Geschätzte Lesezeit: 13 Minuten

Aus zahlreichen Filmen und Games wissen wir, dass hinter idyllischer Inselatmosphäre und säbelrasselnden Piratenabenteuern, Abgründiges und Unheimliches lauern kann. Naheliegend also, dass sich auch Fans des düsteren Old-School-Dungeon-Crawlers Mörk Borg des Genres angenommen haben. Mit Pirate Borg ist es möglich, in einer verfluchten Karibik auf Kaperfahrt zu gehen.

Der Old-School-Dungeon-Crawler Mörk Borg hat mit seiner großzügigen Lizenzpolitik bereits einige kreative Köpfe dazu inspiriert, unter der Bezeichnung „compatible with Mörk Borg“ eigene Spielhilfen, Charakterklassen, Abenteuer und vollständige Regelwerke zu veröffentlichen. Diese orientieren sich mal mehr, mal weniger an der Spielwelt des Originalspiels. Da gerade die Mischung des Piraten-Genres mit Horror- und Grusel-Aspekten vielfach erprobt ist, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch auf diesem Gebiet Zusatzmaterial erscheint. Luke Stratton (beziehungsweise Limithron) legt mit Pirate Borg ein eigenständiges Regelwerk vor, dass es möglich macht, mit einer illustren Crew aus verfluchten Freibeuter*innen eine dunkle und von Schrecken geplagte Version der Karibik heimzusuchen. Hier erhaltet ihr einen Überblick über das für Mörk Borg-Verhältnisse sehr umfangreiche Regelwerk.

Triggerwarnungen

Explizite Gewalt, Tod, Drogen

[Einklappen]

Die Spielwelt – Schwarze Wasser und untote Freibeuter*innen

Die Karte der dunklen Karibik
Die Karte der dunklen Karibik

In ihren Grundzügen ist die Spielwelt von Pirate Borg bekannt. Es handelt sich um die Heimat der bekanntesten Piratengeschichten schlechthin: Die Karibik, also die Küsten Mexikos und einiger Länder Südamerikas und vor allem vorgelagerte Inseln wie Kuba, Hispaniola, Jamaika, Puerto Rico und diverse kleinere Inseln. Eine mehr oder weniger maßstabsgetreue Karte findet sich im vorderen Teil des Regelwerks. Da es sich um ein Mörk Borg-Regelwerk handelt, haben wir es natürlich nicht mit paradiesischen Inseln, weißen Sandstränden, Palmen, ein wenig Sklaverei und Mantel-und-Säbel-Freibeuterei zu tun, sondern mit einer verkommenen und abgründigen Version der Karibik. Man denke hier an Fluch der Karibik, nur deutlich düsterer.

Vor einiger Zeit brach die sogenannte Scourge also „Geißel“ oder „Plage“ über die dunkle Karibik herein.

„Haunting screams echoed over sandy beaches, and from the death black waves crawled the undead. Terror spread like wildfire.“

Großbritannien klammert sich an sein Imperium
Großbritannien klammert sich an sein Imperium

Das ehemals gelobte Land der Piraterie, wurde also zu einer verfluchten, von nekromantischen Umtrieben und monströsen Seeungeheuern geplagten Region und zu allem Überfluss öffnete sich vor der Küste Kubas ein riesiger Riss im Ozean. Diejenigen, die das Glück hatten zu überleben, zogen sich in die Städte und Forts zurück. Wenigstens der Konsum einer ASH genannten psychoaktiven Droge, die aus den Überresten der Untoten hergestellt wird, gibt den Ausharrenden ein wenig Trost. Die erstaunlichen Auswirkungen dieser Substanz kann man anhand einer Tabelle auswürfeln.

Das Regelwerk beschreibt überblicksartig die Fraktionen: Die chaotische Republic of Pirates mit ihrem Hauptsitz in Nassau; die Reste der britischen Besatzung auf Jamaika, die vor allem der skrupellosen West India Company gehorchen; die bröckelnden Überreste der französischen Monarchie auf Hispaniola, die sich in dekadente Ausschweifungen flüchten; das militaristische und gierige spanische Königreich auf Kuba, zusammen mit der gnadenlosen Inquisition; und zuletzt eine Gruppe dunkler Kultist*innen, die mit Hilfe des Necronomicons den Sunken One, also eine Art Cthulhu, beschwören und somit das Ende aller Tage einläuten wollen.

