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Bei Ölfarben denkt Mensch schnell an die Werke alter Meister und Portraits aus der Renaissance. Doch nicht nur auf Holz oder Leinwand lassen sich Ölfarben verwenden. Auch wenn die Anwendung eine Umgewöhnung erfordert, können sie mit ihren spezifischen Eigenschaften beim Bemalen von Tabletopminiaturen eingesetzt werden.

Miniaturen werden in der Regel mit Acrylfarben bemalt. Hierfür gibt es viele Hersteller und auch in den meisten Tutorials kommen diese Farben zum Einsatz. Doch Ölfarben werden, besonders unter fortgeschrittenen Maler*innen, gar nicht so selten genutzt. Sie verfügen über andere Eigenschaften als die gewohnten Acrylfarben, was aber auch ganz spezielle Maltechniken ermöglicht. Aber wer nun einfach so drauflosmalen möchte, wird schnell frustriert sein, denn es gibt einige Dinge zu bedenken. Wir möchten euch nun ein wenig in die Verwendung von Ölfarben im Tabletop-Hobby einführen und euch die wichtigsten Stolpersteine aus dem Weg räumen.

Was sind Ölfarben?

Bei Ölfarben sind die Farbpigmente nicht wie bei Acrylfarben in einem Medium auf Wasserbasis gelöst, sondern in Öl. Dadurch trocknen sie deutlich langsamer als Acrylfarben, sind darum perfekt für die Nass-in-Nass-Technik geeignet und ermöglichen sehr sanfte Farbverläufe.

Geliefert werden Ölfarben in pastöser Konsistenz und sind normalerweise in Tuben abgefüllt. Vor dem Malen müssen Ölfarben darum verdünnt werden. Da Öl sich nicht in Wasser löst, können Ölfarben nicht mit Wasser verdünnt werden und auch die Pinsel lassen sich nicht mit Wasser ausspülen. Stattdessen können verschiedene Medien verwendet werden. Am gebräuchlichsten ist entaromatisierter Terpentinersatz, oft auch als White Spirit bezeichnet.

Ölfarbe lässt sich, aufgrund der langsamen Trocknung, immer wieder auf dem Untergrund verschieben und mischen. Selbst getrocknete Ölfarbe lässt sich mit White Spirit wieder auffrischen und lösen.

Der große Vorteil von Ölfarbe ist aber gleichzeitig auch ein großer Nachteil. Zwar kann man die Trockenzeiten mit einem Fön etwas reduzieren, aber besonders die Tatsache, dass die Farbe sich immer wieder anlösen und verschieben lässt, erfordert ein wenig Planung bei der Bemalung. Schnell hat man sonst einen gewünschten Effekt wieder ruiniert. Um die Farbe nach der Bemalung oder zwischen zwei Malschritten zu fixieren, muss das Modell mit Lack versiegelt werden.

Da Ölfarben schwer aus Kleidung zu entfernen sind, sollte entweder alte Kleidung verwendet oder auch eine Schürze getragen werden. Auch der gute Teppichboden sollte vorsorglich vor Farbklecksen geschützt werden.

Erhältlich sind Ölfarben verschiedener Hersteller im Kunstfachhandel. Doch auch bei Discountern werden gelegentlich Farbsets angeboten, welche für unsere Zwecke über eine ausreichende Qualität verfügen. Im Zweifel sollte das Internet zu Erfahrungen anderer Personen hinzugezogen werden. Was für die Leinwand taugt, kann ohne Probleme auch für die Miniaturenmalerei verwendet werden.

Die Maltechniken

Für Ölfarben gibt es verschiedene Maltechniken, welche angewendet werden können. Sie lassen sich zum Teil auch miteinander kombinieren. Wie bereits erwähnt, erfordert es ein gewisses Maß an Vorausplanung.

Ölwashes

Bei Ölwashes handelt es sich um stark verdünnte Ölfarbe, welche zum Schattieren oder als Filter über anderen Farben angewendet werden können. Es gibt fertige Ölwashes im Handel oder man kann sie sich mit Ölfarbe und White Spirit selbst anmischen. Das Mischen eigener Farbtöne hat den großen Vorteil, dass sich jede erdenkliche Farbe mixen lässt und man nicht auf ein Sortiment angewiesen ist.

