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Marvels Erfolg begann mit einer Familie von vier Helden, die zu Orten aufbrachen, die nie ein Mensch zuvor gesehen hatte. Seit jeher war die Erkundung des Unbekannten ein Thema, um das sich Marvel-Comics drehen. Diesen Monat schauen wir uns drei neue Exemplare an und bewerten sie für euch.

Auf ihrer ersten Mission wollten die Fantastic Four in einer selbstgebauten Rakete namens Marvel-1 einen erdähnlichen Planeten erkunden, der 44 Lichtjahre entfernt war. Doch ein Sturm mit kosmischen Strahlen traf die Rakete und sie kamen niemals an. Stattdessen bekamen sie übernatürliche Fähigkeiten. Nun 60 Jahre später feiern die Fantastic Four weiterhin Erfolge und das Marvel-Universum ist größer denn je. Auch wenn in den Comics erst 15 Jahre seitdem vergangen sind, fragt sich Reed Richards immer noch, was wohl passiert wäre, hätten sie ihr Ziel erreicht. Und so machen sich die Helden in der neusten Ausgabe der Fantastic Four-Comics auf zum Punkt ihres Ursprungs und wollen das Ziel besuchen, das sie damals nicht erreichten. Gleichzeitig gerät Venom in ein alternatives Universum und trifft dort auf einen ganz besonderen Helden. Und Ghost Rider gerät als neuer Fürst der Hölle immer mehr in die Dunstkreise der Dämonen, die er eigentlich bekämpfen will.

Fantastic Four #5: Reise zum Ursprung

Die Fantastic Four werden eingeladen, ihre erste Rakete im nationalen Museum für Luft- und Raumfahrt auszustellen. Sogleich juckt es Reed in den Fingern, die Rakete nachzubauen und den Weg aus Nostalgie ein zweites Mal anzutreten, ohne die Fehler, die er damals gemacht hat, zu wiederholen. Johnny ist direkt mit an Bord und Sue braucht auch nicht lange, um überredet zu werden. Einzig Ben stellt sich quer und will dieses Risiko nicht noch einmal eingehen. Zumal er jetzt verheiratet ist. Doch dies wäre kein Fantastic Four-Comic, wenn nicht am Ende alle Helden zusammen in einer ausweglos erscheinenden Situation landen.

Dreht sich dieser Comic vordergründig um Reeds Engagement, sind die eigentlichen Hauptfiguren Ben und Johnny, die noch einmal ihren kompletten Erzählbogen durchleben dürfen. Ben, das Ding, der durch seine Transformation zu einem Außenseiter geworden ist, aber niemals aufhören kann zu kämpfen, bekommt es mit einer ganzen Horde Seinesgleichen zu tun und muss ihnen weismachen, dass sie unabhängig von ihrer äußeren Erscheinung ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft sein können. Heißblüter Johnny bekommt es mit einer neuen Flamme zu tun, die ganz für ihn bestimmt zu sein scheint und die ihr ganzes Leben lang nur darauf gewartet hat, den Rest davon mit ihm zu verbringen.

Nachdem so lange kein guter Fantastic Four-Comic erschienen ist (Ausgabe 1 und 2 konnten uns nicht überzeugen), verströmt dieser hier wieder die Abenteuerlust und das persönliche Drama, das zu einem Abenteuer von Marvels erster Familie gehört. Besonders spannend ist dabei das zweite Kapitel, das aus der Sicht der Außerirdischen erzählt wird, auf dessen Planeten die Fantastic Four landen. Die Sprache der Menschen ist verfremdet und man versteht, wie es zu den anfänglichen Konflikten kommt. Später offenbart sich dann, dass ihre Gesellschaft einige Brüche hat und alles mit dem Ursprung der Fantastic Four verbunden ist.

Warum nicht gleich so?

Die Handlung schafft es, etliche neue Charaktere einzuführen und ist dabei angenehm klassisch aufgebaut. Es gibt viele Wendungen und die Antagonisten*innen sind keine bloßen Abziehbilder, sondern handeln in ihrer Glaubenswelt nachvollziehbar. Und ganz nebenbei wird noch die Wiederkehr des Mole Man abgefrühstückt.

Bei den Grafiken hat es Marvel inzwischen geschafft, einen so einheitlichen Stil hinzubekommen, dass es fast unmöglich ist, die vielen unterschiedlichen Zeichner in diesem Comicband zu unterscheiden. Einzig im fünften Teil schafft es einer der Zeichner nicht, das Ding zufriedenstellend darzustellen. Sonst passiert hier auch visuell einiges und kaum eine Seite vergeht ohne große Superhelden-Posen.

Im Grunde kann man an diesem Band nur kritisieren, dass er etwas zu klassisch daherkommt. Es wird kaum ein Thema aufgegriffen, das nicht bereits vor Jahren thematisiert wurde. Wenn man über dieselben Helden über 600 Comics veröffentlicht, dann passiert so etwas. Dazu bin ich ein wenig enttäuscht, dass die Herkunftsgeschichte der Fantastic Four wieder einmal leicht verändert wird. Aber über Reeds Schuldgefühle zu Bens Schicksal ist vermutlich auch schon genug erzählt worden.

Im Großen und Ganzen ist dies ein Fantastic Four-Comic, den man nur empfehlen kann, auch wenn er wenig anders macht als andere Comics. Gerade für Leser*innen, die bisher noch keine großen Berührungspunkte mit den vier Helden hatten, wird hier ein Szenario präsentiert, das keinerlei Vorwissen benötigt und ein gutes Gefühl vermittelt, wie ein Fantastic Four-Comic aussehen sollte. Die Höchstwertung bleibt nur verwehrt, da immer noch Luft nach oben ist und ich hoffe, dass diese auch gefüllt wird.

Die harten Fakten

  • Autor*in: Dan Slott
  • Zeichner*innen: Paco Medina, Sean Izaakse
  • Seitenanzahl: 164
  • Preis: 19 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

 Venom #7 – Schöne neue Welt

In Absolute Carnage hat Eddie Brock willentlich Knull befreit, um seinen Sohn Dylan zu retten. In der letzten Ausgabe ist er nun zu den Avengers gegangen, um ihnen von der kommenden Gefahr zu erzählen, welche die ganze Welt gefährden könnte. Plötzlich taucht ein neuer Antagonist auf, der sich Virus nennt und eine War-Machine-Rüstung trägt, die mit einem Goblingleiter und Anti-Symbionten-Technologie erweitert wurde. Eddie und Dylan können nur knapp entkommen. Um herauszufinden, warum Dylans Fähigkeiten immer ungewöhnlicher werden, begeben sie sich wieder zum Maker, dem Reed Richards aus dem ultimativen Universum, der zum Schurken wurde. Doch dieser arbeitet bereits daran, ein Dimensionstor zu entwickeln, um in seine eigene Welt zurückzukehren. Als Virus auftaucht, kommt es zum Konflikt und Eddie wird zusammen mit Dylan in ein völlig anderes Universum geschleudert.

Die Story hat so viele Wendungen und Überraschungen, dass man nur schwer darüber erzählen kann, ohne zu spoilern. Alles was in dieser anderen Welt geschieht, steht in Verbindung zu Dylan und dem Nahen von Knull. Hier wird Action und Spannung geboten, ohne dass dadurch die Hauptkontinuität gefährdet ist. Man kann sich auf weitere venomisierte Versionen bekannter Superhelden freuen. Im Grunde ist der ganze Band nur ein Lückenfüller bis zum nächsten Großereignis, dennoch schafft es die Handlung die Beziehung der beiden Hauptfiguren, Eddie und Dylan, weiterzuentwickeln.

Seltsamer Stilwechsel

Mit Ryan Stegman hat die Venom-Reihe einen der besten Zeichner, die der Verlag momentan zu bieten hat. Dieser ist diesmal nur in der Eingangsgeschichte dabei. Iban Coello zeichnet wie immer die Ausgabe mit dem Maker und kann ebenfalls überzeugen. In der anderen Welt übernimmt dann erst Juan Gedeon, der unangenehm an einen wilden Mangastil erinnert, bei dem schnell viel Output generiert wird. Später wird die Feder an Luke Ross weitergegeben, der zwar ebenfalls eine sehr wilde Bildkomposition erschafft, aber eine ruhigere Linienführung hat, sodass die Bilder wieder mehr Klarheit bekommen. Im Ganzen kann mich dieser Zeichnermix aber nicht überzeugen. Die Bilder sprechen keine klare Sprache und erzielen keine sonderliche Wirkung. Hier wäre mehr machbar gewesen.

Vielleicht liegt es daran, dass man von der Venom-Reihe inzwischen besseres gewohnt ist, aber ich kann mich hier nicht zu einer Höchstwertung durchringen. Die Handlung geht teilweise zu schnell voran, und die neue Welt, in der die Protagonisten landen, ist zu austauschbar und beliebig. Hier wird deutlich, dass dieses Universum nicht im Vordergrund steht, sondern nur als Antrieb dient, die Figuren weiterzuentwickeln. Das ist nichts Schlechtes, doch es wird im Grunde auch nicht viel verpasst, wenn dieser Band ausgelassen wird. Einzig entgeht einem dann eine sehr abwechslungsreiche Geschichte über einen Vater und einen Sohn, die in einer alternativen Zukunft landen. Eine Zukunft, die als Warnung zu sehen ist, darüber, was mit dem Hauptuniversum passieren könnte.

Die harten Fakten

  • Autor*in: Donny Cates
  • Zeichner: Iban Coello, Juan Gedeon, Luke Ross
  • Seitenanzahl: 128
  • Preis: 16 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Ghost Rider #2 – Aufstand der Dämonen

Johnny Blaze sitzt immer noch auf dem Thron der Hölle. Doch die Dämonen sammeln sich und wollen ihn vom Thron verdrängen. Ganz vorne mit dabei: Lilith, die Mutter der Dämonen. Sie sieht die Chance, die Höllen endlich zu vereinigen und gemeinsam ihren Thron zu besteigen. Um dieser Bedrohung Herr zu werden, wendet sich Johnny an Mephisto, der weiterhin der Gefangene von Doctor Strange

Danny Ketch dagegen ist seinen Geist der Rache losgeworden und hat mit dem Geist der Verderbnis gleich das nächste Ungetüm in seinen Körper gelassen. Er will nur noch ein normales Leben führen, schafft dies aber nicht. Wolverine und der Punisher sind dem Ghost Rider auf der Spur und können dies nur mit Dannys Hilfe schaffen. So beginnt eine wilde Jagd mit vielen unterschiedlichen Fraktionen, die erst im Finale aufeinandertreffen.

Es ist sehr erfreulich, dass Panini nach dem großartigen ersten Band auch den Rest der Geschichte nachliefert. Leider hat Marvel die Reihe im Zuge der weltweiten Pandemie nicht fortgesetzt, und so bleiben Leser*innen ein wenig unbefriedigt zurück. Trotz des großen Finales werden in diesem eher kurzen Band nicht alle Fäden sinnvoll verknüpft und einige Fragen bleiben offen. Dennoch hat man hier eine komplexe Geschichte, die immer wieder kleine Highlights zu bieten hat.

Ein runder Abschluss wäre mir lieber

Letztendlich werden in diesem Comic vier Geschichten gleichzeitig präsentiert, von denen die beiden Handlungen um Johnny und Danny den Hauptteil einnehmen. Alles andere sieht aus, als ob hier noch weitere Fäden gesponnen wurden, die in zukünftigen Comics wieder aufgegriffen werden sollen. Das Finale selbst wirkt dabei auch überhitzt. Die moralischen Fragen, die noch den ersten Teil dominiert haben, kommen zu kurz. Im Grunde merkt man dem Band an, dass er nicht für ein so schnelles Ende ausgelegt worden ist.

Optisch bietet sich hier ein dreckiger Anblick mit einem dunklen Farbschema. Alles andere hätte nicht gepasst. Hier wird wenig falsch gemacht, doch ragt der Band optisch nicht sonderlich heraus. Einige Bildkompositionen sind aber sehr gut gelungen und man darf zufrieden sein.

Wer den ersten Band gelesen hat, wird diesen auch lesen wollen. Nach dem Konsum ist man nicht unzufrieden, doch ein runder Abschluss wäre mir lieber gewesen. Die Entscheidung, die Reihe frühzeitig einzustellen, hat sich klar negativ auf das Produkt ausgewirkt. Als Gesamtwerk einer zweibändigen Comicreihe kann ich das Abenteuer der zwei Ghost Rider dennoch empfehlen. Die Handlung ist komplex, aber nicht zu konfus. Die Charaktere funktionieren und die Konflikte sind abwechslungsreich. Man kann nur hoffen, dass Marvel Ed Brisson ein neues Projekt gibt, indem er seine Vision vervollständigen kann und endgültig klärt, wer auf dem Thron der Hölle sitzen sollte.

Die harten Fakten

  • Autor*in: Ed Brisson
  • Zeichner*innen: Aaron Kuder, Juan Frigeri, Roland Boschi
  • Seitenanzahl: 108
  • Preis: 13 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Fazit des Monats und Ausblick

Auch wenn keiner der drei Bände diesen Monat die Höchstwertung erlangen konnte, waren alle kurz davor. Der Marvel-Fan kann bei allen Comics bedenkenlos zugreifen. Gerade bei den Fantastic Four freut es mich, dass hier wieder ein spannendes Abenteuer geschrieben wurde, nachdem unter ihrem Namen so viel Durchschnittskost präsentiert wurde. Venom bleibt weiterhin eine der besten Reihen, auch wenn dieser Band wieder wie ein Lückenfüller wirkt und nun endlich das Event King in Black folgen wird, das so lange angeteasert wurde. Bei Ghost Rider ist sehr schade, dass die Reihe nicht fortgesetzt wurde, was dem Comic selbst nicht gutgetan hat, bei dem übereifrig ein Finale zusammengezimmert wurde. Hier besteht die Hoffnung, dass die Erzählung an anderer Stelle seine Fortsetzung finden wird.

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Christin Grigowski
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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