Ähnlich dem Calendar of Nechrubel mit dem man in Mörk Borg apokalyptische Ereignisse auswürfeln kann, bietet das Regelwerk A General History of the Dark Caribbean. Je nach Würfelwurf ergeben sich unterschiedliche, nur bedingt erfreuliche Ereignisse, wie grauenhafte Schreie aus der Tiefe des Meeres, Horden von Untoten oder eine Revolution und der Sturz der Regierung auf Hispaniola.

Monster aus der Feder von Mörk Borg-Autor Pelle Nilsson
Monster aus der Feder von Mörk Borg-Autor Pelle Nilsson

Im späteren Verlauf wartet das Regelwerk mit umfassenden Beschreibungen der verseuchten Flora und Fauna auf. So kann die SL entscheiden, ob die SC wahlweise von einem Necro-Swine, einem Infernal Pelican, einem Squid of Despair oder einem Sentient Fungus bedrängt werden. Die Fraktionen der Untoten – Skelette, Zombies und Geister – erfahren eine ausführliche Schilderung. Natürlich dürfen cthulhoide Wesenheiten wie Deep Ones oder ein Coral Shoggoth nicht fehlen und selbstverständlich ist auch auf den guten, alten Kraken Verlass. Sollte man Inspiration verspüren kann man die Spielwelt mit eigens erstellten Monstrositäten füllen, Regeln dafür sind vorhanden. Pirate Borg bietet also mehr als genug potenzielle Bedrohungen, die den unglücklichen Seefahrer*innen auf ihren Fahrten über brodelnde Wasser oder ihren Expeditionen durch verrottende Dschungel begegnen können.

Am Ende des Regelwerks steht das Abenteuer The Curse of Skeleton Point. Dies ist weniger ein stringentes Abenteuer, sondern vielmehr ein Baukasten, mit dem die SC die Insel Black Coral Bay erkunden können. Neben Hinweisen zur Nutzung des Moduls umfasst es einige NSC, sowie mehrere komplette Dungeons (zum Beispiel eine Höhle am Strand, ein dreigeschossiger Tempel und ein verfluchtes Schloss) inklusive Karten. Einerseits handelt es sich hier um ein sehr ergiebiges Modul, andererseits würde man sich zum Einstieg vielleicht eher etwas Knapperes wie das Mörk Borg-Einstiegsabenteuer Rotblack Sludge wünschen.

Davy Jones selbst sucht die Karibik heim
Davy Jones selbst sucht die Karibik heim

Allgemein ist die Spielwelt stark von bekannten Piraten-Klischees mit einer guten Dreingabe Nekromantie und lovecraftscher Einflüsse geprägt. Obwohl die Orientierung dementsprechend leicht fällt, geht dies leider ein wenig zu Kosten der abstrusen Originalität, wie man sie aus den offiziellen Mörk Borg-Publikationen wie dem Grundregelwerk, Heretic oder Feretory kennt.

Die Regeln – Segel setzen!

Die grundlegenden Regeln des Spiels orientieren sich stark an den Mörk Borg-Regeln, wie sie bereits im Ersteindruck dargelegt wurden. Grundsätzlich gilt es, mit einem W20 plus Attributsmodifikator Schwierigkeitsgrade zu knacken. Alles weitere ergibt sich aus Zufallstabellen. Die Regeln für den Gebrauch magischer Schriftrollen wurden durch ähnliche Regeln zu Alchemie, zur Verwendung von Artefakten (wie den Schuppen einer Meerjungfrau oder Seiten aus dem Necronomicon) und arkanen Ritualen (wie Eldritch Tentacles oder Weathercraft) ersetzt.

Das Regelwerk wurde zudem um Elemente erweitert, die für das spezielle Szenario relevant sein könnten, unter anderem zum Anhalten des Atems unter Wasser. Besonders originell ist der Gedanke, dass bestimmte Shantys die Crew und das Schiff beeinflussen. So steigert A Drop of Nelson’s Blood die Geschwindigkeit des Schiffes oder mit Fish in the Sea lässt sich die Windrichtung nach Wunsch ändern. Alle gelisteten Shantys sind real existierende Seemannslieder, die die SL bei passender Gelegenheit einspielen könnte.

