Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

Emma Törzs Debütroman Ink Blood Mirror Magic handelt von der Familie Kalotay und ihrer Sammlung magischer Bücher. Nachdem der Vater bei dem Versuch, Magie zu wirken, stirbt, versucht seine Tochter Joanna herauszufinden, warum. Ihre Halbschwester Esther wird in die Suche hineingezogen und gemeinsam müssen sie gegen einen gefährlichen Feind kämpfen.

Seit Jahren lebt Joanna ein abgeschottetes Leben in einem Haus, das durch Zauber von der Umwelt abgeschottet ist. Im Keller des Hauses bewahrt sie eine Bibliothek voller magischer Bücher vor ihrem Verfall. Einsam fristet sie ihr Dasein und hängt Erinnerungen an ein gemeinsames Familienleben mit ihrer Halbschwester und ihren Eltern nach. Doch nach dem plötzlichen Weggang ihrer Halbschwester, einem Zerwürfnis ihrer Eltern und letztlich dem unerklärlichen Tod ihres Vaters verbleibt Joanna alleine in einem riesigen Haus voller magischer Bücher, aber ohne Antworten. Gleichzeitig zieht ihre Halbschwester Esther von Jahr zu Jahr weiter, stets auf der Flucht vor etwas Unbekanntem, ohne sich Joanna jemals erklärt zu haben. Als sie erstmals länger an einem Ort verbleibt, überschlagen sich die Ereignisse auch für Joanna in ihrem Haus fernab der Gesellschaft.

Triggerwarnungen

Gewalt (Entführungsthematiken, psychische Gewalt), Body Horror (Verstümmelung, Selbstverletzung, Blut)

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Story

Emma Törzs erzählt ihre Geschichte aus drei verschiedenen Blickwinkeln. Sie nutzt dazu die Sicht dreier junger Erwachsener, die sie zunächst in ihrem Alltag vorstellt, ehe es ans Eingemachte geht. Auch wenn Törzs mit magischen Büchern ein interessantes Magiesystem einbringt, ist Dreh und Angelpunkt der Geschichte die Beziehung der Charaktere zueinander als auch deren jeweilige Familienbande.

Da wäre zunächst Joanna, die allein im Haus ihrer Familie in Vermont wohnt. Dort wacht sie über die Bibliothek ihres verstorbenen Vaters, einer Sammlung magischer Bücher. Täglich zu einer bestimmten Uhrzeit muss sie die Schutzzauber des Hauses erneuern, die es nicht nur vor unbefugtem Besuch, sondern, anders als die Bibliothek in The Atlas Six, komplett von der Umwelt abschotten. Niemanden lässt Joanna ins Haus, nicht einmal ihre Mutter Cecily, da ihr verstorbener Vater dieser das Betreten des Hauses nach einem Zerwürfnis verboten hatte.

Ihre drei Jahre ältere Halbschwester Esther führt das genau gegenteilige Leben. Zum Unverständnis ihrer Schwester verließ sie zu ihrem 18. Geburtstag das Familienhaus mit seiner Bibliothek und kehrte nie wieder dorthin zurück. Jedes Jahr reist sie weiter in der Weltgeschichte umher. Bis sie in der Antarktis eine ernsthafte Beziehung eingeht und erstmals nicht weiterreisen möchte – entgegen dem, was ihr ihr verstorbener Vater riet. Und prompt geschehen merkwürdige Dinge in ihrer Forschungsstation. Erstmals seit vielen Jahren ist sie wieder in echter Gefahr.

Ganz anders als die beiden Halbschwestern weiß der junge Nicholas Maxwell sehr genau, was es mit den magischen Büchern und all ihren mitunter schrecklichen Fähigkeiten auf sich hat. Denn für die Bibliothek seines Onkels Richard ist er seit Kindestagen als Schreiber tätig. Er kennt sich nicht nur mit Zauberbüchern aus, sondern fertigt selbst neue an. Ganz nach Wunsch der Auftraggebenden entspringen seiner Feder die passenden Worte für einen Zauber, geschrieben mit seinem eigenen Blut. Das ist dem Konto der Bibliothek und damit letztlich dem seines Onkels sehr einträglich, sodass Nicholas nichts anderes als ein wohlhabendes Zuhause kennt. Doch wo es ihm an Geld nicht mangelt, kennt Nicholas etwas anderes nicht: Wahre Freiheit und Unabhängigkeit. Denn sein Blut ist kostbar, sodass er sich stets schonen und von Gefahren fernhalten muss.