Die einfachste Möglichkeit mit einem Ölwash zu schattieren, ist einen dunklen Braunton oder ein Schwarz über einer Bemalung mit Grundfarbe anzuwenden. Das Modell wird wie gewohnt grundiert und eine Grundbemalung mit Acrylfarbe aufgetragen. Um die Grundfarbe zu schützen, sollte eine Schicht Lack darüber aufgebracht werden. Die Lackierung beeinflusst darüber hinaus das Fließverhalten des Washes. Matter Lack hat mehr Struktur und hält das Wash sozusagen etwas fest. Seidenmatter Lack ist etwas glatter und das Wash fließt darauf besser. Glanzlack ist sehr glatt und somit fließt das Wash schnell in alle Vertiefungen und haftet weniger auf den Flächen. Welcher Lack benutzt wird, ist ein wenig vom eigenen Geschmack und den eigenen Erfahrungen abhängig. Mit seidenmattem Lack macht man am Anfang aber nichts verkehrt.

Ist der Lack trocken, wird das Wash aufgebracht. Um sich ein Ölwash selbst zu mixen, gibt man zunächst ein wenig Ölfarbe auf eine saugfähige Unterlage, wie ein Blatt Papier oder ein Stück Küchenrolle. Diese saugt überschüssiges Öl auf und verbessert damit die Farbdeckung und verkürzt die Trockenzeit. Dann wird White Spirit in einen kleinen Becher gegeben und Stück für Stück mit der Ölfarbe gemischt, bis die richtige Konsistenz erreicht ist. Zum Mischen kann ein alter Pinsel, ein Holzstäbchen oder Ähnliches verwendet werden. Die Konsistenz kann getestet werden, indem das Wash mit einem Pinsel aufgenommen und dieser auf ein Stück Küchenrolle gehalten wird. Breitet sich die Farbe zu weit aus und scheint zu durchsichtig, ist die Mischung zu dünn. Breitet sie sich hingegen kaum aus und deckt satt, ist sie zu dick.

Das Wash wird flächig aufgetragen.

Das fertige Wash wird mit einem Pinsel großzügig auf der gesamten Miniatur aufgebracht. Dazu sollten nie dieselben Pinsel wie für Acrylfarben verwendet werden. Es empfiehlt sich, etwas günstigere Pinsel mit Synthetikhaaren zu nutzen.

Ist das Modell komplett mit dem Wash bedeckt, muss es trocknen. Wer ungeduldig ist, kann mit einem Haarfön nachhelfen. Aber bitte nicht zu heiß und nie punktuell arbeiten, sondern den Fön immer über das Modell wedeln. Bei Kunststoff- und Resinmodellen riskiert man sonst eine Verformung des Materials.

Nach dem Trocknen wirkt das Modell zunächst sehr unsauber. Nun kommt aber die besondere Eigenschaft der Ölfarbe zum Tragen. Auf den erhabenen Stellen wird das Wash wieder vorsichtig abgerieben, um eine sauberere Schattierung zu erhalten. Tiefe Stellen können sehr dunkel bleiben, leichte Falten behalten nur einen sanften Filter. Das Wash kann mit einem sauberen Watteträger oder besser noch mit einem Einmallidschattenpinsel aus dem Kosmetikbereich entfernt werden. Mit dem Einmalpinsel aus einer Art Schaumstoff wird das Zurückbleiben von Fusseln auf dem Modell vermieden. Auch ein trockener, harter Pinsel kann verwendet werden. Normalerweise reicht das Reiben bereits, um das Wash zu entfernen. An hartnäckigen Stellen kann aber auch mit wenig White Spirit nachgeholfen werden. Das verwendete Werkzeug sollte dabei aber nie nass, sondern nur leicht befeuchtet sein, um Rinnsale zu verhindern.

Das Modell kann nun versiegelt werden.

Wenn ein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht ist, kann das Modell entweder versiegelt oder weiterführend akzentuiert werden. Somit ist diese Technik sowohl für schnelle, einfache Bemalungen geeignet, aber auch als Grundlage für aufwendigere Techniken.

Die gleiche Technik kann auch mit an die Grundfarbe angepassten Farben erfolgen, um so eine sanftere Schattierung zu erreichen. Auf hellen Untergründen kann auch eine Tönung und Schattierung in anderen Farben erzielt werden.

