Die erste und wichtigste Frage oft noch vor Klärung des Startspielers: Die Schachtel geht auf und der erbitterte Kampf um die Lieblings-Spielfigurenfarben beginnt. Rot, blau – sofort weg. Der letzte kriegt gelb. Ist das Zufall oder System? Und vor welchen Spielerfarb-Typen solltest du dich besonders in Acht nehmen?
Rot, grün, blau – greife zu deiner Spielerfarbe und ich sage dir, wer du bist. Es folgt eine wissenschaftlich akkurate und vollkommen erstgemeinte Auseinandersetzung unterschiedlicher Farbsymboliken und Persönlichkeitstypen. Der Autor des Textes hat es (wie auch sonst in seinem Leben) weitgehend vermieden, esoterischen Einflüssen zu erliegen, und sich stattdessen auf die Vier-Farb-Lehre (die man gerade in jedem „Business-Psychologie für Anfänger“-Kurs lernt) sowie auf fundierte, individual-empirische Erhebungen konzentriert.
Inhaltsverzeichnis
Blau
Nicht nur der Charakter des 2003 verstorbenen Komikers John Ritter aus So ein Satansbraten gibt als Lieblingsfarbe Blau an (in dieser Szene gut ausgenutzt von Junior), sondern auch 30–40 % aller Menschen quasi weltweit. Blau ist also mit Abstand die meistgewählte Farbe, und das – aufgrund früher Prägung (man gehe mal in ein Geschäft für Kindermode) – vor allem bei Männern.
Dies ist also nicht gerade die kreativste Wahl und statistisch auch die meistumkämpfte Spielerfarbe, gerade unter sehr Strategiespiel-affinen Leuten. In der aktuellen Persönlichkeitstypen-Lehre, die vier Farben unterscheidet, werden dem blauen Typen kühle Berechnung, Faktenorientiertheit und ein analytischer Verstand zugeschrieben. Bist du ein blauer Spieler, hast du vermutlich einen Hang zu Analysis Paralysis – und verlieren gefällt dir gar nicht, vor allem, wenn du einen dummen, verzeih, vermeidbaren Fehler gemacht hast.
Du bist also entweder ein ernstzunehmender Gegner oder schlicht ein Opfer von Massenphänomenen. Mit ein paar einfachen Fragen oder einer Partie deines Lieblingsspiels sollte man das herausfinden können, aber dabei sollte man immer schön auf dich aufpassen.
Rot
Viel leidenschaftlicher geht es der klassischen Farbenlehre nach beim roten Typen zu. Du bist Feuer und Flamme für das Brettspielhobby, also kann man impulsive Entscheidungen von dir erwarten. Der rote Persönlichkeitstyp ist oft … laut, manchmal bossy und sehr von den eigenen Entscheidungen überzeugt – ein weiterer dominanter Typ, der zum Alpha Gaming neigen kann, und sich oft einen erbitterten Kampf mit dem blauen Spieler liefert.
Denn auch Blut ist rot. Jähzorn und Rache dem, der sich mit dir anlegt – oder dir einfach die roten Meeples streitig machen will.
Grün
Ganz anders tickt der grüne Typ. Oft naturverbunden kommen hier die Ideale des klassischen D&D-Druiden durch: Ausgleich, Vermittlung, Freundschaft. Wenn es jemanden gibt, dem das Gewinnen gar nicht so viel Spaß macht, wie einfach nur mit seinen Lieben zusammen zu sein, dann ist es unser Grüner.
Du bist hilfsbereit, wenn auch manchmal vielleicht nicht allzu entscheidungsfreudig, vor allem, wenn du damit anderen Spielern schaden musst.
Dafür mögen dich aber eigentlich alle, so lehrt es auch die Persönlichkeitsanalyse.
Gelb
Was haben Isaac Childres (Cephalofair Games, Gloomhaven), Vlaada Chvátil (CGE, Codenames) und Ted Alspach (Beziér Games, Ultimate Werewolf) gemeinsam? Sie sind nicht nur höchst erfolgreiche Spieleautoren und -verleger, sie alle greifen auch zur Spielerfarbe Gelb (hier zu unseren Interviews). Und warum? Weil niemand sonst sie will. Man kommt sich am seltensten mit anderen in die Quere.
Also startet man schneller und harmonischer in die nächste Partie und verbringt wenig Zeit mit unsinnigem Gerangel. Ted allerdings sagt, dass Gelb einfach am leichtesten auf dem Spielbrett zu erkennen ist – ganz anders als am Bildschirm.
Als letzter Typ der Persönlichkeits-Farbenlehre ist der gelbe ein spontaner Entertainer mit schneller Auffassungsgabe. Vielleicht steckt in dir ja auch ein Spieledesigner! Oder du bist einfach nur ein netter Typ beziehungsweise einer, dem es einfach nicht so wichtig ist, womit er spielt, und mehr was oder mit wem gespielt wird; oder du bist einfach zu langsam und nimmst, was übrig bleibt.
Schwarz
Dein innerer Goth/Gruftie spielt vielleicht gar nicht so leidenschaftlich und kann daher zumindest durch die Wahl der Meeple, passend zu der deines Metal-T-Shirts, deine Grundhaltung zum Ausdruck bringen.
Deine schwarze Seele lässt tief blicken. Doch sollte man sich besonders vor dir in Acht nehmen? Meist steckt im düsteren Äußeren eben doch nur ein butterweiches Knuddelbärchen, das auch nur lieb gehabt werden will.
Vielleicht fühlst du dich letztlich genötigt, anderen in den Rücken zu fallen, aber nur, um dem Stereotypen zu entsprechen.
Oder du hast doch einfach nur einen gewissen Designfetischismus – das schränkt die Spieleauswahl vielleicht ein, aber Spaß wird bei dir groß geschrieben – hinter vorgehaltener Hand, versteht sich.
Weiß
Ah, die Reinheit, die Perfektion. Saruman der Weiße, President Snow in Hunger Games, Robespierre in Büchners Danton’s Tod – Männer wahrer Größe, Weitsicht und … natürlich Bescheidenheit. Allein, dass die Anderen ihren bescheidenen Ansprüchen nicht gerecht werden (und vielleicht auch nicht werden können) oder die rein rationale Erkenntnis, dass die Freien Völker keine Chance gegen Saurons Heerscharen haben, bestimmt, dass sie vollkommen nachvollziehbar das einzig richtige tun; denn das tun sie ja immer.
Diese Spieler*innen haben bestimmt einen Plan, sie teilen diesen auch gerne den anderen mit und wollen auch mit ihnen zusammenarbeiten – wenn es ihrem eigenen Plan zugutekommt, versteht sich.
Grau
Keine wirkliche Lieblingsfarbe und selbst bei den Helligkeitswerten keine Präferenz äußern können? Hier will sich jemand ganz und gar nicht festlegen. Allianzen oder sonstige Verpflichtungen – Fehlanzeige.
Man sollte froh sein, dass du überhaupt zum Spieleabend erschienen bist.
Violett/Lila
Hier ist jemandem die Farbe besonders wichtig – vielleicht weil sie recht selten ist und von vielen auch gar nicht mal so sehr gemocht wird. Nicht mal die Blau/Rot-Fraktion greift so schnell zu den Spielfiguren, wie es Lila, Verzeihung, Violett tut. Vielleicht, weil es die Mischung aus beidem ist?
Mystisch-magisch, glamourös-divenhaft: Diese Spieler sollte man nicht unterschätzen und vor allem sollte man sich nicht mit ihnen anlegen. Man denke nur an die Meerhexe Ursula oder Maleficent – und zwar nicht die nette Angelina-Jolie-Version!
Rosa/Pink
Ok, du bist schrill, du willst eine Prinzessin sein, oder mittlerweile eher eine Khaleesi, aber nach der siebten Staffel dann vielleicht doch lieber eine emanzipierte Harley Quinn.
Du bist ein Girl, zumindest im Geiste, aber du weißt, was du willst und du stehst dazu – und vor allem nimmst du es dir.
Und du bist auch eigentlich zuckersüß und superlieb … eigentlich. Aber wer dir in die Quere kommt, wird deine Rache spüren.
Vielleicht bist du aber auch nur ein fünfjähriges Mädchen bei Mamas und Papas ersten Versuchen, dich für Brettspiele zu begeistern.
Orange
Du bist Sophie Gravel – die Grande Dame des modernen Brettspiels; Entdeckerin von Spielen wie Dominion, Pandemic Legacy oder Azul. In den Logos ihrer Firmen (Plan B, eggert spiele, Next Move, Beer and Pretzel Games) kommt Orange ebenso vor wie als Spielsteine in den meisten derer Spiele.
Unsere Großeltern kannten noch gar kein Orange: Testet das mal aus mit mehreren Gegenständen auf der Skala von Gelb bis Rot. Der Bereich, den ältere Leute als orange bezeichnen, ist relevant kleiner.
Aber vielleicht bedeutet das auch, dass diese unbedachteste aller Farben bald ganz groß rauskommt und irgendjemand mit dieser Farbe spielen will.
Türkis/Mint
Du hast einen wirklich guten Geschmack, aber außerhalb von Spielen wie der Collector’s Edition von Suburbia kannst du einfach nie mit ihr spielen.
Sei nicht traurig: In vielen Spielen von Sophie Gravels Verlagen gibt es neben orange auch türkis, weil es sich gegenseitig so zum Leuchten bringt.
Braun
Niemand mag Braun (unbeliebteste Farbe von 25–30 % der Deutschen) und das fast schon seit 75 Jahren. Also gut, aktuell gibt es bedauerlicherweise wieder mehr Leute, die es mögen (oder zumindest erst jetzt dazu stehen). Aber wer wählt diese Farbe? Mit diesen Incels hat einfach keiner gespielt.
Wenn sie die bunte Welt moderner Brettspiele für sich entdeckt hätten oder gar mit ihrer Phantasie gemeinsam in Sphären gleiten und Welten retten würden; wenn sie den Spaß kennenlernten, den man mit anderen Menschen gemeinsam haben kann, würden sie Braun vermutlich nicht so mögen; diesen Einheitsbrei, der entsteht, wenn man den bunten Regenbogen des Lebens durch den Fleischwolf dreht, und der manchmal auch einfach zum Himmel stinkt. Aber nehmt diese Leute an die Hand, zeigt ihnen, dass die Welt viel besser ist, wenn man sie offen zu empfangen bereit ist und sich auf andere Menschen einlässt. Vielleicht kommen sie dann raus aus ihrem braunen Haus und denken – wir müssen es versuchen.
Keine präferierte Farbe
Siehe gelb.
Fotografien: Daniel Hoffmann
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