Während alle drei jungen Erwachsenen auf die eine oder andere Weise in ihren Leben eingeengt sind, versuchen sie, das Beste daraus zu machen. Doch als Esther erstmals nicht nach einem Jahr weiterzieht, stößt sie eine Kette von Ereignissen an, die alle drei zwingt, auf die Vorkommnisse zu reagieren und das, was sie bisher beschützt hielt als auch einengte, zu hinterfragen. Durch eine unbekannte Hand gelenkt treffen schließlich alle drei zusammen und können gemeinsam jahrzehntealte Geheimnisse um die magischen Bücher, Bibliotheken und ihre eigenen Familien lüften als auch einen gemeinsamen Widersacher erkennen.

Das Hauptaugenmerk der Autorin bei Ink Blood Mirror Magic liegt ganz klar in der Entwicklung der drei Hauptcharaktere als auch ihren jeweiligen familiären oder freundschaftlichen Bindungen. Hier ist auch die große Stärke des Buches zu finden. Denn die Bindungen und Entwicklungen sind komplex und von Geheimnissen wie Gefühlen durchzogen. Nachvollziehbar entwirren die Charaktere die Geheimnisse und arbeiten aktiv an ihren Bindungen. Die Magie der Bücher und die faszinierenden Bibliotheken spielten zwar für den Hauptstrang der Handlung eine gewisse Rolle, sind aber anders als in Der dunkelste aller Zauber genauso gut wegzudenken, stampfte man die Abfolge der Ereignisse stark zusammen. Und da liegt letztlich der Knackpunkt des Buches. So stark und interessant die Bindungen als auch vielen Geheimnisse beschrieben sind, bleiben die Bibliotheken voller magischer Bücher selbst immer nur blass im Hintergrund. Statt tatsächlicher Teil des Alltags zu sein, werden sie nur weggeschlossen und wie der Schatz eines Drachens behütet. Einzig Nicholas Onkel Richard, der aus den Büchern Profit auf mehr als eine Art und Weise zu ziehen scheint, nutzt die Bücher auch im Alltag.

Die Handlung strotzt zu Beginn der Geschichte nur so von Geheimnissen, die nach und nach gelüftet werden. Spannung kommt so bereits von ganz allein auf. Auch die Hauptcharaktere decken im Verlaufe des Romans Ink Blood Mirror Magic immer mehr auf. Langweilig wird es während des Lesens also nicht. Ein Manko bringt das jedoch gleichzeitig mit sich. Die Charaktere, die selbst mit Unwissen starten, können der Handlung stets nur hinterher stolpern. Auch Eigeninitiative lässt sich missen. So zieht eine Hand im Hintergrund die Fäden, was gleichzeitig interessant zu lesen als auch ärgerlich ist, weil von den Hauptcharakteren mehr zu erwarten gewesen wäre als das bloße Befolgen von Anweisungen.

Schreibstil

Der Roman wurde aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Diana Bürgel. Die Übersetzung wirkt perfekt passend zum Inhalt. Die Ausdrucksweise der Autorin erfolgt in einer angenehmen Art und Weise, die sowohl die Umwelt beschreibt als auch das Innere der jeweils handelnden Charaktere. Auch wie diese andere Menschen und deren Reaktionen sowohl lesen als auch interpretieren, ist eindrucksvoll niedergeschrieben. Der Schreibstil erfolgt auf eine Art und Weise, die Lesende vergessen lassen, dass sie gerade ein Buch lesen und nicht mitten in der Handlung stecken.

Die Welt von Ink Blood Mirror Magic entspricht dem modernen 21. Jahrhundert. Im Stile eines typischen Urban Fantasy Buches existiert Magie, ist den meisten Menschen jedoch verborgen. Magische Bücher als auch die Zusammenkünfte darum agieren im Verborgenen, die Gebäude selbst sind durch starke Zauber von der Außenwelt abgeschottet. Emma Törzs lässt dabei auch alltägliche Infrastruktur wie Strom, Wasser oder Internet nicht außen vor. Diese Art der Beschreibung lässt Lesende fast hoffen, gleich im nächsten Buchladen vielleicht auf ein magisches Buch zu treffen.

Die Autorin

Emma Törzs ist eine amerikanische Schriftstellerin. Sie unterrichtet Englisch und Kreatives Schreiben am Macalester College in St. Paul in den USA. Bislang veröffentlichte sie ausschließlich Kurzgeschichten, für die sie unter Anderem 2019 den World Fantasy Award gewann. Ink Blood Mirror Magic ist unter dem Originaltitel Ink Blood Sister Scribe ihr Debütroman. Törzs unterhält eine Homepage.

Erscheinungsbild

Besonders auffällig ist der Titel des Romans. Überraschenderweise entspricht Ink Blood Mirror Magic jedoch nicht dem Originaltitel, der Ink Blood Sister Scribe lautete. Während beide Titel zum Inhalt des Buches passen, geht das Original auf den Schwerpunkt des Werkes und damit das tatsächliche Augenmerk der Autorin ein; die Familienbande der handelnden Charaktere. Dieser Wechsel des Titels, insbesondere da er weiterhin auf Englisch ist, ist nicht nachvollziehbar.

Als Cover des Romans wurde das originale Titelbild verwendet unter Änderung des Titels sowie leichter Anpassung der Schrift. So ist auf dem Original festzustellen, dass die beiden Os des Wortes Blood ineinander verschoben an Eheringe erinnern, während sie in der deutschen Version auseinander stehend wie normale Buchstaben wirken. Diese Veränderung scheint mit der Wahl einer ähnlichen, nicht jedoch gleichen Schriftart des Titels einherzugehen, die das deutsche Deckblatt ordentlicher und aufgeräumter, aber auch wuchtiger wirken lassen als das Original.

Insgesamt wirkt das Titelbild durch die Wahl der Farben Pink, Lila sowie Gelb auffällig. Die Schrift in Verbindung mit der angedeuteten Schreibfeder im Hintergrund deuten Geheimnisse an und verraten bereits auf den ersten Blick, dass es sich um einen Roman aus der Phantastik handelt. Es ist somit, trotz seiner Veränderungen im Vergleich zum amerikanischen Original, gut gewählt.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Piper
  • Autorin: Emma Törzs
  • Erscheinungsdatum: 28.09.2023
  • Sprache: Deutsch (aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Diana Bürgel)
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl: 560
  • ISBN: 978-3492706575
  • Preis: 25,00 EUR (Print) + 19,99 EUR (E-Book)
  • Bezugsquelle Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Ink Blood Mirror Magic von Emma Törzs ist ein Roman, der sich auf die Entwicklung der Hauptcharaktere und ihre familiären Bindungen konzentriert. Der Schreibstil der Autorin ist angenehm und ermöglicht es Lesenden, sich vollständig in die Handlung einzufühlen. Obwohl das Buch ein interessantes Magiesystem mit magischen Büchern einführt und von Bibliotheken voller solcher Werke erzählt, liegt der Fokus eher auf den Beziehungen zwischen den Charakteren und ihren Familienbanden. Die Handlung ist geheimnisvoll und spannend, obwohl die Hauptcharaktere manchmal etwas passiv wirken.

Das Erscheinungsbild des Romans ist auffällig und das Cover gut gewählt, auch wenn nicht nachvollziehbar ist, warum der originale Titel Ink Blood Sister Scribe verändert wurde. Insgesamt ist Ink Blood Mirror Magic eine lesenswerte Geschichte über Geheimnisse und familiäre Bindungen.

  • Interessante Beziehungen
  • Spannende Handlung
  • Auffälliges Cover

 

  • Passive Hauptcharaktere
  • Abwandlung des Originaltitels

 

Artikelbilder: © Piper, © galdzer | depositphotos.com
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Sabrina
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