Geschätzte Lesezeit: 11 Minuten

Kree, Skrulls und Monster! Wer sich an extraterrestrischen Wesen erfreut, bekommt bei den aktuellen Marvel-Veröffentlichungen einiges geboten. Incoming! kann als Teaser für das kommende Event Empyre gesehen werden, Jessica Jones rollt einen alten Fall auf, Captain Marvel bekommt mit der neuen Heldin Star Konkurrenz und Deadpool trifft auf Monster.

Der Konflikt zwischen Kree und Skrulls geht auf eine Story von Roy Thomas aus den 70er-Jahren zurück. In Incoming wird diese Story wieder aufgegriffen und weitergesponnen. Es gilt, einen Mordfall aufzuklären, bei dem weder das Opfer noch der Täter feststeht. Doch irgendwie hat es etwas mit eben diesem alten Konflikt zu tun. Captain Marvel bekommt es auch wieder mit den Kree zu tun, doch zeigt sie plötzlich Schwäche. Zum Glück kommt die neue Heldin Star daher. Wer ist sie und was hat Minerva mit dem Ganzen zu tun?

In der Deadpool-Heftserie gibt es derweil einen Kreativteamwechsel. Die Captain Marvel-Autorin Kelly Thompson übernimmt auch hier und Chris Bachalo sorgt für die Zeichnungen. Inhaltlich geht es um Monster, die Besitzansprüche auf New York anmelden und einen Deadpool, der zufällig zum König der Monster gekrönt wird. Zu guter Letzt besprechen wir in unserem Marvel Monthly eine weitere Story aus der Feder von Kelly Thompson: Jessica Jones findet eine Leiche in ihrem Büro und erkennt, dass es sich um eine ehemalige Klientin handelt. Sie überprüft, ob sie bei dem nicht gelösten Fall etwas übersehen hat, während die Polizei sie für die Täterin hält. Hier sollte doch für jeden etwas dabei sein.

Deadpool #18 – Deadpoolicus Rex!

Elsa Bloodstone ist die beste Monsterjägerin im Marvel-Universum. Wen engagiert man also, um ein Monster zu töten? Natürlich Deadpool! Denn er macht für den richtigen Preis alles. Aber natürlich trifft er auch auf die Monsterjägerin und den König der Monster, der nach irgendwelchen alten Verträgen Besitzansprüche auf Staten Island erhebt. Doch dabei bleibt es natürlich nicht, und schon bald sitzt Deadpool selbst auf dem Thron.

Wie bei Heftserien üblich erhält der Leser hier vergleichsweise viel Comic für wenig Geld. Dennoch gibt ein Heft recht wenig Handlung her. Die Geschichte ist abwechslungsreich und schnell erzählt. Kelly Thompson, die unter anderem bereits mit Mr. und Mrs. X gezeigt hat, dass sie humorvolle Geschichten schreiben kann, versucht sich nun an der größten Witzfigur aus dem Hause Marvel. Dabei liegt der Fokus darauf, Deadpool in absurde Situationen zu bringen, zu denen er dann einen spöttischen Kommentar abgeben kann. Ein wahres Gagfeuerwerk wird hier aber leider nicht losgelassen. Doch ist meine Erwartungshaltung bei Deadpool-Comics ohnehin so gering, dass ich mich hier wenigstens freue, nicht negativ überrascht zu werden.

Ein salomonisches Urteil

Chris Bachalo, der lange Zeit die X-Men gezeichnet hat, ist hier gut aufgehoben. Deadpool sieht dreckig und ordinär aus und das Design der Monster funktioniert für einen humorvollen Comic. Die Bilder erzeugen Komik durch den ständigen Wechsel zwischen Close-Ups und Totalen. Die Größen der Panels unterscheiden sich regelmäßig und sorgen so für Abwechslung. Optisch wird nichts falsch gemacht. Auch wenn man das Gefühl hat, alles bereits einmal gesehen zu haben.

