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Das Nintendo Switch Online-Abonnement liefert neben Online-Features nicht nur einen NES-Emulator – auch ein SNES-Emulator ist mit an Bord. Wie gut ist die Spieleauswahl und wie ist das Spielerlebnis im Vergleich zu den NES-Titeln? Wie viel Fortschritt hat in den sieben Jahren zwischen den Konsolen stattgefunden?

Doppelt so viele Knöpfe am Controller, ein runderes, moderneres Design, kleinere Spielkassetten – der Unterschied zwischen dem Nintendo Entertainment System (NES) und dem Super Nintendo Entertainment System (SNES) ist bereits an der Oberfläche zu erkennen. Schaltet man ein Spiel ein, so sieht man, dass es auch im Innern einige Weiterentwicklung gegeben hat: mehr Farben, besserer Sound und ein viel flüssigeres Spielerlebnis.

Was heute veraltet aussieht, war vor 30 Jahren modern. © Depositphotos | manuel.zanoni

Mit technischem Fortschritt ergeben sich auch neue Möglichkeiten für die Spielentwicklung. In unserem NEStalgie-Artikel berichteten wir bereits zu den NES-Spielen im Nintendo Switch Online-Abonnement. Die Auseinandersetzung mit den in die Jahre gekommenen Spielen lehrte uns Dankbarkeit für die immense Weiterentwicklung, die in der Spielindustrie stattgefunden hat. Spieler*innenführung, Navigationshilfen und Tutorials waren damals leider noch nicht selbstverständlich. Aber wie viel Spaß macht denn nun die Vorauswahl an SNES-Titeln und ist von besagtem Fortschritt bereits etwas zu spüren? Wir haben für euch einen Blick auf das Inklusiv-Angebot geworfen.

Weniger Müll – weniger Schätze

Schnell fällt auf, dass im SNES-Emulator nicht so viele Titel dabei sind wie im NES-Emulator. Selbst wenn man die 15 Sondereditionen abzieht, die bereits einigen Spielfortschritt einprogrammiert haben, bleiben im NES-Angebot 56 Titel. Die Auswahl an SNES-Spielen umfasst hingegen derzeit 42 Spiele.

Auf der anderen Seite ist im NES-Angebot auch einiges an Schund dabei, der keine weitere Beachtung verdient hätte – da ist man mitunter mit free-to-play Spielen aus dem Nintendo eShop besser beraten. Der Anteil von Titeln von solch fragwürdiger Qualität ist im SNES-Emulator deutlich geringer. Dafür gibt es allerdings auch nicht so viele unerwartet gute Spiele. Beim Durchstöbern des NES-Emulators sind wir über einige Games gestolpert, die uns positiv überrascht haben. So ist beispielsweise der einfallslos klingende Titel Blaster Master (Sunsoft) in Erinnerung geblieben, der durch kreatives Design und ein gutes Spielerlebnis unerwartet viel Spaß macht. Bei den SNES-Spielen lässt sich hingegen recht leicht vom Spielcover auf den Inhalt schließen. Was aussieht wie eine Ente und quakt wie eine Ente … ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein ziemlich trashiges Spiel. Einzig Demon’s Crest (Capcom) hat uns trotz des kitschigen Covers und des unvermittelten Spielbeginns nach kurzer Zeit gezeigt, dass es auch hier Ausnahmen gibt.

Hat man einmal das Ins-Spiel-geworfen-Werden überstanden, macht der Rest unerwartet viel Spaß. © Capcom

Die wahren Klassiker

So nett die übrigen Spiele sein mögen, gibt es doch letztlich eine Handvoll guter Gründe, den SNES-Emulator zu starten; die Titel, die das innere Kind erwecken, das sonntags vor den Eltern aufgewacht ist, um in den frühen Morgenstunden bereits SNES zu spielen. Wir sprechen natürlich von den Spielen der Franchises Super Mario (Nintendo), Donkey Kong (Rare) und The Legend of Zelda (Nintendo) – den Klassikern eben. Praktisch jedes davon kann getrost eingeschaltet werden und verspricht eine gute Zeit. In diesem Abschnitt gehen wir genauer auf die einzelnen Titel ein.

Bei The Lost Levels muss man des Öfteren umdenken, um ans Ziel zu gelangen. © Nintendo

Dank der Klassiker-Sammlung Super Mario All-Stars ist die Auswahl an Super Mario-Games besonders groß. Darin enthalten sind Super Mario Bros. sowie die Fortsetzung, die außerhalb Japans als Super Mario Bros.: The Lost Levels vermarktet wurde. Beides sind solide Spiele – Teil zwei mutet dabei wesentlich experimenteller an als der erste und hat einen höheren Schwierigkeitsgrad. Das zeigt sich auch in dem gelegentlichen Mittelfinger an die Spielenden: An manchen Stellen wird man unvermittelt und unwiderruflich wieder an den Anfang des Spiels befördert. In solchen Fällen haben wir gerne Gebrauch von der Zurückspul-Funktion des Emulators gemacht.

