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7 Wonders, 7 Wonders Duel und nun 7 Wonders: Architects – Antoine Bauza ist gelungen, was noch niemand geschafft hat: Drei Spielvarianten über das gleiche Thema und alle drei räumen Preise ab, Architects gerade erst den As d’Or 2022 in Cannes. Wir haben den Erfolgsautoren für euch im Interview.

Antoine Bauza zählt spätestens seit 7 Wonders (Kennerspiel des Jahres 2011) zu den ganz großen und gefragtesten Brettspiel-Autor*innen. Nach der äußerst erfolgreichen Zwei-Personen-Variante 7 Wonders Duel erschien dieses Jahr bei Repos Production und Asmodee eine dritte Herangehensweise an das Thema: 7 Wonders: Architects, welches direkt den As d’Or in Cannes gewann. Aber auch jenseits der beliebten und erfolgreichen Reihe hat der 1978 geborene Franzose eine Menge unterschiedlicher Erfolgstitel herausgebracht. So zum Beispiel Ghost Stories sowie den Nachfolger im neuen Gewand Last Bastion, Tokaido, Hanabi oder auch das Brettspiel zum Manga/Anime-Erfolg Attack on Titan: The Last Stand.

Teilzeithelden: Antoine, als erstes möchten wir dir zum Gewinn des As d’Or 2022 Award für 7 Wonders: Architects gratulieren. Das ist dein dritter nach Takenoko und dem Jury-Award für das ursprüngliche 7 Wonders. Wie war es für dich, in Cannes zu sein in dieser merkwürdigen, neuen Welt?

Antoine: Um ehrlich zu sein, hat es sich schon ein wenig seltsam angefühlt. Das Team von Repos Production konnte aufgrund der Sicherheitsvorgaben von Asmodee, um ihre Mitarbeitenden zu schützen, nicht dabei sein. So stand ich bei der Übergabe ganz allein auf der großen Bühne, gegenüber all den Menschen im Publikum. Schräg … aber trotzdem eine großartige Erfahrung. Wenn die Expert*innen aus der Brettspielindustrie deine Arbeit auszeichnen, ist das immer eine herausragende Freude.

Neben diesem sonderbaren Moment war es aber so schön, wieder auf einer Brettspielmesse zu sein! Für mich hat Cannes eine zweijährige messenlose Zeit beendet und ich habe mich so gefreut, die ganzen freundlichen Gesichter wieder zu sehen, die ich in dieser laaaangen Zeit vermisst habe.

“Ich habe versucht, mit 7WA das bestmögliche Gateway Game zu entwerfen”

Teilzeithelden: Das Phänomen 7 Wonders geht mit Architects in die nächste Runde. Woher bekamst du die Idee, das Spielprinzip mit einem Twist noch einmal aufleben zu lassen?

Antoine: Von der Spiel-Community während Signierstunden. Ich hatte so viele Spielende, die mir gesagt haben, dass 7W sie in das Hobby gebracht hat. Das hat mich etwas sprachlos gemacht, da es kein leichtes Spiel für den Einstieg ist. So reifte in mir die Idee eines neuen 7W speziell für Einsteigende ins Hobby. Es hat jedoch eine lange Zeit gebraucht, einen Weg zu finden, die Mechanismen zu kürzen und zu vereinfachen.

Teilzeithelden: Viele da draußen haben natürlich 7 Wonders gespielt, aber noch nicht das neue Spiel in diesem Setting. Was würdest du ihnen sagen, was ist der wichtigste Grund, 7 Wonders Architects auszuprobieren?

Antoine: Nun, 7WA ist nicht für diese Spielenden entworfen (sorry, Leute!). Aber falls sie Freund*innen oder ihre Familie ins Hobby führen wollen, habe ich versucht, aus 7WA das bestmögliche Gateway Game zu entwerfen.

Teilzeithelden: Das erste, was einem ins Auge springt, wenn man die Spielschachtel öffnet, ist das super organisierte Insert System. Man nimmt je einen Container für alle heraus und kann quasi losspielen. Ist das etwas, das wir künftig von weiteren deiner Spiele erwarten können?

Antoine: Das grübeln und arbeiten an der User Experience meiner Projekte ist es, was mir am Entwickeln von Brettspielen am meisten gefällt. Den Komponenten, dem Layout und der Zugänglichkeit widme ich stets viel Zeit. Vielleicht einfach, weil ich selbst sehr faul bin – daher möchte ich, dass meine Spiele nur den minimalen Aufwand abverlangen, bevor man Spaß mit ihnen haben kann.

“Beim Spielen geht es darum, Menschen zusammenzubringen”

Antoine Bauza mit As d`OR
Antoine Bauza mit As d`OR © Repos

Teilzeithelden: Wir sind zudem erfreut über das Symbol-System für farbenblinde Menschen, und auch, dass auf den Hauptkomponenten, den Karten, die abgebildeten Gebäude einer Menge diverser Personen gewichen sind. Inwiefern denkst du, dass Inklusion die Branche verändert und bereichert?

Antoine: Die Symbole für Farbenschwache gibt es jetzt standardmäßig in jedem Spiel von Repos Production. Autor*innen, Designer*innen und Herausgeber*innen haben die Problematik nun verstanden und versuchen, ihre Spiele so zugänglich wie möglich zu gestalten. Beim Spielen geht es darum, Menschen zusammenzubringen, also müssen wir unser Bestes tun, um dieses Ziel zu erreichen.

Teilzeithelden: Wenn wir uns die anderen beiden 7 Wonders-Spiele und ihre Erweiterungen so ansehen, können wir mit mehr Content für Architects rechnen, zum Beispiel mit neuen Wundern?

Antoine: Eine Erweiterung ist bereits in der Entwicklung. Sie wird neue Wunder beinhalten, aber auch eine neue Mechanik.

Teilzeithelden: Logischerweise gibt es zu erfolgreichen Spielen immer Erweiterungen, neue Edition und auch XY – das Würfelspiel oder aktuell vor allem Roll and Writes. Aber es ist schon einzigartig, dass zu einem Spiel eine erfolgreiche Variante für zwei Spielende herauskommt (die auf BoardGameGeek sogar einen höheren Rang hat) und dann auch noch ein preisgekröntes weiteres Spiel. Jetzt mal ehrlich, kannst du uns etwas erzählen, über vielleicht nicht ganz so großartige 7 Wonders-Ideen, die berechtigterweise nie das Licht der Welt erblickt haben?

Antoine: Nun, alle drei Spiele haben viel Zeit gebraucht, und am Ende sieht man nur den erfolgreichen Teil der Arbeit. Etliche Prototypen auf dem Weg sind im Müll gelandet. Wenn du einen Ableger zu einem großen Erfolg veröffentlichst, warten alle in der Ecke, um zu sehen, ob es ein wirklich gutes Spiel ist oder ob jemand nur den großen Namen nutzen will, um schnelles Geld zu machen. Und ich möchte einfach, dass meine Spiele wirklich gut sind. <er lächelt>

Teilzeithelden: Also ist es wahrscheinlich, dass wir noch ganze andere 7 Wonders-Projekte sehen werden?

Antoine: Vielleicht. Du hast von Würfelspielen gesprochen. Ich habe an einigen würfelbasierten Prototypen im 7W-Universum gearbeitet. Bislang war davon keiner gut genug, um veröffentlicht zu werden, aber man weiß ja nie …

Teilzeithelden: In Deutschland ist vor kurzem Attack on Titan: The Last Stand erschienen (auch wenn es das Spiel bereits seit fünf Jahren auf dem Markt gibt). Wenn man sich zudem deine Graphic Novel ansieht, dein Japanologie-Studium und so einige Brettspiele, wie Ghost Stories, Hanabi, Tokaido, Takenoko und auch das lustige kleine Paku Paku, fällt schnell auf, dass du ein Fan fernostasiatischer Kultur bist. Hast du eine Leidenschaft für Mangas und Anime?

„Ich möchte keinen Trends folgen“

Antoine: Na klar. Ich bin mit Mangas, Animes und japanischen Videospielen aufgewachsen. Meine Liebe für Japan hat da begonnen und sich von dort aus in viele andere Aspekte japanischer Kultur entwickelt. Mein Sohn beginnt gerade, Mangas zu lesen, also versuche ich mit ihm aufzuholen und ein paar Klassiker zu lesen, die ich vorher verpasst habe – aktuell ist das One Piece!

Teilzeithelden: Neben sehr erfolgreichen Brettspielen hast du auch Rollenspiele entwickelt, vor allem für Kinder. In unserem Webmagazin geht es um phantastische Spiele und Geschichten, also dürfte unsere Lesenden interessieren: Hast du früher Dungeons & Dragons oder andere Tischrollenspiele gespielt? Spielst du immer noch? Oder geht es dir als Vater mehr um die Kinder und das Geschichtenerzählen?

Antoine: Bevor ich moderne Brettspiele für mich entdeckte (so um das Jahr 2004 herum), habe ich eine Menge Tischrollenspiel gespielt. Dann hatte ich länger nicht genug Zeit für beide Hobbies, habe aber vor ein paar Jahren wieder mit Tischrollenspiel angefangen, mit einer neuen Gruppe und auch mit meinem Sohn. Während des Social Distancings habe ich ein neues Setting geschrieben, jetzt muss ich die Zeit finden, all die Notizen zu sortieren und zu sehen, ob das alles wert ist, veröffentlicht zu werden. Meine Liebe für kooperative Spiele entspringt ganz sicher meiner Erfahrung mit Tischrollenspielen.

Teilzeithelden: Geschichten schreiben, Spiele entwickeln – hast du Pläne, das beides zu kombinieren, zum Beispiel in einem Legacy Game? Vielleicht eines, indem wir weltberühmte Gebäude bauen? Oder was können wir von dir in der nahen Zukunft erwarten?

Antoine: In letzter Zeit verbringe ich weniger Zeit mit der Entwicklung von Brettspiel und mehr damit, Geschichten zu schreiben. Aber ich bin kein Freund hybrider Designs. Ich springe eher von Medium zu Medium, ohne sie zu mixen. Zudem sind Legacy Games zum Trend geworden – und ich möchte keinen Trends folgen.

Teilzeithelden: In vielerlei Hinsicht sieht es ja so aus, als würdest du lieber selbst welche setzen. Wir sind sehr gespannt auf die Spiele und Geschichten, die du uns noch unterbreiten wirst. Vielen Dank für deine Zeit und bleib gesund!

 

Produktbilder: © Asmodee
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Alexa Kasparek
Fotografien: © Antoine Bauza, © Repos

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