Regeln zum Seekampf
Regeln zum Seekampf

Besonderes Merkmal des Regelwerkes sind 13 Seiten zur Seefahrt und den damit einhergehenden Aspekten. Diese umfassen vor allem Regeln für Schiffskämpfe inklusive eigener Attribute für das Schiff, Bewegungsregeln und möglichen Aktionen der Crew. Um diese festzuhalten, steht natürlich auch ein Schiffs-Bogen zur Verfügung. Es gibt Regeln zu bestimmten spezialisierten Crewmitgliedern (wie Master Gunner oder Deck Sorcerer), Fracht, Reparatur, Upgrades, Wetter, Wind und Ereignissen. Überdies wartet Pirate Borg mit 18 verschiedenen Schiffstypen und dazugehörigen Werten von einfachen Flößen, über Langboote, Fregatten bis hin zu ausgewachsenen Kriegsschiffen und weniger mundanen Modellen wie einem Geister-, Knochen- oder monströsem Tiefsee-Schiff auf.

Eingedenk des Mörk Borg-Grundsatzes „Rules light, heavy everything else“, der dazu anhält, Regeln auf ein Minimum zu beschränken, wirken Regelungen dazu, in welchem Winkel sich ein Schiff wie oft pro Runde drehen kann, etwas übertrieben. In jedem Fall ist es sinnvoll, in einem Schiffskampf mitzuzeichnen beziehungsweise digital mitzuverfolgen, wie sich die Schiffe bewegen. Noch einfacher fällt es mit einem Plan und Figuren – vieles bewegt sich hier also im Bereich der Kampfsimulation. Wer jedoch Inspirationen zur Seefahrt im Rollenspiel sucht, dem kann dieser Regelteil sicherlich ans Herz gelegt werden.

Verfluchte Schiffe
Verfluchte Schiffe

Die Regeln von Pirate Borg haben noch allerlei mehr zu bieten, wie beispielsweise Werte für Marrow Cannons also untote Skelett-Kanonen mit verheerender Wirkung, verschiedene Typen von Kapitän*innen (Naval Mastermind, The Inquisitor, The Necromancer oder The Sunken One). Weiterhin gibt es Würfeltabellen, um die Natur fremder Schiffe genauer zu bestimmen.

Ein zufällig ausgewürfeltes Beispiel: Die Revenant ist eine normal bewaffnete Galeone mit voller Besatzung, die allerdings miserabel ausgebildet ist. Sie hat unter anderem Rum, Tabak und Munition geladen. Zudem ist als besondere Fracht ein wichtiger Politiker an Bord. Plot Twist: Die Crew ist stumm. Etwas bedrohlicher sieht es aus, wenn man ein verlassenes und möglicherweise von Übeln aus der Tiefe heimgesuchtes Schiff auswürfelt. Weiterhin ist es möglich, vergrabene Schätze auszuwürfeln, sowie Schatzkarten (inklusive einer Auswahl an Rätseln) und unerforschte Inseln zu gestalten.

Natürlich darf eine Tabellensammlung für gegnerische Pirat*innen und ein zufälliger Quest-Generator nicht fehlen. Hier eine zufällige Grundstruktur: Die SC müssen etwas sabotieren. Ihr Auftraggeber ist der Sohn des Gouverneurs. Dabei sollen sie eine bestimmte Information herausfinden. Alles muss binnen eines Monats geschehen und eine andere Crew ist auch bereits auf den Auftrag angesetzt.

Charaktererschaffung – Verfluchte Säbelrassler*innen und untote Bukanier*innen

Swashbuckler
Swashbuckler

In ihren Grundzügen sind Charaktere und Charaktererstellung ähnlich aufgebaut wie in Mörk Borg und basieren auf dem sukzessiven Auswürfeln aus diversen Tabellen. Neben den bekannten Attributen Strenght, Agility, Presence und Toughness, über die im Grundregelwerk alle Würfe geregelt werden, gibt es noch das neue Attribut Spirit. Dieses fungiert als eine Art Willenskraft und als Attribut für die Anwendung von Artefakten und die Durchführung von Ritualen. Warum diese Würfe nicht, wie in Mörk org, einfach mit Presence abgedeckt werden, wird nicht ganz deutlich. In Verbindung mit dem leicht cthulhoiden Touch geht es vermutlich darum, die Gefahr negativer mentaler Einflüsse zu betonen.

Möchte man keinen Landlubber also einen klassenlosen Charakter spielen, würfelt man nacheinander die Attribute und dann Klasse, Hitpoints, Ausrüstung und den Spezialwert Devil‘s Luck aus. Letzterer ersetzt deckungsgleich die Omen in Mörk Borg mit deren Hilfe sich Würfe wiederholen oder modifizieren lassen. Auch die Charakterentwicklung ist weitgehend ähnlich, mit der Ausnahme, dass man in Pirate Borg beim Aufsteigen eine weitere Klassenfähigkeiten erhält.

Größtes Alleinstellungsmerkmal des Regelwerkes sind die sechs Klassen, die jeweils eigene Boni, Mali und besondere Fertigkeiten mit sich bringen:

Brute, brutale Säbelrassler*innen, die Muskeln der Magie vorziehen

Rapscallion (etwa „Gauner*in“), hinterhältige Tunichtgute, die gerne aus den Schatten agieren

Buccaneer, taffe Überlebenskünstler*innen, die noch jede Strapaze hinter sich gebracht haben

Swashbuckler, erfahrene Kämpfer*innen und geborene Anführer*innen

Zealot (etwa „Fanatiker*in“), Schamanin*innen oder Kleriker*innen mit gottgegebenen Fähigkeiten

Sorcerer, okkulte Magier*innen mit dunklen Kräften

Zudem gibt es die Möglichkeit, eine von zwei optionalen Klassen zu wählen beziehungsweise auszuwürfeln. Die Haunted Soul ist eine arme Seele, die bereits einmal gestorben und zu den Lebenden zurückgekehrt ist, sei es als Geist, Zombie, Vampir oder andere Wesenheit. Dies ist überdies eine Möglichkeit für verstorbene Charaktere, sich nicht aus dem Spiel verabschieden zu müssen. Die Tall Tales sind sagenhafte Kreaturen wie Meermenschen, aquatische Mutanten (also Hybriden aus Meeresgetier und Mensch) oder Tiere mit menschlichem Bewusstsein. Die zusätzlichen Klassen bringen eigene Vor- und Nachteile mit sich. So können vampirische Seefahrer nicht normal geheilt werden, genesen aber durch den Konsum von Blut und bewegen sich des Nachts schneller als am Tage. Eine Meerjungfrau kann unter Wasser atmen, vertrocknet jedoch, wenn sie nicht regelmäßig untertauchen kann.

Es fehlen die klassenspezifischen Tabellen, mit denen man die Vergangenheit jedes Charakters auswürfeln kann. Dafür gibt es gleich mehrere Tabellen um die Herkunft des Charakters, besondere Makel, körperliche Merkmale, persönliche Eigenarten/Angewohnheiten, unglückliche Eigenschaften und Umstände aus der Vergangenheit und besonderen Besitz auszuwürfeln.

Der Charakterbogen ist übersichtlich. Um beim Charakterbau auf allzu viel Nachschlagen verzichten zu können, gibt es ein Creation Sheet, mit dessen Hilfe man innerhalb weniger Minuten einen Charakter auswürfeln kann. Auf den Bildern ist ein ausgefülltes Creation Sheet und der fertige Beispielcharakter Juan inklusive seines Schiffs zu sehen.

Erscheinungsbild

Das Pirate Borg-Grundregelwerk ist, wie Mörk Borg, ein vollfarbiges DIN-A5-Hardcover. Mit 166 Seiten ist es allerdings fast doppelt so dick. Wie üblich für Mörk Borg-Produkte ist ein großer Aufwand in die Gestaltung geflossen. Dabei wechseln sich Ausschnitte historischer Abbildungen von beispielsweise Seeschlachten und Hafenstädten mit eigenen Illustrationen ab. Letztere können als solide bis gut bezeichnet werden. Insbesondere Figuren wirken gelegentlich etwas komisch und grobschlächtiger als vermutlich intendiert. Die Monster und einige andere Figuren erinnern teils sehr an die Designs des Computer Spiels Darkest Dungeon, welches auch als Inspiration angegeben wird.

ASH erleichtert das Seefahrerleben
ASH erleichtert das Seefahrerleben

Während die Schrift stets lesbar und der Satz etwas strukturierter als im leicht chaotischen Mörk Borg-Regelwerk ist, kann die Qualität der Gestaltung nicht mit ihrem Vorbild mithalten und wirkt bisweilen etwas überladen und wenig harmonisch. Während das Ausgangsregelwerk zwar sehr viele Elemente einfließen lässt, aber ein durchgehendes Schema aufrechterhält, gelingt dies hier nicht ganz. Das bedeutet indes Jammern auf hohem Niveau, handelt es sich bei Mörk Borg doch um ein außergewöhnlich gut gestaltetes Regelwerk. Insgesamt ist Pirate Borg also ein wertiges Produkt.

