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Ghule – wahnhaft morden und fressen sie sich durch die Reiche. Games Workshop hat für die Höfe der Leichenfresser einige schaurig-schöne neue Figuren geschaffen und die Regeln überarbeitet. In diesem Artikel geben wir euch einen ersten Überblick über die wichtigsten Mechanismen und werfen einen Blick in das neue Armeeset.

Die Ghule in Age of Sigmar haben eingefleischte Fans. Vor allem die Hintergrundgeschichte ist fesselnd, auch wenn sie für manche etwas Beunruhigendes haben mag. Die kleine Modellauswahl der Höfe der Leichenfresser bekommt nun ein wenig Verstärkung. Dass die Modelle gelungen sind, werden dabei die wenigsten bezweifeln. Bei den Regelneuerungen gibt es jedoch streitbare Punkte, wie der Änderung von Fressrausch oder der Einführung von Edle Taten-Punkten.

Triggerwarnungen

Kannibalismus, psychische Erkrankung

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Mordende Kannibalen und edle Ritter – Wer sind die Höfe der Leichenfresser?

Es ist schwer vorstellbar, wozu die Schrecken der Reiche der Sterblichen deren Bewohner zu treiben vermögen. Wird der Hunger unerträglich und die Lage immer aussichtsloser, treibt es arme verfluchte Seelen dazu, ihre Mitmenschen zu verzehren. Diese Tat zerrüttet den Geist der Sterblichen und führt sie immer weiter in einen Strudel nach unten. Für die Vampire der Höfe der Leichenfresser sind diese Schattenwesen perfekte Opfer. Ihre Anführer, allen voran ihr wahnsinniger König Ushoran, der Mortarch der Umnachtung, ziehen sie in ihren Bann.

So abscheulich diese Herrscher auch aussehen mögen, ihren neugewonnenen Untertanen erscheinen diese Scheusale als Könige und Königinnen in feinstem Gewand. Mit glänzender Rüstung und einer ebensolchen Erscheinung führen sie die Gebrochenen aus ihrem Elend. Sie laden die Elenden an ihre Tafel zum genussvollen Festmahl und reihen sie in ihre ritterlichen Armeen ein. Gemeinsam verteidigen sie die Ländereien gegen all das Dunkle und ziehen in heiligen Kreuzzügen gegen die Feinde von Recht und Ordnung.

Nagash und die Mortarchen

Als der Todesgott Nagash begann, das Todesreich Shyish zu erobern, erschuf er mächtige Diener, die Mortarchen. Diese sollten ihm dabei behilflich sein, die anderen Götter des Todes zu besiegen und ganz Shyish zu unterwerfen. Einer der leuchtendsten und stärksten war Ushoran der Sommerkönig, Mortarch der Umnachtung. Selbst im Kriegshandbuch ist keine übereinstimmende Erzählung dazu zu finden, wie aus Ushoran das leichenfressende Monster wurde, dessen Geist völlig zerrüttet scheint. Ob Aufbegehren gegen Nagash oder ein Fluch, ist fraglich. Fakt ist, dass Ushoran nicht nur seine Gefolgsleute dazu bringt, die Welt in einem völlig verzerrten Licht zu sehen, er glaubt auch selbst daran. Aufgrund seiner Stärke ist er für Nagash weiterhin wertvoll, durch seinen Wahnsinn jedoch schwer zu kontrollieren.

So groß ist die Macht Ushorans und seiner Gefolgsleute, dass alle Untertanen dieselbe Illusion teilen und nicht die schreckliche Wahrheit erkennen – dass sie nun Teil einer unaussprechlichen Schreckensarmee von halb-lebenden, halb-toten Ghulen sind, die durch ihre schiere Anzahl ganze Städte überrennen und sich im Anschluss keifend über das verwesende Fleisch ihrer unschuldigen Opfer hermachen.

So wahnsinnig die Höfe der Leichenfresser auch sein mögen, durch das ritterliche Selbstbild zieht sich eine feudale Herrschaftsstruktur durch die Truppen. Mit Königen und Adel an der Spitze, (mehr oder weniger) leuchtende Rittergestalten und einfachen, bäuerlichen Fußtruppen finden sich diese Strukturen sowohl in den Modellen als auch in den entsprechenden Regeln wieder.

Insgesamt stellt das Kriegsbuch diesen verworrenen und widersprüchlichen Hintergrund der Höfe der Leichenfresser sehr gelungen und unterhaltsam dar. Freunden dunkler Erzählungen sei die Lektüre allein schon deswegen sehr ans Herz gelegt.

Super Ghouls or Ghosts? – Die wichtigsten Spielmechanismen im Überblick

Die Zähigkeit der Leichenfresser bleibt in Form ihres 6+ Rettungswurfes erhalten. Ebenso wird die Armee weiterhin einem Hof zugeordnet, was einen bestimmten Bonus für alle Einheiten zur Folge hat, wie einen Schadensbonus bestimmter Einheiten oder einen Zuerst-zuschlagen-Effekt gegen Monster. Zudem werden bestimmte Einheiten zu Linientruppen, abhängig vom Hof, womit dessen Einfluss jedoch auch endet.