Es war eine gute Entscheidung, dass die Heftserie nicht wieder direkt mit einer #1 begonnen wurde. Trotzdem merkt man sowohl graphisch als auch inhaltlich einen gewissen Bruch in der Reihe. Aber da es Deadpool ist, muss man auch keinen großen Wert auf Kontinuität legen. Die #18 ist so ein guter Punkt, wenn man in die Deadpool-Reihe einsteigen will. Eine wirkliche Empfehlung kann ich nicht aussprechen. Doch zerreißen will ich das Heft auch nicht. Es gibt ebenso viele unterhaltsame Momente wie solche, die meinen Humor nicht treffen. Die Wahrheit liegt also irgendwo in der Mitte.

Die harten Fakten

  • Autor: Kelly Thompson
  • Zeichner: Chris Bachalo
  • Seitenanzahl: 44
  • Preis: 3,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics

 

Incoming! – Wer ist das Opfer? Wer ist der Täter?

Ein Mann ist tot. Der Masked Rider taucht auf und setzt Daredevil auf den Fall an. Dieser schaltet Jessica Jones ein. Sie entdeckt einen seltsamen Zahlencode und den Stern von Hala. Die Kree scheinen irgendwie in diesen Mord verwickelt zu sein. Also bittet sie Captain Marvel um Hilfe und so weiter und so fort. Auf diese Weise werden immer wieder andere Charaktere in die Handlung eingebaut und es wirkt wie ein Staffellauf, bei dem alle aktuellen und kommenden Serien einmal abgehandelt werden.

Jeder Bruch in dieser Geschichte führt direkt zu einem Zeichnerwechsel. So ist in der Hulk-Geschichte natürlich Joe Bennett für die Bilder verantwortlich, der auch die aktuelle Hulk-Serie gestaltet. Bei der graphischen Gestaltung ist damit alles dabei, so dass schwer ein Gesamturteil abgegeben werden kann. Wie die Zeichner, so geben auch die Autoren die Feder immer weiter. Auf diese Weise kann der Leser in alle Reihen einmal hineinschnuppern.

Ein ähnliches Konzept wurde vor zwei Jahren mit Marvel Legacy schon einmal versucht. Damals war mein Kritikpunkt, dass dabei keine eigene Geschichte erzählt wird. Marvel scheint diese Kritik gehört zu haben und bietet dieses Mal mit der Aufklärung eines Mordes einen gemeinsamen roten Faden. Leider nimmt nicht jeder Autor diesen Faden zufriedenstellend auf. So werden einige Helden in einem Nebensatz erwähnt und man sieht dann, was sie währenddessen tun. Der Fall selbst wird dadurch nicht vorangebracht. Damit bleibt unterm Strich lediglich eine ganze Reihe von Teasern, die nur lose zusammenhängen.

Die große Trailershow mit kleinen Teasern

Dabei tauchen auch einige Charaktere auf, die bisher unbekannt waren, oder Figuren, die man lange nicht mehr gesehen hat, wie Wiccan und Hulkling. Letzterer scheint auch eine entscheidende Rolle im Event Empyre zu spielen, das hier ganz groß am Ende angeteasert wird. Wirklich viel wird darüber aber nicht preisgegeben. Und dies trifft leider auf alle Handlungsfäden zu.

Es bleiben Appetithäppchen, die Lust auf mehr machen sollen. Teilweise klappt das auch. Es wird etwa gezeigt, wie ein Nachrichtensprecher öffentlich propagiert, dass Junghelden nicht in den Kampf ziehen und ihr Leben riskieren sollten. Ich frage mich, wie sich das auf das Teenager-Team der Champions auswirkt, die den Beitrag im Fernsehen sehen. Doch ausgerechnet hier wird man auf Grund der aktuellen Situation noch bis nächstes Jahr auf eine Fortsetzung warten müssen. Die Reihen, die ich bereits verfolge, wie Captain Marvel, Spider-Man oder Hulk geben maximal eine kleine Zusammenfassung dessen wieder, was bisher passiert ist. Essenzielles wird an keiner Stelle erzählt. So bleibt das Gefühl zurück, dass man zwar vieles gesehen hat, aber leider zu wenig, um den Kauf des Heftes zu rechtfertigen.