Der Charme von Super Mario Bros. 2 liegt in der Abweichung von der Standardformel: Hier werden Monster nicht durch Draufhüpfen besiegt. Stattdessen können diese aufgehoben und geworfen werden – so wie viele andere Elemente der Umgebung. Außerdem sind Level nicht zeitlich begrenzt. Die grafische Ästhetik und die magischen Türen, hinter denen sich unter anderem Power-Ups verbergen, verleihen der Welt eine ganz eigene, geheimnisvolle Note. Darüber hinaus können erstmals Prinzessin Peach und Toad gespielt werden.

Jeder Charakter hat einen Vorteil – Peach kann eine Zeit lang schweben. © Nintendo
Super Mario Bros. 3 wartet mit kreativen Neuerungen auf und sieht auf dem SNES einfach fantastisch aus. © Nintendo

Super Mario Bros. 3 ist der erste Teil mit einer Oberwelt, die zur Navigation zwischen den Leveln benutzt wird und mit ganz eigenen Entdeckungsmöglichkeiten aufwartet. Die unterschiedlichen Welten sowie zahlreichen Kostüme und Power-Ups haben einen ganz eigenen Charme, der auch beim vierten Durchspielen immer wieder Spaß macht. Einige Elemente wie die Pilz-Häuser und der Tanuki-Suit haben offenbar so gut funktioniert, dass sie in neueren Titeln wie New Super Mario Bros. und Super Mario 3D World wiederverwendet wurden.

Die Welt von Super Mario World strotzt nur so vor alternativen Wegen und Geheimnissen. © Nintendo

In Super Mario World hat nicht nur Yoshi sein Plattformer-Debüt, in den Levels sind auch erstmals Blöcke verteilt, die kurze Tutorials und Tipps zur Steuerung liefern. Das Spiel hat ein einzigartig kreatives Weltdesign mit unzähligen Geheimnissen – seien es Geheimwege, Zusatzlevel oder ganz eigene Welten – und lässt den Spielenden viele Freiheiten, das Spiel in ihrem eigenen Stil zu spielen. Bereits durchgespielte Level können beispielsweise mit einem Druck auf Start und Select, beziehungsweise + und – wieder verlassen werden. So können etwa am Anfang eines Levels Power-Ups besorgt werden, um sie in einem anderen anzuwenden.

In Super Mario World 2: Yoshi’s Island spielen wir Yoshi, der Mario als Baby in Sicherheit bringen muss. Dieser Teil unterscheidet sich in vielen Punkten von anderen des Franchise: Nicht nur ist er besonders bunt und verspielt sowie wahnwitzig kreativ gestaltet, die Steuerung ist auch zugänglicher und erfordert weniger simultane Knopfdrücke.

Yoshi kann Eier sammeln und diese schießen, um Fragezeichen-Wolken zu aktivieren, die besondere Effekte haben. © Nintendo

Die einzige qualitative Ausnahme der Super Mario-Spiele stellt Super Mario Kart dar. Wer bereits einen moderneren Teil der Reihe gespielt hat, sollte unbedingt die Finger davon lassen. Die Grafik ist leider alles andere als gelungen. Die Bewegung der einzelnen Pixel kann beim Fahren äußerst unangenehm für die Augen sein, darüber hinaus ist die Steuerung sehr schwergängig geraten. Wer noch keinen neueren Teil von Super Mario Kart gespielt hat, könnte hiermit ein bisschen Spaß haben, doch alle anderen sollten sich den Schmerz ersparen, auch wenn es zu zweit spielbar ist. Ein wesentlich besseres Rennspiel ist F-Zero (Nintendo), das zwar weniger verspielt und dessen Grafik sehr reduziert ist, das dafür aber umso flüssiger läuft und nicht so unangenehm für die Augen ist.

Im Standbild wird leider nicht so deutlich, wie irritierend die Bewegung der Pixel ist. © Nintendo
An manchen Stellen kommen wir erst weiter, wenn wir ein Upgrade für unser Boot bekommen haben. © Rare

Im Vergleich zu den Super Mario-Spielen sind die Teile von Donkey Kong Country zwar nicht ganz so vielfältig und abwechslungsreich, aber dennoch sehr gute Spiele. In Teil zwei können wir erstmals Dixie Kong spielen, deren Haare wie ein Propeller fungieren und mit denen sie durch die Luft schweben kann, was den Schwierigkeitsgrad ein bisschen nach unten drückt. Teil drei verfügt darüber hinaus über ein spannenderes Oberwelt-Konzept, bei dem wir mit einem Boot über Gewässer navigieren.

