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Weißer Sand von Brandon Sanderson entführt euch auf die zweigeteilte Welt Taladin. Auf der Sonnenseite müssen eine mysteriöse Herzogin der Dunkelseite und ein verzweifelter Sandmagier zusammenarbeiten, um ihre Ziele zu erreichen. Dabei sehen sie sich mit politischen Intrigen und gnadenlosen Attentatsversuchen konfrontiert.

Dass Brandon Sanderson zu den einflussreichsten Phantastik-Autor*innen unserer Zeit gehört, dürfte spätestens seit dem 40-Millionen-Dollar-Erfolg seines Kickstarters niemand mehr bezweifeln. Der US-Amerikaner ist neben seinen eigenen Werken, wie beispielsweise der Nebelgeboren-Reihe oder den Sturmlicht-Chroniken, besonders für die Arbeit an Das Rad der Zeit Nach dem Tode von dessen Schöpfer Robert Jordan vollendete Sanderson die epische Romanreihe, was seiner Popularität innerhalb der Industrie einen deutlichen Schub verpasste.

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Eines seiner Markenzeichen sind originelle Magie-Systeme, welche den Welten eine spezielle Faszination verleihen. Die Popularität seiner Schöpfungen sorgte bereits für Adaptionen abseits von Romanen, beispielsweise in Form von Brettspielen. Mit Weißer Sand hat eine bisher unveröffentlichte Geschichte des Autors zudem ihren Weg als Graphic Novel gefunden.

Die Erzählung wurde im englischsprachigen Markt bis 2019 in drei Bänden veröffentlicht. Der im letzten Jahr veröffentlichte erste Band konnte in unserem Kurzcheck überzeugen. Die faszinierende Welt und das interessante Magiesystem konnten all das liefern, was man an Werken von Sanderson schätzt. Leider stellte der Detailreichtum seiner Welt gleichzeitig die größte Problematik dar, da die Vielzahl an Hintergrundinformationen im Medium Graphic Novel sehr überhastet präsentiert werden mussten.

Mittlerweile ist auch der zweite Band erschienen. Lasst uns gemeinsam einen Blick wagen, ob der Eindruck aus dem Piloten weiterhin besteht.

Handlung & Charaktere

Als kurze Auffrischung der Handlung: Die Welt von Taladin ist bestimmt von der strikten Trennung in eine Tag- und Nachtseite. Die Entwicklung auf diesen ist vollkommen unterschiedlich verlaufen, sei es in kultureller oder wissenschaftlicher Hinsicht. Die Nachtseite ist technologisch fortgeschritten, befindet sich jedoch zum Großteil unter der tyrannischen Herrschaft der sogenannten Dynastie. Auf der Tagseite nimmt eine lebensfeindliche Wüste einen Großteil des Gebietes ein. Die harsche Umgebung gestaltet den Alltag der Bewohner*innen maßgeblich, doch bietet sie auch ungeahntes Potenzial. Sie liefert eine schier unbegrenzte Menge an Sand, welchen die sogenannten Sandmeister*innen mit ihren arkanen Kräften manipulieren können.

Der junge Kenton ist eine dieser Personen, welche den Sand steuern können. Im Laufe des ersten Bandes ändert sich sein Leben dramatisch und er findet in einer mysteriösen Herzogin von der Nachtseite eine unerwartete Verbündete.

Nachdem im ersten Band die Welt und deren Charaktere vorgestellt wurden, fokussiert sich der zweite Band stärker auf die Weiterentwicklung der Handlung. Kenton und die Herzogin Khrissalla sind mittlerweile auf der Suche nach Verbündeten, die ihre Anliegen unterstützen können. Dabei trifft besonders der junge Sandmeister auf unverhohlen offene Ablehnung und Feindseligkeit. Die beiden Hauptcharaktere müssen Wege finden, sich durch die politischen Machtspiele zu manövrieren und ihre Stärken sinnvoll zu kombinieren. Diese Art und Weise des Zusammenspiels fasziniert und verhilft dabei, die beiden Figuren weiterzuentwickeln. Gleichzeitig ist das Duo permanent das Ziel von Meuchelmörder*innen, welche verhindern wollen, dass der junge Sandmeister seine Ziele erreicht. Diese beiden Handlungskomponenten führen zu einer spannenden Kombination aus Intrigenspiel und Action.

Ansonsten bleiben die meisten Figuren, speziell die Gegenspieler*innen, bedauerlicherweise oberflächlich.

Die politischen Interessengruppen und der Umgang mit diesen offenbaren jedoch ein ähnliches Problem wie beim ersten Band. Zu viele Details und verschiedene Fraktionen werden im Laufe der Geschichte behandelt, sodass jede von diesen nur oberflächlich zur Geltung kommt. Zwar fühlt man sich nicht mehr mit einer solchen Fülle an Informationen erschlagen wie noch beim Vorgänger, doch auch der zweite Band von Weißer Sand besitzt ein sportliches Erzähltempo. Unglücklicherweise finden sich weiterhin mehrere Seiten, die Hintergrundinformationen in Form von Bucheinträgen vermitteln. Dies unterbricht unnötig das Leseerlebnis der Graphic Novel, in welcher die Bild-Text-Kombinationen für sich selbst sprechen sollten.