Für wen ist also dieses Heft geeignet? Wenn man momentan keine Marvel-Reihe verfolgt und überall hineinschnuppern will, so ist es gut geeignet, einen Überblick zu bekommen. Die Frage bleibt, ob man bereit ist, zehn Euro dafür auszugeben. Die Teaser selbst sind etwas substanzlos, so dass man nur wenig Neues erfährt. Wer die Reihen und Events wie Empyre ohnehin lesen will, wird auch dort alles Spannende erfahren und braucht dieses Heft nicht. Die Aufklärung des Mordes ist größtenteils nur Vorwand und wird niemals wirklich spannend. Die Auflösung lässt am Ende mehr Fragen als Antworten zurück. Ich hatte mir einen Krimi erhofft, der gut für sich allein stehen kann, aber gleichzeitig Appetit auf mehr macht. Wer mit dieser Erwartungshaltung herangeht, wird leider enttäuscht.

Die harten Fakten

  • Autoren: Al Ewing, Jason Aaron, Jonathan Hickman, Kelly Thompson
  • Zeichner: Andrea Sorrentino, Humberto Ramos, Jim Cheung, Ryan Stegman
  • Seitenanzahl: 100
  • Preis: 9,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics

 

Captain Marvel #2: Sternfinsternis

Dieser Comic beginnt mit einem Ereignis, das während des War of the Realms stattfindet: Während eines Konflikts mit der Enchantress tauschen Doctor Strange und Captain Marvel ihre Körper. Was sich wie eine simple Bodyswitch-Komödie anhört, ist eben genau das. Zum Glück ist diese Episode schnell vorbei und man kann zur Hauptgeschichte übergehen.

Hier wird Carol Danvers an einen Punkt gebracht, an dem sie sich eine Flasche Alkohol besorgt. Die trockene Alkoholikerin startet dabei genauso wie sie es mag. Sie kämpft gegen seltsame Monster aus dem Weltall. Doch plötzlich versagen ihre Kräfte. Zum Glück ist ihre beste Freundin Jessica Drew zur Stelle, um sie zu retten. Den Tag rettet dazu die neue Heldin Star, die hier zum ersten Mal auftaucht und über die man gar nichts weiß. Star wirkt wie eine Neuinterpretation von Supergirl und erinnert somit ein wenig an frühere Versionen von Carol Danvers.

Es stellt sich heraus, dass die Monster von Kree gesteuert wurden. Dazu taucht auch noch Minerva auf, die Carol plötzlich freundlich gesinnt ist. Die Medien berichten derweil von Captain Marvels außerirdischer Herkunft. Die öffentliche Meinung wendet sich gegen sie und schnell wird deutlich, dass hier nicht mehr alles mit rechten Dingen zuzugehen scheint.

Captain Marvel ist dann am stärksten, wenn sie schwach ist

Ähnlich wie Superman ist Captain Marvel im Prinzip unbesiegbar. Geschichten mit so einer Figur sind meistens langweilig, so dass man Storys braucht, in denen sie Schwäche zeigen kann. Das Gefühl, durch eine jüngere Heldin abgelöst zu werden, passt hier gut ins Bild und gibt der Geschichte einen erzählerischen Rahmen. Der Spannungsbogen funktioniert und sorgt für immer neue Wendungen, ohne zu vorhersehbar zu sein.

Die Zeichnungen sind nichts Besonderes, aber stets stimmig. Der Stil liegt, wie meistens bei Marvel, irgendwo zwischen Realismus, Disney und Skizzenzeichnung. Die Schraffur sorgt für ausreichend Tiefe und die Bewegungen sind auch in Actionszenen sehr dynamisch. Die Kolorierung ist bunt, aber nicht zu grell. Dies sollte die Referenz sein, an der sich andere Marvel-Zeichner messen müssen.