Mit A Link to the Past haben wir das erste The Legend of Zelda-Spiel in der Auswahl an Retro-Games, das wirklich gut gelungen ist. Erstmals verfügt das Spiel nicht nur über eine Weltkarte, anhand derer man die Ziele erkennen kann, sondern auch einen erträglichen Schwierigkeitsgrad. Anders als bei den Vorgängern wissen wir stets, wo es langgeht und wenn die Herzen mal knapp werden, schlagen wir uns einfach durch die Gräser, bis wir unsere Lebenspunkte wiederhaben.

In A Link to the Past wissen wir dank der Weltkarte endlich, wo es in der offenen Welt langgeht. © Nintendo

(Koop-)Arcade ist so 1983

Einen guten Teil der NES-Auswahl machen die Arcade-Games aus, von denen einige nicht nur richtig Spaß machen, sondern viele auch zu zweit spielbar sind. Dieser Trend scheint jedoch zu Beginn der Neunziger sein Ende gefunden zu haben – zumindest ist in der Auswahl an SNES-Spielen davon nichts mehr zu sehen.

Der nichtssagende schwarze Blob als Charakter für Mitspielende wirkt in dem niedlichen Spiel etwas fehl am Platz. © HAL Laboratory

Das eine oder andere Multiplayer-Game gibt es jedoch auch in der Auswahl an SNES-Spielen. Das Shoot ‚em Up Pop’n TwinBee (Konami) macht dank seiner niedlichen, farbenfrohen Grafik auch Spaß, wenn man kein Fan des Genres ist. Und auch der Steinzeit-Plattformer Joe & Mac 2: Lost in the Tropics (Data East) lässt sich kooperativ zu zweit spielen. Etwas spannender ist da jedoch Kirby’s Dreamland 3 (HAL-Laboratory), bei dem Kirby von einem schwarzen Blob begleitet wird. Dieser kann mit einem zweiten Controller gesteuert werden.

Die malerische Grafik ist zwar sehr hübsch, aber das Spielgeschehen wirkt im Allgemeinen etwas statisch, unter anderem weil die Power-Ups sich nicht in hübschen Kostümen äußern und das Tempo des Spiels sehr niedrig ist. Das ist in Kirby Superstar (HAL-Laboratory) anders, einer Spielesammlung, die etwas aufregender daherkommt und (in Teilen) ebenfalls zu zweit gespielt werden kann.

In Kirby Superstar kommt der Charakter der Monsterfähigkeiten besser zur Geltung. © HAL Laboratory

Die oben genannten Spiele der Franchises Donkey Kong Country und Super Mario können zwar ebenfalls zu zweit gespielt werden (im Fall von Super Mario nur teilweise), allerdings immer nur abwechselnd. Bei Donkey Kong Country sind die Spielenden je an einen Charakter gebunden. Ist von ihnen einer gestorben, muss der andere weitermachen. Dafür kann auch mitten im Level getauscht werden. Bei den Super Mario-Spielen hingegen müssen ganze Level allein bestritten werden. Für eine vollständigere Koop-Erfahrung mit moderneren Titeln findet ihr Anregungen in unserem Artikel zu Koop-Spielen. Darüber hinaus sind alle, die gerne zu zweit spielen, sehr gut mit It Takes Two beraten, zu dem wir auch einen Spieltest haben.

Fazit: Wenig Überraschend

Während wir bei der Auswahl an NES-Titeln stets zwischen Naserümpfen und Staunen pendelten, erlebten wir bei Betrachtung der SNES-Games kaum Überraschungen – weder positive noch negative. Spiele, die wir damals schon gut fanden, sind auch heute noch gut, wenn auch etwas in die Jahre gekommen. Die übrigen sind ganz nett oder schnell als Ramsch zu erkennen.

Die Vorauswahl ist alles andere als vollständig – es gibt zahlreiche hervorragende Spiele der Zeit, die es nicht in das Angebot geschafft haben. Da kommen neben dem einen oder anderen Teil von Mega Man (Capcom) und Final Fantasy (Square Enix) noch gute Rollenspiele wie Earthbound (Ape, HAL Laboratory) und Chrono Trigger (Square Enix) in den Sinn. Aber die Auswahl wird auch laufend erweitert, daher bleibt zu hoffen, dass die eigenen Lieblingsspiele der Zeit es vielleicht doch noch in den Emulator schaffen. Bis dahin gibt es eine solide Auswahl und eine Menge Spaß zu finden. Und wer weiß – vielleicht wird das Angebot irgendwann noch um einen Game Boy– oder gar einen N64-Emulator ergänzt? Bis es soweit ist, spielen wir jedenfalls zum siebzehnten Mal Super Mario World, Super Mario Bros. 2 und Donkey Kong Country 3.

 

Artikelbilder: © Nintendo
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Maximilian Düngen

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