Im Hinblick auf die Charaktere gibt es neben den Weiterentwicklungen von Kenton und Khrissalla noch eine nennenswerte Ergänzung. Hierbei handelt es sich um die Figur der Ais, welche Kenton nach offizieller Begründung als Beschützerin zugeteilt wurde, jedoch offensichtlich für ihre Vorgesetzte spioniert. Die junge Frau bringt eine interessante Dynamik in die Handlung, da sie aufgrund ihrer Kultur von tiefem Hass auf die Sandmeister erfüllt ist und sich nun in einem Konflikt zwischen ihrem Pflichtbewusstsein und ihrer Überzeugungen sieht. Ansonsten bleiben die meisten Figuren, speziell die Gegenspieler*innen, bedauerlicherweise oberflächlich.

Zeichenstil

Hinterer Klappentext © Panini Comics
Hinterer Klappentext © Panini Comics

Die visuelle Gestaltung der Graphic Novel ist wie beim Vorgänger durchgehend auf einem hohen Niveau, wenngleich weniger Action-Szenen zum Einsatz kommen. Der Fokus der visuellen Darstellung liegt dadurch auf den Charakterinteraktionen, welche gelungen und emotional glaubwürdig inszeniert sind. Neben der ansprechenden Mimik und Gestik der Charaktere sticht besonders die Darstellung der Sandmagie positiv hervor. Deren gezielter Einsatz in diesem Band sorgt für noch mehr Wirkungskraft. Nachdem der Großteil der Handlung innerhalb der Zivilisation stattfindet, zeigt sich etwas weniger Abwechslungsreichtum als noch beim Vorgänger.

Nachdem die Handlung ausschließlich auf der Tagseite des Planeten spielt, kommt eine helle und warme Farbpalette zum Einsatz. Dabei ist die Kolorierung in überwiegend ungesättigten Farbtönen gehalten, mit Ausnahme des letzten Kapitels Kehrtwende. In diesem wird der Zeichenstil plötzlich deutlich cartooniger, was besonders an den starken Außenlinien, dem reduzierten Detailgrad und den grelleren Farben erkenntlich ist. Dieser abrupte Wechsel des Stils zu einer Visualisierung führt unglücklicherweise zu einem deutlichen Bruch im Leseerlebnis.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini
  • Autor*innen: Brandon Sanderson, Rik Hoskin, Isaac Stewart
  • Zeichner*innen: Julius Gopez, Nabetse Zitro, Justyna Gil
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 160
  • Preis: 20,00 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Der zweite Band von Weißer Sand knüpft beinahe nahtlos an die Stärken und Schwächen des Vorgängers an. Die Geschichte um die Sandmeister*innen und ihren Platz in der Welt sowie die politischen Intrigen und Konflikte erzeugen weiterhin Spannung. Die Hauptcharaktere entwickeln sich stimmig weiter und das Ensemble an Figuren wird durch eine interessante Ergänzung gestärkt. Ebenso weiß die visuelle Gestaltung zum Großteil zu überzeugen.

Leider stellt sich aufgrund der Hast des Erzähltempos weiterhin die Frage, ob der Detailreichtum von Sandersons Welten in Form einer Graphic Novel vollständig präsentiert werden kann. Viele Nebencharaktere und besonders die Gegenspieler*innen bleiben äußerst oberflächlich. Weiterhin werden wichtige Elemente zum Verständnis der Welt in Form von Buchseiten oder Journaleinträgen erläutert. Obwohl diese schön anzusehen sind, stört dies den Lesefluss. Im letzten Kapitel kommt erschwerend noch eine Änderung des visuellen Stils hinzu, welche nochmals einen Bruch zur vorherigen Lektüre bildet.

Insgesamt liefert Weißer Sand weiterhin fantastische Unterhaltung, wenn man über die oben erwähnten Wermutstropfen hinwegsehen kann. Man darf gespannt sein, zu welchem Ende die Geschichte im dritten und letzten Sammelband kommen wird.

  • Deutlich verbesserte Dynamik zwischen den Hauptcharakteren
  • Faszination zur Welt und ihrer Feinheiten bleibt bestehen
  • Visuell gelungen inszeniert, wenngleich das letzte Kapitel negativ heraussticht
 

  • Zum Großteil oberflächliche Charaktere
  • Unschöner Bruch des Zeichenstils im letzten Kapitel

 

 

Artikelbilder: © Panini Comics
Titelbild: depositphotos  © shalamov, © Panini Comics
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Saskia Harendt
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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