Wie schon der erste Band ist dieser Comic ein rundes Gesamtwerk, an dem es wenig auszusetzen gibt. Über Captain Marvels Bathöhle oder die wieder aufkeimende Beziehung zu Jim Rhodes habe ich mich sehr gefreut. Leider kann ich mich beim Fazit aber nur wiederholen: Für eine uneingeschränkte Empfehlung ist mir der Band einfach nicht originell genug. Es werden bekannte Elemente des Superheldencomics wiederholt und neu zusammengestellt. Das macht Spaß. Doch es fehlt an Ecken und Kanten. Es wäre mutig gewesen, wenn beispielsweise Carols Alkoholproblem mehr Raum eingenommen hätte. Man erkennt, dass Kelly Thompson mit der Fallhöhe spielt, aber sie noch nicht ganz auskostet.

Die harten Fakten

  • Autor: Kelly Thompson
  • Zeichner: Annapaola Martello, Carmen Carnero
  • Seitenanzahl: 140
  • Preis: 17 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Jessica Jones: Blind Spot – Im Visier

Jessica Jones ist glücklich. Das Privatleben mit Luke Cage und ihrer gemeinsamen Tochter Dani funktioniert. Doch dann wird sie in einen Mordfall verwickelt. Durch einen anonymen Hinweis wird sie direkt die Hauptverdächtige. Die Leiche ist eine ehemalige Klientin, deren Fall nie richtig aufgeklärt wurde. Und wie es bei Jessica Jones üblich ist, sind auch Superkräfte im Spiel.

Die Kriminalgeschichte ist spannend geschrieben und wartet mit immer neuen Wendungen auf. Da Kräfte involviert sind, welche die übliche Krimilogik außer Kraft setzen können, wird die Auflösung nicht jeden zufriedenstellen. Doch fühlt sich alles im Rahmen des Marvel-Universums stimmig an. Bis zur großen Erklärung kommen immer neue Puzzlestücke auf den Tisch, so dass dem Leser niemals langweilig wird. Kritisieren kann man, dass im Finale doch zu viele Karten auf einmal auf den Tisch gelegt werden. Dies ist aber auch durch die Länge der Geschichte gegeben.

Kelly Thompson beweist hier, dass sie sich auch im Krimi-Genre gut zurechtfindet. Elsa Bloodstone wurde, wie auch im oben beschriebenen Deadpool-Comic, ebenfalls als Nebenfigur eingebaut. Die Autorin scheint Gefallen an der toughen Monsterjägerin gefunden zu haben. Auch alle anderen Nebenfiguren wirken stimmig und passen in das Gesamtbild der Handlung. Durch die eher ruhige Erzählweise haben alle Charaktere genug Raum, sich zu entfalten.

Ein Krimi, der dennoch Superhelden-Comic bleibt

Optisch wird der Band in einem realistischen Stil präsentiert, der mit einer Kolorierung arbeitet, die großen Wert auf Licht und Schatten legt. Das passt vorzüglich zu einer Krimi-Geschichte. Die wenigen Actionszenen arbeiten mit Unschärfe-Effekten, um diesen die passende Dynamik zu verleihen. Magische Kräfte werden durch weitere digitale Effekte dargestellt, so dass ein leicht künstlicher Eindruck entsteht. Die Idee, kleine Polaroids als Panels in Panels zu benutzen, um auf Details hinzuweisen, gefällt mir ausgesprochen gut.

Im Gegensatz zu Incoming! wird hier ein Krimi präsentiert, der wirklich den Eindruck einer Ermittlung hinterlässt. Die Handlung ergibt ein gutes Ganzes und ist in sich logisch. Die vielen Wendungen machen die Erzählung sehr abwechslungsreich. Zum Abschluss des Bandes gibt es noch eine weitere kurze Geschichte, die eher humorvollen Charakter hat. Sie fungiert als Einleitung für den nächsten Jessica Jones-Band, der es hoffentlich auch nach Deutschland schaffen wird. Wenn ich mich diesen Monat für nur einen Comic entscheiden müsste, würde ich hier zugreifen.

Die harten Fakten

  • Autor: Kelly Thompson
  • Zeichner: Marcio Takara, Mattia De Iulis
  • Seitenanzahl: 140
  • Preis: 17 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Artikelbild: © Panini Comics
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Simon Burandt
Diese Produkte wurden teilweise kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein