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Nach dem Start in der Moderne, einem Abstecher ins Mittelalter und Kampf gegen zukünftige Alien-Bedrohungen wird nun der wilde Westen von Zombiehorden überrannt. Dabei wird das Erfolgskonzept der Reihe nicht grundlegend geändert, sondern um Neuerungen ergänzt. Welche das sind schauen wir uns an.

Nachdem 2012 das erste Zombicide ein grandioser Erfolg für CMON Limited, auf Kickstarter war, legte man in der Folge bereits mehrfach nach und entführte die Fans ins finstere Mittelalter und in eine ferne Zukunft. Dabei blieb man dem Erfolgskonzept des ersten Spiels treu und nahm immer die Popkultur durch die spielbaren Charaktere aufs Korn.

Mit Undead or Alive verschlägt es Fans des gepflegten Zombiehauens nun in die Epoche der amerikanischen Geschichte, wo der Finger ständig am Abzug war. Ob der Schuss nun sitzt oder die Zielgenauigkeit unter dem Ansturm der Zombiehorden leidet? Wichtig ist aber auch, kommt wieder ein kleiner Popkultur-Seitenhieb?

Triggerwarnungen

Tod, Gewalt, Body Horror

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Spielablauf

Da manche womöglich bereits den einen oder anderen Titel von Zombicide kennen, gehen wir an dieser Stelle nur auf die Unterschiede ein. Zur Erklärung der Grundregeln eignet sich ein Blick in den Artikel zur zweiten Edition.

Manchmal hat man das Gefühl, dass einem alles über den Kopf wächst.
Manchmal hat man das Gefühl, dass einem alles über den Kopf wächst.

Besonderheiten von Zombicide Undead or Alive

Während man in vorherigen Versionen mit roher Gewalt oder Finesse eine Tür erst öffnen musste, um ein Gebäude zu betreten, ist das im Wilden Westen nicht der Fall. Hier gibt es nur Saloon-Türen und die gehen bekanntermaßen in beide Richtungen recht problemlos auf. Das beeinflusst auch das Auftauchen von Zombies in Gebäuden. Musste man früher noch nach dem Öffnen einer Tür für jeden Raum des Gebäudes eine Zombiekarte ziehen, fehlt diese Mechanik nun gänzlich.

Im wilden Westen haben sich die Bewohner*innen der Westernstadt zu einer wahren Schnapsidee hinreißen lassen. Sie haben nun Leichenhaufen in ihren Häusern. Klingt genauso widerlich, wie es im Spiel ist. Wenn man ein Gebäude mit Leichenhaufen betritt, entsteht dort eine neue Brutzone für Zombies und in jeder Zombiephase tauchen hier zusätzliche Untote auf.

Diese Brutzonen können jedoch durch die Überlebenden deaktiviert werden. Alles, was es dazu braucht, ist ein gut gezielter Wurf mit etwas Weihwasser, schon ist eine solche Zone wieder aus dem Spiel. Mittels Weihwassers ist es zudem möglich, die normalen Brutzonen für Zombies zu verschieben und zur ersten Zone zu bewegen. Dadurch hat man die Möglichkeit, den Zombieansturm an einem Ort zu sammeln.

Ebenfalls eine Neuerung sind die Monstrum-Brutplättchen. Diese sind immer dann aktiv, wenn ein Monstrum auf dem Feld unterwegs ist. Es handelt sich also ebenso um eine weitere Zombiebrutzone, die durch die riesigen Monstren ins Spiel kommen. Hierfür sind auf den Kartenteilen entweder eine verlassene Mine oder ein Friedhof vorgesehen. Ist keines davon im Spiel, kommt die Monstrum-Brutzone neben die erste Brutzone. Sobald das Monstrum getötet wird, wird das Plättchen wieder inaktiv.

Der Große bringt gern seine Freunde mit auf die Party.
Der Große bringt gern seine Freunde mit auf die Party.

Während in den Vorgängerversionen des Spiels noch jeder Charakter eigenständige Fertigkeitskombinationen hatte und alle immer die gleiche Anzahl an Lebenspunkten, ändert sich das nun in Undead or Alive. Zombicide führt erstmals Charakterklassen ein. Die Charaktere unterscheiden sich zwar noch immer in ihren Fertigkeiten, doch haben sie bestimmte Klassenfertigkeiten, welche sie nutzen können. Vorhandene Klassen im Grundspiel sind:

Raufbolde: Zähe Hunde, welche mehr Schaden einstecken können und mit einer Aktion sowohl bewegen als auch angreifen können.

Revolverhelden: Sie können in einer Aktion die gesamte Munition einer Pistole leeren, nur Zielen ist dann schwerer.

Städter: Sie wissen, wo es etwas zu holen gibt und dürfen pro Zug mehrfach die Aktion “Suchen” nutzen. Zudem kennen sie die Gebäude der Stadt. Für sie gelten dort die gleichen Regeln zur Sichtweite wie auf Straßenfeldern. Die Städter sehen also, soweit das Auge reicht.