Schichten und Farbverläufe

Ihr volles Potential entwickeln Ölfarben, wenn man die Eigenschaft ausnutzt, dass sie sich immer wieder auffrischen und mit einander nass vermischen lassen. Es ist möglich, das ganze Modell mit Ölfarbe zu bemalen, dies erfordert allerdings ein sehr hohes Maß an Planung und es verzeiht weniger Fehler. Einfacher ist es, wie bei der Schattierung zunächst mit Acrylfarben vorzumalen und auch schon eine erste Schattierung mit Ölwashes aufzubringen. Nun können die erhabenen Stellen mit Ölfarben passende Highlights erhalten. Dazu mischt man sich zunächst einen Farbton an, welcher etwas heller ist als die Grundfarbe. Mit White Spirit wird die Farbe so lang verdünnt, bis sie sich gut mit dem Pinsel auftragen lässt. Zum Mischen sollte auch hier nie der Malpinsel verwendet werden, sondern ein Spatel oder ein alter Pinselstiel. Da die Farbe eine dickere Konsistenz hat als die Washes, gestaltet sich das Mischen der richtigen Konsistenz mit einem Pinsel oft schwierig. Zum Mischen bieten sich eine Fliese oder eine Palette an. Aber auch kleine Schälchen können verwendet werden.

Ölfarben können auf einer Palette gemischt werden.

Wie von Acrylfarben gewohnt, wird das erstes Highlight deckend aufgetragen. Ist die erste Schicht angetrocknet, trägt man das nächste Highlight auf. Bei diesen zieht man zunächst nur einen Strich in einer deutlich helleren Farbe über die erste Schicht. Mit einem trockenen, harten Pinsel wird dann das zweite Highlight vorsichtig in das erste Highlight eingearbeitet. Durch das White Spirit im zweiten Highlight wird die Ölfarbe darunter wieder aufgefrischt und ermöglicht das Mischen einen sanften Verlaufes. Dieses Vorgehen lässt sich mit heller werdenden Farbtönen mehrmals wiederholen. Dabei sollte man die nächste Farbschicht ruhig deutlich heller wählen als die Schicht darunter. Durch das Mischen auf dem Modell relativiert sich der Farbunterschied schnell. Wenn eine zu geringe Aufhellung gewählt wird, verringert dies den gewünschten Effekt.

Beim Mischen der Farbschichten sollte kein White Spirit mit dem Pinsel aufgetragen werden, da dies die Farben zu sehr verflüssigt. Es sollte wirklich mit einem trockenen Pinsel gearbeitet werden und ausschließlich das in der obersten Schicht enthaltene White Spirit genutzt werden.

Am Ende des Malvorganges sollte das Modell mit Lack versiegelt werden, um so die Farbe zu fixieren.

Reinigung der Werkzeuge

Das Arbeitsmaterial sollte nach jeder Session gereinigt werden.

Nach dem Malen sollten die Pinsel gut mit White Spirit ausgewaschen und im Anschluss mit Pinselseife und Wasser von Resten des White Spirits befreit werden. Die Pinselseife sollte wiederum nicht auch für Acrylpinsel benutzt, sondern ausschließlich für Ölfarbenpinsel verwendet werden. Auch der Wasserbecher sollte nicht für Acrylpinsel verwendet werden, da White Spirit recht hartnäckig sein kann. Mischschälchen, Palette oder Fliese lassen sich mit einem in White Spirit getränktem Stück Küchenrolle einfach abwischen.

Keine Angst vor Neuem

Auch wenn sich Ölfarben anders verhalten als die gewohnten Acrylfarben, bieten sie gute Möglichkeiten, das eigene Sortiment und die verwendeten Maltechniken zu erweitern. Mit ein bisschen Mut zum Ausprobieren kann man sehr schöne Ergebnisse erzielen. Die langen Trockenzeiten und die notwendige Versiegelung kosten zwar zusätzlich Zeit, aber das sollte nicht abschrecken. Besonders da es eine sehr große Farbpalette gibt, sich die Farben gut mischen lassen und sie dazu noch sehr ergiebig sind, ist eine Anschaffung von einigen Farben oder auch eines kleinen Sets lohnenswert und auch bezahlbar.

 

Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Denise Hollas
Fotografien: Dennis Rexin

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