – Die Zukunft der Mutanten

Orchis ist ein Zusammenschluss vieler Wissenschaftler, die sich von den Mutanten bedroht fühlen. Sie bauen Sentinels und experimentieren an lebenden Objekten herum. Ein Einsatzteam um Cyclops dringt in die letzte bekannte Festung von Orichs ein und versucht diese auszuschalten. Dabei treffen sie auf ein seltsames Wesen.

Im Anschluss feiert die Summers-Familie ein Familienfest in ihrer neuen Heimat auf dem Mond. Rachel und Cable (in jung) sind beide Zeitreisende, haben sich aber in der Rolle als Kinder ihrer gegenwärtigen genetischen Eltern (Jean und Scott) eingefunden. Mit direktem Zugang zu Jeans Apartment, wohnt auch Wolverine bei Familie Summers. Und die Starjammers kommen zu Besuch.

Sehr viel mehr als ein Teaser auf zukünftige Ereignisse wird hier nicht geboten. Neue Antagonisten werden aufgebaut, denn bisher war Orchis noch ohne Gesicht. Das Familienfest soll vermutlich dazu dienen, die Figuren besser kennenzulernen. Doch leider sind es zu viele und ein junger Cable, der Jean um Erlaubnis fragt, eine Waffe zu tragen, wirkt seltsam unpassend.

Es ist schön zu sehen, dass die X-Men noch immer das Ziel haben, Mutanten-Kinder zu retten und ihnen eine Zukunft zu ermöglichen und nicht zu einer X-Force verkommen ist, die versucht Gegner zu verfolgen und auszuschalten. Außerdem sind viele Handlungsfäden gelegt worden, die später wieder aufgegriffen werden können.

Lohnt sich das Heftformat wirklich?

Einer der Vorteile von Comic-Heften, nämlich die bessere Darstellung von Doppelseiten, kommt hier gar nicht zum Tragen. Der Zeichner hält sich meistens klar an ein rechteckiges Panel-Layout. Seine Charaktere wirken recht realistisch und lebendig, die Hintergründe sind eher einfach. Insgesamt passt der Stil gut zu dem, der bereits in den vier Bänden von House of X & Powers of X etabliert wurde.

Das Lesen dieser vier Bände würde ich hier aber klar empfehlen. Wer mit diesem Heft in die Welt der Mutanten einsteigt, wird nur wenig Durchblick haben. Zwar werden Antagonisten eingeführt und auch Cyclops bekommt gute Charaktermomente. Doch gerade die Pflanzen von Krakoa oder die Posthumanen lassen Neuleser verwirrt zurück. Die Einsteigerfreundlichkeit ist also nur bedingt gegeben.

Man merkt der Handlung an, dass hier das erste Kapitel einer auf mehrere Jahre ausgelegten Serie erzählt wird. Der Erzählstil ist relativ langsam und im Grunde passiert noch gar nicht so viel. Das ist recht angenehm zu lesen, führt aber auch dazu, dass man etwas unbefriedigt zurückgelassen wird. Am liebsten würde ich direkt weiterlesen und erfahren, was als nächstes passiert. Doch das ist in diesem Format nicht gegeben.

Mir persönlich gibt ein einzelnes Heft zu wenig her, um mich ausreichend mit Lesestoff zu versorgen. Wie schon bei den Avengers oder Spider-Man werde ich hier darauf warten, dass die Ausgaben in Paperback-Format nachgeliefert werden. Der Inhalt ist gut, aber noch etwas substanzlos, um konkreteres zu sagen. Ich hoffe also, dass eine Paperback-Ausgabe folgen wird und Panini sich nicht zu lange Zeit damit lassen wird.

Die harten Fakten

  • Autor: Jonathan Hickman
  • Zeichner: Leinil Francis Yu
  • Seitenanzahl: 52
  • Preis: 4,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics

 

Bruce Banner: Hulk #4 – Grabschänder

Rick Jones, der ehemalige Sidekick von Hulk, Captain America und Captain Marvel, starb während des Secret Empires. In der letzten Ausgabe gingen Hulk und Bruce Banners Psychiater Leonard Samson zu Ricks Grab und fanden es leer auf. Männer in schwarzen Anzügen haben die Leiche entführt. Die Forschungseinrichtung, die Hulk im zweiten Band entführt hat, wird schnell als Übeltäter ausgemacht. Sie dringen in die Shadow Base ein und müssen sich daraufhin einigen Monstern stellen. Doch was, wenn Rick Jones in einem dieser Monster steckt?

Die Horror-Comic hat sich schnell zu einer der besten Reihen aus Marvels aktuellen Portfolio herausgestellt. Dieser Band zeigt nun, wie gut sich Al Ewing auch mit Hulks Vergangenheit auskennt. Wir erleben hier unter anderem die Rückkehr von Joe Fixit, einer Persönlichkeit, die Hulk in seiner grauen Form nutze, als er sich in Las Vegas zum Verbrecherboss hocharbeitete. Mit einer neuen Harpyie und einem neuen Abomination werden auch klassische Monster neu interpretiert. Dazu gibt es noch die Höllen-Ebene, deren Bedeutung immer noch nicht geklärt ist. Als Mix ergibt sich so weiterhin eine wirklich spannende Handlung mit vielen Mystery-Anteilen, aber auch unterhaltsamen wie auch trashigen Monster-Kämpfen.

Beständige Qualität

Der Reihe tut es unglaublich gut, dass sie mit Joe Bennett einen Zeichner hat, der sein Handwerk versteht und konstant gute Bilder abliefert, die ihren ganz eigenen Stil haben. Der Einsatz von Farbe ist immer wohl gewählt. So werden die Szenen, die weiterhin hauptsächlich nachts spielen von knalligem Grün oder Rot durchbrochen. Die Cover von Alex Ross runden das Ganze atmosphärisch ab.

Das Grundprinzip ist einfach: ein böser Hulk zieht umher auf der Suche nach Antworten und trifft auf immer wieder neue Monster, die alle durch Gamma-Strahlung verbunden sind. Das hat ein wenig von Akte X, aber auch Horrorfilmen und vor allem viel Hulk-Action.

Diese Kombination mag nicht jedem gefallen, aber man erlebt nur selten eine Reihe, die auch mit dem vierten Paperback nicht an Qualität verliert und beständig die Erwartungen erfüllt oder übertrifft. Ein Einstieg mittendrin ist nicht zu empfehlen. War ich am Anfang wenig begeistert von den trashigen Monster-Kämpfen, muss ich doch zugeben, dass sie stets spannend inszeniert sind und sich nie zu sehr in den Vordergrund drängen.

Wer bereits seit dem ersten Band die Reihe verfolgt, ist sicher längst angefixt und lechzt nach neuem Hulk-Futter. Auch der vierte Band enttäuscht nicht und man darf gespannt sein, was noch kommen mag.

  • Die harten Fakten
  • Autor: Al Ewing
  • Zeichner: Joe Bennett
  • Seitenanzahl: 124
  • Preis: 15 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Captain America #3 – Gesucht: Steve Rogers

Steve Rogers wurde von den Daughters of Liberty aus dem Gefängnis befreit. Zusammen versuchen sie, mehr über die Power Elite herauszufinden: Eine geheime Organisation, die sich nach dem Zusammenbruch von Hydra formierte. Und überall tauchen Watchdogs auf, die sich ihnen in den Weg stellen. Vorrangig geht es um Polizistenmorde, die mit dem Ganzen in Verbindung stehen. Doch was hat Scourge damit zu tun?

Aufgebaut ist der Comic wie ein Agententhriller. Immer wieder tauchen Feinde auf und die Protagonisten haben genau wie der Leser keine Ahnung, ob das alles einen tieferen Sinn ergibt. Leider verstrickt sich die Handlung etwas und es mischen so viele Fraktionen mit, dass man gar nicht mehr auf alles achten kann. Hier ist mir die Handlung zu sprunghaft und der rote Faden nicht erkennbar.

Misty Knight und Sharon Carter funktionieren gut im Gespann mit Steve Rogers. Ich hätte mir mehr Informationen zu den Daughters of Liberty gewünscht. Die Bruchstücke, die am Ende beim Leser ankommen, sind mir dann doch etwas zu wenig. Aber hier kann ja noch einiges folgen.

Abgewertet durch schlechte Zeichnungen

Hat im ersten Band noch der nun zu den X-Men gewechselte Leinil Francis Yu die Erzählung visualisiert und im zweiten Band der fantastische Adam Kubert den Pinsel geschwungen, ist dieser Band von ständigen Zeichnerwechseln geprägt. Und bis auf Bob Quinn schafft es keiner der Künstler, die Figuren lebhaft darzustellen. Die Gesichter sind flach, die Anatomie ist fragwürdig. Und mich konnten weder die Action-Szenen noch die ruhigen Momente begeistern. Die einzige Ausnahme ist der erwähnte Robert Quinn, der aber mit einem sehr cartoonhaften Stil zeichnet, der nur bedingt zu einem Agententhriller passt. Dafür schafft er es, den Figuren eine glaubhafte Mimik und Emotion zu geben und seine Actionszenen wirken dynamisch. Da er ab dem nächsten Band der neue Hauptzeichner der Reihe wird, darf man gespannt sein, ob die Erzählung dann besser mit den Bildern harmoniert.

Im Großen und Ganzen kann dieser Comic leider nicht überzeugen. Ta-Nehisi Coates erzählt weiter mit einigen Auslassungen, schafft diesmal aber im Vergleich zu den beiden Vorgängerbänden dadurch keinen Mehrwert für den Leser. Dazu hangelt sich die Handlung von einem Kampf zum nächsten, ohne dass eine wirkliche Verbindung erkennbar ist. Der Krimi um die Polizistenmorde ist spannend und gut gelöst, hätte aber mehr Raum verdient. Die Kernhandlung wird leider zu oft unterbrochen.

Würde man in diesem Band nicht ein paar neue Details zu den Daughters of Liberty und der Power Elite erfahren, würde ich sagen, dass man diesen Band einfach auslassen sollte. Im Vergleich zur parallel erschienen Hulk-Reihe ist hier ein konstanter Qualitätsverlust erkennbar und ich hoffe, dass sich die Reihe beim nächsten Comic wieder fängt. Das hier war dann doch nur lauwarme Durchschnittskost mit schlechten Zeichnungen und einer halbgaren Agentenstory.

Die harten Fakten

  • Autor: Ta-Nehisi Coates
  • Zeichner: Jason Masters, Robert Quinn
  • Seitenanzahl: 164
  • Preis: 19 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Absolute Carnage #3 (von 3) – Unendliche Finsternis

Carnage will den Gott der Symbionten Knull aus seinem Gefängnis befreien. Als Eddie Brock zögerte, sich ihm in den Weg zu stellen, hat sich sein Symbiont mit dem Hulk verbunden. Doch rohe Gewalt kann hier nicht helfen und Eddie muss eine Entscheidung treffen, die das Leben seines Sohnes Dylan betrifft.

Wie auch in den beiden Vorgängern, sind noch ein paar Zweitgeschichten im Band. Zum einen ist es der Abschluss des Duells um den Scream-Symbionten. Zum anderen eine Geschichte, bei der Captain Marvel von ihrer Katze verschluckt wird, die zu einem Carnage-Doppelgänger geworden ist.

Die Zweitgeschichten sind wieder mal nur nettes Beiwerk. Das, was wirklich interessiert, ist die Haupthandlung. Alles andere lenkt nur ab. Hier kommt zusätzlich noch dazu, dass das große Finale am Ende etwas zu schnell abläuft. Der Konflikt zwischen Carnage und Venom wird per Deus Ex Machina entschieden und die gesamte Vorarbeit, sowie alle Nebengeschichten sind für diesen Konflikt bedeutungslos. So kann man keine großen Geschichten erzählen.

Wieder nur ein Event, das einfach so verpufft

Hat der erste Band dieses Events noch die Höchstwertung bekommen, so konnten die Folgebände das Niveau nicht halten. Zwar sind die Zeichnungen weiterhin spitze und Eddie Brock als Hauptfigur sehr gelungen, doch es hat der Geschichte geschadet, dass Marvel hier wieder ein großes Event gemacht hat. Unnötig, dass es ein Crossover mit diversen Helden gibt. Unnötig, dass der Bösewicht die ganze Welt bedroht. Unnötig, dass sehr viel Epik aufgebaut wurde, die dann doch zu nichts führte. Dem Comic hätte es gut getan, wenn es ein gewöhnlicher Band in der laufenden Venom-Reihe geworden wäre.

Panini hätte die Veröffentlichung dadurch verkürzen können, dass das Hauptevent in einem einzelnen Paperback auf den Markt gekommen wäre. Für Fans der Event-Nebengeschichten hätte es einen Sonderband geben können. Marktwirtschaftlich war das Erscheinen von drei Event-Bänden die bessere Idee. Der Lesegenuss ist dadurch aber stark getrübt.

Das Ende dieses Events ist auch nur ein Cliffhanger für die laufende Venom-Reihe, in der die passenden Fäden sicher verknotet werden. Es bleibt ein enttäuschendes Gefühl zurück, obwohl man durch den Comic gut unterhalten wurde. Absolute Carnage in seiner Gesamtheit krankt an denselben Problemen, an denen alle großen Marvel-Events leiden: Durch die ganzen Crossover werden zu viele unnötige Parteien eingebunden; die Wirkung der Geschichte soll große Schauwerte erzeugen, bleibt dafür aber viel zu wage und unkonkret; die Auflösung der Handlung entsteht nicht aus den einzelnen Ereignissen, sondern entsteht aus dem Nichts. Dadurch bleibt von dem Event nur wenig hängen und man muss sich fragen, warum man als Leser trotzdem jedes Jahr wieder dasselbe Spiel verfolgt.

Die harten Fakten

  • Autoren: Cullen Bunn, Donny Cates
  • Zeichner: Andrea Broccardo, Gerardo Sandoval, Ryan Stegman
  • Seitenanzahl: 116
  • Preis: 14 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Artikelbild: Panini Comics
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Nina Horbelt
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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