Rezension: Paris: New Eden – Überlebende füttern im postapokalyptischen Paris

Paris ist untergegangen, die Natur hat sich das Zentrum der europäischen Kultur zurückgeholt und in einen Dschungel verwandelt. Einige wenige Überlebende machen sich daran, in Zufluchten neue Existenzen aufzubauen. Wer schafft es, seine Zuflucht möglichst attraktiv zu entwickeln, viele Überlebende anzuziehen und zu versorgen?

In der großen Box von Paris: New Eden steckt im Grunde ein Würfelspiel in hübscher Aufmachung mit Spielbrett auf dem fünf Aktionsfelder und einige Karten Platz finden. Mithilfe der Würfel und Aktionen werden Überlebende für den Aufbau der eigenen Zuflucht angeworben, Ausrüstung und Essen gesammelt, sowie Missionen und Ereignisse bearbeitet. Wer am geschicktesten Überlebende angeworben hat, um sich Mehrheiten zu sichern, darf dazu noch die meisten oder besten Gebäude in seine Zuflucht bauen, was den Kern des Spiels ausmacht. Aber wie läuft Paris: New Eden genau ab?

Spielablauf

Abhängig von der Spielerzahl (2 bis 4) wird eine bestimmte Anzahl Würfel je Aktionsfeld gewürfelt und auf diesem platziert. Die Würfel zeigen sechs verschiedene Köpfe, die unterschiedliche Typen an Überlebenden repräsentieren (Bastler, Schläger, Heiler, Gelehrte, Farmer und Joker). Reihum nimmt nun jeder Spieler einen dieser Würfel in seine Zuflucht und führt zusätzlich die Aktion des Feldes aus, von dem der Würfel genommen wurde. Das wird solange wiederholt, bis keine Würfel mehr zur Verfügung stehen, dann endet die aktuelle Jahreszeit. Nach der vierten Jahreszeit, dem Winter, endet das Spiel. Aber schauen wir uns zunächst die unterschiedlichen Aktionsfelder an:

• Wer mehr Orientierung im Spiel sucht, kann die Brücke nutzen, um aus drei zufällig gezogenen Missionskarten eine auszusuchen und zu behalten. Zu Beginn des Spiels erhält jeder Spieler auch drei Missionskarten und behält eine.
• Über den Bahnhof werden direkt neue Überlebende für die Zuflucht gesammelt. Pro Jahreszeit liegen sechs (drei im Spiel zu zweit) zufällig gezogene Überlebende aus, von denen einer ausgewählt werden muss.
• Im Restaurant erhält der Spieler einen Essensmarker, der zur Ernährung der Überlebenden verwendet werden kann.
• In der Innenstadt kann Spezialausrüstung gesammelt werden. Von den zufällig ausliegenden drei Gegenständen dienen Patronen, Medizin und Bücher dazu, eigene Schläger, Heiler und Gelehrte auszurüsten, um die Ereignisse am jeweiligen Jahreszeitende erfolgreich zu überstehen. Darüber hinaus stehen in jeder Jahreszeit ein Fernglas, um Startspieler zu werden und ein Baseballschläger, der in der späteren Versteigerung der Gebäude Gleichstände bricht, zur Verfügung.
• Zu guter Letzt bleibt der Eifelturm, an dem das Ereignis am Ende der Jahreszeit beeinflusst werden kann. Zu Beginn der Jahreszeit liegen drei Ereignisse aus und bei jedem Besuch des Turms kann eines davon umgedreht werden. Das letzte offen liegende tritt zu Ende der Jahreszeit ein. Wer den Turm in jeder Jahreszeit zuerst besucht, erhält noch eine Heldin, die für das kommende Ereignis als Joker benutzt werden kann.

Über das Aktionsfeld Brücke können zusätzliche Mission aufgenommen werden.

Am Bahnhof kommen neue Überlebende an, die in Plättchenform in die eigene Zuflucht aufgenommen werden können.

Im Restaurant gibt es Essen in Dosen zu finden. Damit kann die Ernährung der Zuflucht sichergestellt werden, was am Ende der Jahreszeit Siegpunkte bringt.

Um die eigenen Überlebenden auszurüsten, geht es per Aktionsfeld in die Innenstadt. Neben der normalen Ausrüstung (Munition, Medizin, Bücher) können hier auch Fernglas und Baseballschläger für Sondereffekte eingesammelt werden.

Am schönen Eifelturm kann Einfluss genommen werden, welches Ereignis am Ende der Jahreszeit für Punkte überwunden werden muss. Wer die Aktion als erstes nutzt, bekommt dazu eine Heldin, die sich für die Jahreszeit dem Spieler anschließt.

Special Token – Die großen Marker repräsentieren die Heldin, das Fernglas und den Baseballschläger und passen in die Aussparungen der Spielertableaus.

Abhängig von der Spielerzahl endet jede Jahreszeit nach einer unterschiedlichen Anzahl Würfel und Aktionen pro Spieler: sieben Würfel bei zwei Spielern, sechs bei drei und fünf bei vier. Anschließend wird die Gebäudeauslage versteigert. Jeder Spieler nennt (in Reihenfolge ab dem Spieler, der das Fernrohr aus der Innenstadt bekommen hat) die Anzahl Überlebende auf Würfeln und Markern (aus dem Bahnhof), die er in dem passenden Typ gesammelt hat. Joker (auf Würfeln oder Markern) können in einer Farbe nach Wahl des Spielers einmalig genutzt werden, in der er bereits mindestens einen Überlebenden hat.