Ein gleichwertiges Gewicht hat die Wahl einer Wahnvorstellung. Diese bietet viel Flexibilität, da sie erst in der ersten Schlachtrunde eines Kampfes gewählt wird und so auf die gegnerische Armee abgestimmt werden kann. Ein Bonus auf Rennen-Würfe kann beispielsweise für mehr Mobilität sorgen. Ein Bonus auf Verwundungswürfe von Monstern schafft bei monsterschweren Armee Abhilfe.

Eine zentrale Neuerung ist die Einführung von Edlen Taten. Für das Wirken von Zaubern und Gebeten und das Verursachen von Verwundungen wird jeweils den Helden ein Punkt zugeführt. Das bedeutet, dass bei jedem Helden neben den Trefferpunkten auch noch die Edle-Taten-Punkte im Auge behalten werden müssen, was für zusätzlichen Aufwand sorgt. Diese Punkte können dann zum Einsatz ihrer Sonderfähigkeit eingesetzt werden. Beim Maximalstand von sechs Punkten lösen sie zudem bei Einheiten in der Nähe einen Fressrausch aus, der eine weitere Attacke im Nahkampf verleiht.

Viele der Mechanismen wurden überarbeitet.

Die Helden der Leichenfresserhöfe gehören entweder Scheußlichkeiten oder Höflingen an. Dementsprechend haben sie unterschiedliche und in der Kombination sehr unangenehme Sondereigenschaften. Während Scheußlichkeiten für den Einsatz von Edle-Taten-Punkten die Hälfte einer zerstörten Einheit wieder ins Leben rufen können, haben Höflinge die Möglichkeit, dezimierte Einheiten wieder mit Truppen zu füllen.

Ergänzen sich die beiden Eigenschaften, kann dies für erschreckte Gesichter bei gegnerischen Spieler*innen sorgen. Auch wurden die unterschiedlichen Wiedererweckungseigenschaften der vorherigen Version so um ein Vielfaches vereinfacht. Dies jedoch um den Preis, sich neben taktischen und strategischen Vorhaben, Missionszielen und sonstigen Sondereigenschaften zusätzlich um die Beschaffung und Verwaltung der Edle-Taten-Punkte zu sorgen. Dass der Fressrausch nun keine Befehlseigenschaft ist, mit der eine Einheit ursprünglich ein zweites Mal angreifen konnte, ist für einige möglicherweise auch etwas betrüblich. Erschwerend kommt hinzu, dass die neue Version des Fressrausches auch erst einmal die erforderlichen Edle-Taten-Punkte braucht. Insgesamt sind die Neuerungen, bei den genannten Abstrichen, aber durchaus stimmig.

Die Armeen des Leichenkönigs – Ein Blick in das Armeeset

Das Armeeset enthält neben den Figuren alles, was man sich für das Spielen der Höfe der Leichenfresser wünschen könnte.

Nach der jüngst erschienenen Box Jerrions Delegation erscheint mit dem Armeeset in kürzester Zeit eine weitere Armeebox für die Höfe der Leichenfresser. Wie schon so oft zuvor ist die erste Gelegenheit, neue Modelle in die Hände zu bekommen, der Kauf eines ganzen Pakets. Das Armeeset lockt jedoch neben schön gestalteten Miniaturen mit einem kompletten Rundumpaket für die Armeeverwaltung wie dem Kriegsbuch, Einheitenkarten und Spielchips.

Insgesamt bringt die 155 Euro teure Box zudem fast 750 Punkte an Figuren auf das Spielfeld und ermöglicht zudem das oben beschriebene Zusammenspiel zwischen Höflingen und Scheußlichkeiten. Neben den neuen Elite-Fußsoldaten sind auch die neuen Morbheg-Ritter sehr spannend.

Hüter des Reiches – der scheußliche Bluthüter

Bluthüter wachen über die Grenzen ihres Herrschers. Dafür bringen sie einige Fähigkeiten mit auf das Spielfeld. Die Fähigkeit zu fliegen und die hohe Bewegungsweite machen sie zu mobilen Einheiten. Der ihnen eigene Zauber erlaubt es, sich oder eine andere Einheit in der Nähe jede Runde neu auf dem Schlachtfeld positionieren zu können. Sie verfügen über gute Angriffswerte und eine Regenerationsfähigkeit, auch wenn sie sonst nicht die stabilsten Einheiten sind. Als Scheußlichkeit können sie zerstörte Einheiten wieder auf das Schlachtfeld zurückrufen.