Gläubige: Sie können jedes Wasser in Weihwasser verwandeln und die Macht des Glaubens nutzen, um Zombies erstarren zu lassen.

Leider hat man es verpasst, die aus den anderen Zombicide-Teilen bekannten Popkultur Anspielungen einzustreuen. Einen „Nobody“ (Clint Eastwood) oder „Lucky Luke“ sucht man hier vergeblich.

Mit anderen Klassikern des Wilden Westens wartet Undead or Alive allerdings auf. So gibt es, neben besonderen Gegenständen wie der Gatling Gun und einem beweglichen Planwagen, auch wahre Filmklassiker.

Es gibt zum einen Balkone, von welchen die Überlebenden einen Rund-um-Blick auf die umgebenen Straßen haben und somit auch alles auf diesen aufs Korn nehmen können, zum anderen einen Zug mit Waggonteilen.

Die Gatling im Zugwaggon räumt gern mal das eine oder andere Feld frei.
Die Gatling im Zugwaggon räumt gern mal das eine oder andere Feld frei.

Was wäre der Wilde Westen ohne die Eisenbahn? Es handelt sich wahrlich um ein Wunderwerk der Technik, welches auch in Undead or Alive Einzug gefunden hat. In vielen Missionen ist dieses Element eingebunden worden. Der Zug ist dabei Fluchtweg oder gar unaufhaltsamer Verbündeter der Charaktere. Fährt er über die Schienen in das Spielfeld ein, so überrollt er alle Zombies auf den entsprechenden Feldern und sorgt für etwas Luft. Gleichzeitig verlässt er manchmal das Spielfeld zu einem festgelegten Zeitpunkt. Und dann wäre es besser, wenn die Charaktere an Bord sind, da er der beste Weg aus dem Chaos heraus ist.

Anders als in vorherigen Editionen verursachen die Überlebenden nicht mehr durch jede Aktion in Form von Schüssen oder Aktionen ein Geräusch. In Undead or Alive gibt es eine Unterscheidung zwischen zwei Arten von Geräuschen. Es gibt ein Boom, welches etwa einen Schuss darstellt. Dieses Geräusch ist nach einer Runde wieder vergangen. Daneben gibt es das BÄNG. Wirklich laute Dinge, wie etwa das Schießen mit der Gatling, verursachen diese Art von Geräuschen. Anders als das Boom verschwindet das BÄNG allerdings nicht nach einer Runde. Es ist so laut, dass es nachhallt und in der nächsten Runde erst einmal zu einem Boom wird. Das mühsame Legen von Lautstärkemarkern bei jeder einzelnen Aktion entfällt.

Schon immer gab es besondere Waffen in Zombicide, welche besonders aussahen oder überdurchschnittliche Werte hatten. Ob es nun die Angeber-Knarren oder die Ultrarot-Waffen waren, man bekam sie häufig beim Suchen. Undead or Alive geht einen anderen Weg, denn die Kopfgeldwaffen findet man hier nicht so leicht.

Davon hätten wir gern mehr gesehen.
Davon hätten wir gern mehr gesehen.

Sie bilden einen gesonderten Stapel und können erst durch das Erfüllen von Aufgaben erlangt werden, die wir auf der Rückseite der Waffe finden. Es kann dabei aber nicht beliebig aus dem Stapel gesucht werden, welche Aufgabe man erledigen will, sondern es muss immer die oberste Karte erfüllt werden, bevor die nächste Karte und damit Aufgabe frei wird.

Ausstattung

Schön. Mit diesem Wort lässt sich die Ausstattung, wie bei den vorherigen Versionen von Zombicide auch, wieder beschreiben. Wie bisher prangt auf der Box das markante Logo, der Schriftzug Zombicide, bei dem ein I durch eine Dynamitstange ersetzt wurde. Ansonsten vermittelt die Grafik der Box schon deutlich, dass wir dieses Mal im Wilden Westen um unser Leben schießen werden.

Mit den Miniaturen musste sich Zombicide noch nie verstecken.
Mit den Miniaturen musste sich Zombicide noch nie verstecken.

Die 88 Miniaturen sind schön gestaltet und thematisch auf den Punkt. Lediglich die Farblosigkeit stört dabei die Optik. Es bietet sich an, den Pinsel zu zücken und den Figuren etwas Farbe angedeihen zu lassen.

Die Zombies heben sich in ihrem Aussehen so sehr voneinander ab, dass man die einzelnen Arten von Untoten problemlos unterscheiden kann. Jede Art von Zombie hat dann nochmal verschiedene Modelle, damit es auf dem Feld nicht eintönig wird. Besonders schön ist, dass man hier auf Plastikwürfel verzichtet und sie durch thematisch passendere Holzwürfel ersetzt hat. Als Sahnehäubchen wurden die Augen der Würfel so gestaltet, dass sie an ein Kartendeck erinnern. Ansonsten enthält das Spiel viele Karten, Plättchen und Markern sowie die sechs obligatorischen Charakterboards, welche als zentrales Element für das Spiel der Überlebenden benutzt werden.

Die Holzwürfel haben thematisch passend Kartenspielsymbole.
Die Holzwürfel haben thematisch passend Kartenspielsymbole.

Leider hat man es versäumt, den Planwagen und den Zug, wovon zumindest letzterer ein wiederkehrendes Element im Spiel ist, durch Miniaturen darzustellen. Hätte man dies getan, wäre die Box jedoch erheblich größer geworden und das formschlüssige Ordnungssystem, welches das Spiel bereits in den Vorgängerversionen hatte, würde nicht mehr so gut funktionieren.

 

Um zu verhindern, dass Kleinteile, wie etwa Marker, durch die Box fliegen, wurden kleine Plastiktüten hinzugefügt, für die es ebenfalls Platz in der Box gibt.

Für begeisterte Fans und jene, die einfach gern das gewisse Extra suchen, bietet allerdings das Thingiverse mit der Möglichkeit des 3D-Drucks durchaus Möglichkeiten fehlende Elemente zu ergänzen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: CMON Limited / Guillotine Games / Asmodee
  • Autornen: Raphaël Guiton, Jean-Baptiste Lullien, Nicolas Raoult
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 90 – 270 min
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2 3 4 5 6
  • Alter: 14+
  • Preis: ca. 86 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, KuTaMi

 

Bonus/Downloadcontent

Wie heutzutage fast üblich, kann man sich auf der Verlagsseite von Asmodee das Regelheft herunterladen.

Ebenso wird hier ein Tutorial angeboten, um die bei Lieferung noch farblosen Miniaturen zu bemalen. Zudem gibt es für die Vorgängerversionen eine rege wachsende Anzahl an Missionen, welche durch Fans und den Verlag bereitgestellt werden. Hierunter finden sich auch etliche Kampagnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies auch für Undead or Alive passieren wird, ist daher groß.

Für diejenigen, die einen 3D-Drucker besitzen, bietet zudem das Thingiverse noch den einen oder anderen Bonus. Von druckbaren Ordnungssystemen über Wände für Gebäude bis hin zu dem Spielelementen des Planwagens und des Zuges.

Fazit

Zombicide Undead or Alive ist eine Fortsetzung der erfolgreichen Zombicide-Reihe, die die Spielenden in den wilden Westen versetzt, wo sie sich gegen Horden von Zombies zur Wehr setzen müssen. Das kooperative Spielprinzip bleibt erhalten, wobei eine Gruppe von sechs Überlebenden gemeinsam Missionen erfüllen muss.

Eine von mehreren erwähnenswerten Neuerungen in Undead or Alive ist die Einführung von Charakterklassen, die die Fertigkeiten der Charaktere erweitert. Auch die Möglichkeit, Leichenhaufen in Gebäuden zu finden, die zu neuen Brutzonen für Zombies werden aber auch wieder beseitigt werden können, verändert das Spielerlebnis zum Positiven.

In unseren Runden hatten wir das Gefühl, dass uns viel schneller deutlich mehr Zombies die Hölle heiß machen wollten, als es noch in Vorgängerversionen der Fall war. Dadurch wird der Spielablauf flüssiger und es werden etwa die Spielzeiten erreicht, welche vom Spiel vorhergesagt werden.

Besonders interessant ist der Kopfgeldwaffen-Stapel, welcher jedoch abwechslungsreicher sein dürfte, da er leider nur wenige Karten umfasst. Das Erfüllen von zusätzlichen kleinen Herausforderungen und die damit verbundene Belohnung hingegen machen Spaß und bringen jede Runde neue Ergebnisse, wodurch sich der Wiederspielwert erheblich steigert.

Die Ausstattung des Spiels ist ansprechend, mit gut gestalteten Miniaturen und thematisch passenden Holzwürfeln. Leider wurden der Planwagen und der Zug nicht als Miniaturen dargestellt.

Zusammenfassend bietet Zombicide Undead or Alive eine gelungene Erweiterung des bekannten Zombicide-Universums, die Fans des Genres und des Wilden Westens gleichermaßen begeistern dürfte. Es bringt neue Elemente und Herausforderungen in das kooperative Zombie-Abschlachten.

Wenn es in den Erweiterungen vielleicht die eine oder andere Kopfgeldwaffe mehr geben könnte oder es mehr bekannte Charaktere aus der Popkultur geben könnte, ist vielleicht noch der eine oder andere Treffer zu landen.

  • Schöne Miniaturen
  • Einfache Regeln
  • Kleine Neuerungen
 

  • Wenig Innovationen
  • Zu wenig Abwechslung

 

Artikelbilder: © Asmodee, © CMON
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Nina Horbelt
Fotografien: Thomas Mottl
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.
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