Die Gebäude werden in der Reihenfolge Bastler, Schläger, Heiler, Gelehrte und Farmer versteigert. Der Spieler mit dem höchsten Wert (Gleichstände gehen an den Spieler mit dem Baseballschläger) darf zuerst ein ausliegendes Gebäude des Typs wählen, dann der Spieler mit dem zweihöchsten Wert und so fort. Mindestens ein Spieler geht dabei immer leer aus. Nach der Versteigerung werden die Würfel zurückgelegt und die Marker aus dem Bahnhof als zusätzliche Überlebende ziehen in die eigene Zuflucht ein.

Alle Gebäudetypen bringen in der Regel neue Überlebende für die Zuflucht des ersteigernden Spielers. Bastler-Gebäude haben meist noch eine Zusatzfähigkeit und Farmer-Gebäude helfen bei der Ernährung der Überlebenden. Die restlichen drei Gebäudetypen bringen Überlebende und Ausrüstungsgegenstände in den drei Varianten (Schläger/Munition, Heiler/Medizin, Gelehrte/Bücher), die für die Ereignisse benötigt werden.

Anschließend wird das letzte noch offen liegende Ereignis ausgeführt. Jeder Spieler, der die benötigte Anzahl an Überlebenden mit passender Ausrüstung in seiner Zuflucht hat, erhält die auf dem Ereignis angegebene Anzahl Punkte.

Bevor die nächste Jahreszeit anbricht, werden die Überlebenden in jeder Zuflucht durchgezählt und entsprechend in der Bevölkerungstabelle für jeden Spieler markiert. Aus dieser Tabelle wird dann abgelesen, wie viele Farmer jeder Spieler benötigt, um seine Überlebenden zu versorgen. Schafft er es, für ausreichend Nahrung zu sorgen, erhält der Spieler die angegebene Anzahl Punkte.

Fehlende Farmer können durch Ablegen von gesammelten Nahrungsmarkern (über das Restaurant oder Gebäude) ersetzt werden.

Für die nächste Jahreszeit werden die Würfel auf den Aktionsfeldern neu gewürfelt, neue Ausrüstungen und Überlebende-Marker sowie Gebäude und Ereignisse ausgelegt. Am Ende der vierten Jahreszeit endet das Spiel und der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt.

Neben den bis dahin in den vier Jahreszeiten erspielten Punkten werden noch die verdeckt gehaltenen Missionskarten der Spieler ausgewertet. Für diese müssen in verschiedenen Bereichen wie beispielsweise Überlebende oder Ausrüstung entweder eine bestimmte Anzahl oder die meisten bzw. wenigsten Einheiten gesammelt werden.

Je nach Schwierigkeit sind durch diese Missionen zusätzlich zwei, vier oder sechs Punkte zu erreichen. Zuletzt bekommt der Spieler mit dem Fernglas noch zwei Siegpunkte. Bei Gleichstand entscheidet die Anzahl Überlebende in der eigenen Zuflucht über den Sieger des Spiels.

Ausstattung

Paris: New Eden macht einen guten Eindruck auf dem Spieltisch. Die Grafik ist ansprechend gestaltet. Das Spielmaterial umfasst hauptsächlich Karten (Missionen und Gebäude), Pappmarker (Überlebende, Ausrüstung, Nahrung), Würfel (Überlebende) und Holzmarker (Spielermarker für Punkte und Überlebende) und ist insgesamt von guter Qualität. Die Farbwahl hätte sowohl bei den Spielermarkern ansprechender als auch besser abgestimmt ausfallen können, wenn ein Zusammenhang im Spiel besteht: Überlebende auf den Würfeln passen farblich nicht zu den Rückseiten der Überlenden-Marker der gleichen Farbe und den zugeordneten Gebäudekarten.

Die harten Fakten:

• Verlag: Matagot
• Autor(en): Florian Grenier, Ludovic Maublanc
• Erscheinungsjahr: 2019
• Sprache: Englisch, Französisch
• Spieldauer: 45 Minuten
• Spieleranzahl: 2 3 4
• Preis: ca. 50 EUR
• Bezugsquelle: Fachhandel oder Matagot Shop

Bonus/Downloadcontent

Das Spiel war auf der SPIEL 2019 in Französisch oder Englisch zu bekommen. Eine deutsche Version soll zeitnah folgen. Bislang sind die Regeln auf der Homepage von Matagot noch nicht verfügbar. Nach der Veröffentlichung im Handel wird sich dies sicher ändern.

Fazit

Paris: New Eden dreht sich zentral um die Beschaffung der Mehrheiten für die Versteigerung der Gebäude in jeder Jahreszeit. Zwar können Siegpunkte über Ereignisse, Missionen und Ernährung der Überlebenden erzielt werden, für alle dieser Wege sind die benötigten Mittel aber hauptsächlich über Gebäude zu besorgen. Der erste Blick fällt in jeder Jahreszeit also immer zunächst auf die am wenigsten verfügbaren Überlebenden-Typen, was auch die Rolle des Startspielers sehr wichtig erscheinen lässt. Durch das Thema und die Aufmachung hatte ich mir vor der SPIEL 2019 etwas mehr von Paris: New Eden versprochen, das Thema ist jedoch leider nicht wirklich präsent.

Kurze Regeln (vier Seiten) sind natürlich einladend, jedoch wird auch hier die Chance verpasst, die Spielmechaniken etwas tiefer in Thema und Optik des Spiels einzubinden. Wer das Erspielen von Mehrheiten und Optimieren von Aktionen mag und auch vor etwas Glück nicht zurückschreckt, wird jedoch Spaß mit Paris: New Eden haben. Vor allem die realistisch angegebene Spiellänge von 45 Minuten verspricht häufige Gelegenheiten, das Spiel auf den Tisch zu bekommen.

Mit Tendenz nach Oben

Artikelbild: © Matagot
Fotografien: Niko Kwekkeboom
Dieses Produkt kostenlos zur Verfügung gestellt.