Heiliger Champion im freien Fall – der Varghulf-Höfling

Der Varghulf-Höfling hat nun ein optisch überarbeitetes Plastikmodell. Diese von den Ghulen als heilig angesehenen Bestien gehören eigentlich den Vampiren an. Jedoch ist ihr Geist dermaßen verwirrt, dass sie nur noch Töten und Fressen im Sinn haben. Ihre guten Angriffswerte werden durch eine gute Regenerationsfähigkeit und hohe Bewegungsreichweite unterstützt. Zudem können sie als Höflinge dezimierte Einheiten wieder auffüllen.

Garde des Königs – die Gruftgardisten

Die Gruftgarde ist mit Waffen aus der persönlichen Rüstkammer des Herrschers bestückt und hat die ehrenvolle Aufgabe, ihn zu beschützen. Für ihre Punktekosten besitzen sie gute Angriffswerte und erhöhen zudem die Schutzwürfe von in der Nähe befindlichen Helden. Wählt man die Magertorf-Unterfraktion zählen sie zudem als Linientruppen.

Fledermausritter in glänzender Rüstung – Morbheg-Ritter

Wenn verstärkte Einheiten in einer Leichenfresser-Armee eingesetzt werden, sollte die Wahl klar sein. Die fledermausähnlichen Nachtkreischer, auf denen die Morbheg-Ritter reiten, können aufgrund ihrer zerfledderten Flügel zwar nicht mehr fliegen, aber dafür bringen die Modelle ganz andere Qualitäten mit. Ihre guten Angriffsprofile werden von nicht übermäßig vielen Lebenspunkten begleitet. Jedoch können sie beim Angriff Unmengen an tödlichen Wunden austeilen – sie würfeln einmal pro Modell der Zieleinheit und bei 4+ werden jedes Mal 1W3 tödliche Wunden ausgeteilt. Gepaart mit der Fähigkeit, sich in der Bewegungsphase aus dem Angriff zurückzuziehen und wieder anzugreifen sind sie ein echtes Problem für Gegner*innen jeder Couleur. Wenn dann noch Scheußlichkeiten und Höflinge zusammenarbeiten und die mühsam zerstörte Einheit wieder fast vollständig auf dem Spielfeld auftauchen lassen, kann einem bei verstärkten Morbheg-Ritter-Einheiten mit recht der Schweiß auf der Stirn stehen (die Ghule werden sich für die sanft vorgesalzene Nahrung bedanken).

Taktische Einschätzung zur Box

Auch wenn durch die elitären (und teureren) Infanterietruppen ein wenig das Flair der Massenarmee verloren geht, ist das Armeeset inhaltlich wie auch taktisch solide aufgestellt. Die Infanterie steckt zwar nicht besonders gut ein, aber teilt gut aus. Unabdingbar ist die Gruftgarde aber nicht. Die hohe Mobilität der beiden Helden gestaltet den Einsatz der Edle-Taten-Fertigkeiten flexibel und die Morbheg-Ritter werden wohl allgemein eine Pflichteinheit in den Reihen der Leichenfresser-Armeen.

Abgesehen von der taktischen Komposition ist es eine bewährte Praxis von Games Workshop, die Neuerscheinungen erst einmal in einer Box zu verstecken, wie jüngst bei den Cities of Sigmar. Wer bereits mit Heldenmodellen ausgerüstet ist und der Versuchung widerstehen kann, wartet also einfach auf das separate Erscheinen von Morbheg-Rittern und Kriegsbuch.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Spieler*innen-Anzahl: 2
  • Alter: ab 12
  • Preis: 155 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, KuTaMi

 

Fazit

Zunächst: An dem Armeeset ist nichts verkehrt. Abgesehen von dem Varghulf-Höfling sind alle der enthaltenen Modelle nagelneu und passen in jede Sammlung von alten Hasen. Zudem bietet das Armeeset auch für Neueinsteiger*innen eine solide Auswahl an Truppen und ist daher auf jeden Fall zu empfehlen.

Was mir persönlich recht sauer aufstößt, ist der Umstand, dass das Armeeset wieder einmal die einzige Möglichkeit ist, in den ersten Wochen des „Relaunches“ sowohl an die neuen Einheiten als auch an die vollständigen Regeln zu kommen. Gerade für Turniergänger*innen, die nicht ein bis zwei Monate warten können, ist das ein sehr trauriger Umstand.

Ansonsten macht das Set viel Freude. Die neuen Figuren sind gut gelungen, die Hintergrundgeschichte lässt es mir eiskalt den Rücken herunterlaufen (auf die gute Weise) und die Regeln finde ich persönlich stimmig, auch wenn das Verwalten der Edlen Taten etwas nerven kann.

  • Wunderschöne neue Einheiten
  • Gut brauchbare Komposition von Modellen
  • Nützliches Paket mit vielen Extras

 

  • Zunächst einzige Möglichkeit, an Kriegsbuch und Modelle zu kommen
  • Preis diskutabel

 

Artikelbilder: © Games Workshop
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Maximilian Düngen
Fotografien: Geoffrey Förste
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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