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Jeff Lemire überzeugt seit Erscheinen seiner Superhelden-Hommage Black Hammer konstant mit grandiosen Geschichten. Die Hauptreihe kommt nun mit dem zweiten Band von Age of Doom zu ihrem Ende. Wie präsentiert sich der Abschluss der Geschichte, die 2018 zu den besten Graphic Novels im deutschsprachigen Raum zählte?

Das Black Hammer-Universum von Jeff Lemire hat sich in den letzten Jahren als eine charmante Hommage an klassische Superheldencomics etabliert. Die Geschichten begeistern mit interessanten Charakteren, sympathischen Anspielungen und emotionalen Handlungen. Die Hauptreihe begleitet eine Gruppe von (ehemaligen) Superhelden auf einer seltsamen Farm. Auf dieser ist das Ensemble nach einem dramatischen Kampf gegen einen galaktischen Bösewicht gelandet. Leider scheint eine Flucht unmöglich: Der letzte Versuch hat das Leben des größten Helden des Teams, Black Hammer, gekostet. Doch allmählich kommt es zu immer mehr merkwürdigen Ereignissen. Eines von diesen ist das Erscheinen von Black Hammers Tochter, die im dritten Band der Reihe Age of Doom Buch 1 wichtige Entdeckungen macht.

Erweitert wird das Superhelden-Universum durch Ableger, die sich auf Nebencharaktere der Hauptreihe oder eigenständige Handlungsstränge fokussieren. Den meisten Eindruck von diesen Bänden konnte Black Hammer: Doctor Star & das Reich der verlorenen Hoffnung hinterlassen. In dieser Graphic Novel folgt der Leser Jim Robinson, der sich mit der Erforschung der mysteriösen Para-Zone beschäftigt, um ihre Energie zu gewinnen. Als ihm dies gelingt ändert sich sein Leben, und aus Jim Robinson wird der Superheld Doctor Star. In einer unglaublich emotionalen Geschichte wird man Zeuge, wie hoch die Kosten für ein Dasein als Superheld sein können.

Black Hammer liefert somit das perfekte Lesevergnügen für Freunde von Superheldengeschichten, tiefgehenden Charakteren und emotionalen Handlungen. Mit Age of Doom Buch 2 findet zumindest die Hauptreihe vorerst ihr Ende.

Handlung & Charaktere

Eine Warnung vorweg: Diese Rezension enthält Spoiler für die bereits erschienenen Bände der Hauptgeschichte.

Über die Enthüllung

Nach der Enthüllung des Vorgängers sind die Helden auf dem Weg aus der Para-Zone zurück in die reale Welt. Allerdings lässt Ärger nicht lange auf sich warten. Colonel Weird findet sich plötzlich alleine in seinem Raumschiff in einer seltsamen Welt wieder. Keine Spur von seinen Kameraden oder was mit ihnen passiert ist. Im Zuge seiner Nachforschungen kommt er zu einer schockierenden Erkenntnis: Anti-Gott steht kurz vor seiner Rückkehr, die das Ende allen Lebens im Universum bedeuten würde. Der Schlüssel seiner Niederlage scheint abermals die Gruppe der Helden von der Farm zu sein, mit Lucy als neuem Black Hammer im Zentrum des Geschehens.

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Black Hammer Bd. 4: Age of Doom Buch 2 lebt von einer Vielzahl an Enthüllungen. Aus diesem Grund wird das Besprechen von Details der Handlung im weiteren Verlauf vermieden.

Die ersten beiden Kapitel folgen exklusiv Colonel Weird und einer Riege neuer Charaktere. Auf den ersten Blick mag das Einführen neuer Figuren bei einem Abschlussband seltsam wirken. Doch Lemire hat es geschafft, diese scheinbar eigenständigen Kapitel perfekt mit der Haupthandlung zu kombinieren. Mehr noch: Er schafft es, ein Meta-Level einzuführen, das nicht nur stimmig wirkt, sondern die Bedeutung der erzählten Geschichte über die letzten Bände nochmals verdeutlicht. Dem Leser wird bewusst vor Augen geführt, was die Faszination von Black Hammer ausmacht: Nicht die Action, der Humor oder die Hommage an das goldene Comiczeitalter, sondern die Charaktere.

Deswegen ist es auch angemessen, dass sich dieser Abschlussband auf dem Weg zum Finale viel Zeit nimmt, seine Charaktere in den Vordergrund zu rücken. Im Fokus steht Black Hammer, die im Laufe der Handlung als Ankerpunkt für die gesamte Heldentruppe agiert. Doch Lemire widmet jedem Protagonisten einen angemessenen Anteil dieses Bandes, sodass ihre Persönlichkeiten im Rampenlicht stehen können. Mir hat die Entwicklung der Geschichte um Barbalien in Black Hammer Bd. 4: Age of Doom Buch 2 am besten gefallen, da Lemire gekonnt die Probleme von Minderheiten in eine dramatische Geschichte einbauen konnte.

Ist dieser vierte Band ein perfekter Abschluss? Leider nicht ganz. Auf den letzten Metern hat man den Eindruck, dass Lemire die Erzählung schnell zu Ende bringen wollte. Während die Vorgänger sorgfältig auf jede Enthüllung hingearbeitet haben und jede Wendung im Nachhinein logisch erschien, entdeckt der aufmerksame Leser in diesem Band Logiklücken beziehungsweise glückliche Zufälle. Gerade auf dem Weg zum großen Finale erfolgen einige Wendungen quasi aus dem Nichts. Die Geschichte findet damit zwar kein unpassendes Ende, doch der sorgfältige Erzählstil der Vorgänger bekommt letzte Schönheitsfehler.

Zeichnungen & Kolorierung

Zeichner Dean Ormstoms Talent ist bereits seit dem ersten Band über sämtliche Zweifel erhaben. Black Hammer Bd. 4: Age of Doom Buch 2 ist dabei keine Ausnahme. Die Szenen sprühen vor nostalgischem Flair und Emotionalität. Ormston ermöglicht es dem Leser, die Gefühlswelt von Lemires Charakteren auf den Seiten mitzuerleben. Besonders stark gelungen ist es ihm bei Madame Dragonfly, die in den letzten Abschnitten des Bandes ihre Glanzmomente hat.

Eine besondere Erwähnung verdienen die ersten beiden Kapitel. Im Gegensatz zum Rest des Bandes werden diese von Rich Tommaso gezeichnet, der einen komplett anderen Stil aufweist. Die Zeichnungen gehen in die Richtung von Underground-Art und bilden mit ihren grellen Farben einen starken Kontrast zu Ormstons Stil. Normalerweise empfinde ich einen solchen Wechsel als störend und werde aus dem Lesefluss gerissen. A

llerdings passt der geänderte Zeichenstil perfekt zur Handlung in diesen beiden Kapiteln, die indirekt sogar eine Argumentation für die unterschiedlich wirkende Szenerie liefert. Das Team verdient großen Respekt für diese Leistung, einen solchen Bruch in der Kontinuität stimmungsvoll einzubauen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Cross Cult
  • Autor: Jeff Lemire
  • Zeichner: Dean Ormstom, Rich Tommaso
  • Sprache: Deutsch
  • Seitenanzahl: 192
  • Preis: 24,00 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Black Hammer Bd. 4: Age of Doom Buch 2 ist ein würdiger Abschluss mit kleinen Makeln. Der Band startet überaus stark mit zwei Kapiteln, durch die die gesamte Faszination der Serie nochmals vermittelt werden kann. Lemire erreicht in diesen Abschnitten zudem eine Steigerung des Meta-Levels, die man von Black Hammer nicht mehr erwartet hätte. Der Rest des Bandes legt den Fokus auf die stärksten Aspekte der Superhelden-Hommage: Die Charaktere. Leider hat man das Gefühl, dass auf der Zielgeraden Jeff Lemire die Geduld ausging. Die Handlung weist auf den letzten Metern einige Logikfehler und glückliche Zufälle auf, die nicht in das Gesamtbild der Serie passen.

Dennoch kann ich die gesamte Reihe Black Hammer bedingungslos empfehlen. Nicht nur Handlung und Charaktere faszinieren, sondern auch der nostalgisch angehauchte Zeichenstil. Ergänzt wird dieser in Age of Doom Buch 2 mit einem Gastauftritt von Rich Tommaso und einem charmanten Underground-Stil in den ersten beiden Kapiteln.

Wer sich nun Sorgen darum macht, in Zukunft keine Geschichten aus dem Black Hammer – Universum mehr lesen zu können: Dafür gibt es keinen Anlass. Splitter hat bereits zwei weitere Spin-Offs für dieses Jahr angekündigt. Black Hammer 45 begleitet das Black-Hammer-Schwadron im zweiten Weltkrieg, während Black Hammer: Skulldigger & Skeleton Boy zwei düstere Verbrechenskämpfer in das Universum einführt.

Mit Tendenz nach Oben

Artikelbild: Splitter
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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