Die Orientierung fällt dank eines alphabetischen Indexes und Kopfzeilen, die angeben, wo man sich gerade im Buch befindet, erfreulich leicht. Am Ende des Buches finden sich zudem Tabellen, die die Regeln mit Seitenangaben zusammenfassen. Das PDF verfügt über zahlreiche Bookmarks. Hier hat Pirate Borg seinem Vorbild einiges voraus.

Der Aufbau des Regelwerkes ist nachvollziehbar und logisch: Die Innenseiten der Umschläge sind wie üblich mit Tabellen gefüllt, der Rückumschlag dankbarerweise mit einer Regelzusammenfassung, sodass man danach nicht lange suchen muss. Die Weltbeschreibung bildet den Anfang, es folgt der weitgehend logisch geordnete Charakterbau- und Regelteil.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Free League Publishing
  • Autor*in(nen): Luke Stratton
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Englisch
  • Format: Hardcover (DIN A5), PDF
  • Seitenanzahl: 166
  • ISBN: 978-91-89765-12-2
  • Preis: ab 37,95 EUR (Hardcover), 18,25 EUR (PDF)
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, DriveThruRPG

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Website des Spiels stehen Charakterbögen und eine Regelübersicht kostenlos zum Download zur Verfügung.

Fazit – Enough booty to sink a sloop

Über Pirate Borg zu urteilen ist ein zweischneidiges Entermesser:

Sucht man nach einem düster-mystischen Piraten-Rollenspiel ist es durchaus gelungen. Das Regelwerk macht wenig neu, dies ist aber für ein Piraten-Setting auch nicht unbedingt notwendig. Allzu bekannte cthulhoide Kulte inklusive des Necronomicons zu bemühen, wirkt leider etwas uninspiriert und fehl am Platze in einem Mörk Borg-Ableger: Lovecraft muss, bei aller Liebe für sein Werk, nicht überall sein. Aztekische Mythologie, Seemannsgarn und Voodoo-Elemente hätten für ein gelungenes Karibik-Setting vollständig ausgereicht.

Sehr positiv fällt die reichhaltige und doch übersichtliche Strukturierung des liebevoll illustrierten Regelwerks auf. Insbesondere die vergleichsweise simplen Regeln zu Schiffskampf, Schiffstypen und dergleichen sind bemerkenswert. Simpel sind diese allerdings nur, wenn man an komplexere Regelwerke mit einem Augenmerk auf realistische Simulation denkt.

Hier setzt die Kritik an: Betrachtet man Pirate Borg als Mörk Borg-Ableger fragt man sich bisweilen, ob aus diesem massiven Linienschiff an Regeln, mit ordentlich Tiefgang nicht auch eine wendige Fregatte hätte werden können. Damit sind nicht die zahlreichen Tabellen gemeint, mit denen man alles, was das schwarze Herz des Freibeuters begehrt, auswürfeln könnte. Diese sind typisch für Mörk Borg-Regelwerke und ersparen weitere Zusatzheftchen. Es geht vielmehr um den Umfang und die Gestaltung der Regeln: Geht man von dem sehr simplistischen Ansatz aus, den diese Art von Dungeon-Crawler wählt, ist fraglich, warum ein weiteres Attribut notwendig ist und ob man den Schiffskampf nicht auch mit einigen Würfen weniger hätte gestalten können.

Pirate Borg ist alles in allem eine überquellende Schatzkiste, die jede*n Freizeit-Seefahrer*in erfreut. Da kann man darüber hinwegsehen, dass sich unter den vielen Schätzen einiges an überflüssigem Tand befindet. Aktuell ist kein Spieltest geplant, weshalb die Bewertung von Pirate Borg ausschließlich auf der Lektüre des Regelwerks beruht.

  • Übersichtliche Struktur
  • Hochwertig gestaltetes Regelwerk
  • Gute Schiffs-Regeln

 

  • Gewisser Mangel an Originalität
  • Übermaß an Regeln für ein Mörk Borg-Derivat

 

Artikelbilder: ©Limithron
Layout und Satz: Mika Eisenstern
Lektorat: Maximilian Düngen
Fotografien: Jakob Kelsch

Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

Dieser Artikel enthält Affiliate-Links. Durch einen Einkauf bei unseren Partnern unterstützt ihr Teilzeithelden, euer Preis steigt dadurch nicht.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein