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Asmodee und Z-Man Games haben mehrere Love Letter-Spiele herausgebracht. Für zwei bis sechs Personen bekommt man ein schnelles Kartenspiel mit den hochwertigen Star Wars- und Marvel-Lizenzen auf den Tisch. Welche Art von Liebesbriefen im restlichen Universum zwischen Rebellion und Thanos ausgetauscht werden, erzählt diese Rezension.

Der Song „Love is in the Air“ von John Paul Young aus dem Jahre 1978 ist ein echter Klassiker. Mit echten Klassikern kennen sich sowohl Z-Man Games als auch der deutsche Herausgeber Asmodee aus. Z-Man dürfte bereits vor Corona durch die Pandemic-Reihe bekannt gewesen sein. Diesmal geht es allerdings um Liebesbriefe ganz besonderer Art. Die Love Letter-Reihe hat erstmals 2012 das Licht der Welt entdeckt. Aus Brettspieler*innen-Sicht steht es Youngs Lied im Alter also kaum etwas nach. Wie es sich für echte Klassiker gehört, kommt auch Love Letter bei einigen immer wieder auf den Tisch zurück. Das könnte daran liegen, dass es aktuelle und themenbezogene Neuauflagen zu der Serie gibt. Einige Liebesbriefe sind eigentlich Infinity-Steine und werden eine Reise in eine weit, weit entferne Galaxie antreten.

Spielablauf

Die Love Letter-Reihe besticht in erster Linie durch ihre vielen Lizenz-Variationen, die entsprechende Fans zu schnellen Käufern machen. In dieser Rezension stehen die Varianten Love Letter – New Bag Edition, Star Wars: Jabba’s Palace und Infinity Gauntlet auf dem Präsentiertisch.

Das Spielprinzip der genannten Spiele ist in seinen Grundzügen schnell erläutert. Alle Spielenden erhalten eine Karte aus dem gemeinsamen Kartenstapel. Die startende Person zieht eine zweite Karte und entscheidet sich, welche von den beiden Handkarten sie ausspielt. Die Karte wird offen ausgelegt und der Karteneffekt abgehandelt. Damit ist der eigene Zug vorbei. Wer das Spiel gewinnt, wird bei den drei Varianten leicht unterschiedlich ermittelt.

Zwei bis sechs Spielende versuchen im aktuellen Love Letter einen Liebesbrief an die Prinzessin zu überbringen. Das Spiel endet, wenn der gemeinsame Nachziehstapel leer ist. Wer zu diesem Zeitpunkt die Karte mit dem höchsten Wert auf der Hand hält, gewinnt. Das Spiel endet auch, wenn alle bis auf einen Spielenden ausgeschieden sind. Im Gegensatz zu den beiden anderen Love Letter-Varianten sind am meisten Karten pro Spieler vorhanden. Daher ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass der Sieg dank der Karteneffekte erst im letzten Spielzug eingestrichen wird.

Luke Skywalker und eine Prinzessin aus einer anderen Galaxie.

In Star Wars Jabba’s Palace wird der Kampf zwischen Rebellion und der Palastbewohnerschaft wie beim Hauptspiel bestritten. Analog zum Vorbild gibt es ebenfalls zwei mögliche Endoptionen. Beispielsweise kann das Ausspielen von Luke Skywalker zum direkten Ausscheiden führen, wenn die Zielperson eine Karte aus Jabbas Palast in der Hand hat. Das Szenario, welches am häufigsten zum Sieg führt, ist erneut das Last-Man-Standing-Prinzip mit Player Elimination. Wird jedoch vor diesem Szenario der Nachziehstapel blank gespielt, kommen die sogenannten Agenden zum Einsatz. Diese werden zu Spielbeginn aus vier Möglichkeiten gezogen und offen ausgelegt. In der Einstiegsvariante Erhabener Jabba gewinnt etwa die Person mit dem höchsten Kartenwert auf der Hand. Die anderen Optionen sind etwas kniffliger, wenn man versucht, auf Sieg zu spielen. Dies liegt allerdings mehr am Glückselement sowie der geringen Kartenzahl und weniger am eigenen taktischen Können. Trotz der etwas abgewandelten Siegbedingung mit den Agenden fühlt sich der Star Wars-Ableger von der Mechanik wie das Original an.

Sowohl bei Love Letter als auch bei Star Wars: Jabba’s Palace wird jede gewonnene Runde mit einem Siegstein belohnt. Abhängig von der Anzahl der Spielenden wird so lange gespielt, bis eine gewisse Zahl an Siegsteinen erreicht wurde. Bei drei Teilnehmer*innen sind dies beispielsweise fünf Punkte.

Je nach Spielendenzahl müssen mehrere Partien für den endgültigen Sieg errungen werden.

Im Marvel-Universum ist das zweite Love Letter Spin-Off Infinity Gauntlet angesiedelt. Wie es sich für einen echten Marvel-Ableger gehört, kämpfen viele Superheld*innen gegen den namensgebenden Superschurken Thanos. Eine Person schlüpft in die Rolle von Thanos mit einem eigenen, separaten Kartenstapel. Die anderen bedienen sich eines gemeinsamen Kartenstapels und kämpfen gemeinsam gegen Thanos. Diese Spielmechanik wird als One versus Many bezeichnet. Die 16 Held*innen-Charaktere sind allesamt aus den Filmen mehr oder weniger bekannt. Spider-Man, Iron Man oder Hulk dürften einem breiten Publikum geläufig sein.

Eine Auswahl an Charakteren.

Infinity Gauntlet hebt sich ferner mit weiteren Elementen von den beiden anderen Spielen ab. Statt Siegpunkte in Form von Siegsteinen zu erhalten, geht es darum, die Lebenspunkte der jeweiligen Partei auf null zu reduzieren. Einzig Thanos hat noch eine weitere Chance, die Charaktere zu besiegen, indem er aus seinem Deck die sechs InfinityStein-Karten offen vor sich ausspielt. Überdies endet das Spiel auch nicht, wenn alle Karten gespielt sind, sondern sie werden von der Auslage eingesammelt und neu gemischt.

Unendliche Macht durch die sechs Infinity-Steine.

Frust oder Lust

Die gesamte Love Letter-Reihe basiert auf dem einen Prinzip, Karten zufällig von einem Stapel zu ziehen und dann eine davon mit dem aufgedruckten Effekt auszuspielen. Das Kartenziehen ist eine reine Glückskomponente. Dem Spielprinzip wird damit die meiste taktische Finesse genommen. Durch den kleinen Kartenstapel werden insbesondere kleine Spielgruppen schnell dezimiert. Dagegen ist das Spiel zum Beispiel in der Variante um Jabba’s Palace bei voller Spielgröße von sechs Personen aufgrund der wenigen Karten in nur drei Runden vorbei. Bei dem Originalspiel und dem Star Wars-Pendant kann es mangels Kartenzieh-Glück schon nach einer Runde klar sein, dass man gar keine Chance auf den Sieg haben wird.

Nicht gerade gut aufeinander zusprechen: Han Solo und Boba Fett.

Die meiste Abwechslung und sogar Ansätze von taktischer Tiefe bringt einzig der Marvel-Ableger mit. Der meiste Spielspaß ergibt sich bei allen Spielen zwischen vier und fünf Personen.

Die Interaktion untereinander ist bei den Spielen dafür recht hoch. Immer wieder kommt man in die Verlegenheit, Opfer eines Angriffes zu sein, sich vor den Mitspielenden schützen zu wollen oder zur Gegenattacke überzugehen. Dank der kurzen Spielzeit ist auch ein frühzeitiges Ausscheiden nicht von längerer Wartezeit begleitet. Das wiederholte Ausscheiden in mehreren hintereinander folgenden Runden bedarf dann allerdings schon eines frustrationstoleranten Charakters.

In der Regel sind spätestens nach einer vollen Partie alle Karten mindestens einmal gesichtet worden. Der Wiederspielreiz hält sich damit sehr in Grenzen.

Ausstattung

Jedes Spiel kommt mit einer sogenannten Eurolochaufhängung daher. Die Umverpackung ist eher als Wegwerfverpackung konzipiert, da diese nur mit etwas Geschick beim Öffnen unzerstört bleibt. Da die eigentlichen Spiele allerdings in einem hübschen und wertigen Stoffbeutel ausgeliefert werden, braucht es die Umverpackung wohl für die Wenigsten. Jeder Beutel besitzt eine eigene Farbe. Auf ihnen prangt ein geflocktes, individuelles Symbol. Dank des kleinen Beutels kann auf Reisen, dem nächsten Spielabend oder einfach auf gut Glück stets ein kleines Spiel mitgenommen werden.

Die Umverpackung.

Die Regelhefte entsprechen dem Kartenformat und sind somit ebenfalls gut in dem Beutelchen unterzubringen. Die Regeln sind verständlich und ausführlich beschrieben. Auf der Rückseite des Heftchens befindet sich eine Schnellübersicht zum Spielaufbau, den Spielzügen und den Siegbedingungen. Damit lassen sich die Spiele sogar nach Jahrzehnten aus dem Schrank fischen und die Regeln mit einem Blick wieder in Erinnerung rufen. Bei Spielen mit abgedruckten Karteneffekten reicht meist der Platz nicht aus, um alle Nuancen zu beschreiben. Bei Love Letter werden wirklich alle Karten erklärt. Am Tisch sollte nie eine einzige Regelfrage offenbleiben.

Love Letter (New Edition, Bag)

Im Gegensatz zum Originalspiel im „normalen“ Spielkarton ist die neue Edition nun ebenfalls in den typischen Beuteln (englisch „Bags“) erschienen. Der klassischen Version ist im Regelheft sogar ein eigenes Kapitel gewidmet. Ursprünglich war es mit weniger Karten und nur für maximal vier Spieler*innen ausgelegt. In der aktuellen Erweiterung kommen einige Karten wie die Spionin und der Kanzler dazu. Gerade bei den genannten Karten lässt sich bereits auf dem Artwork erkennen, dass die namensgebenden Briefe für das Spiel wichtig sind. Der Bezug zu den Liebesbriefen lässt sich in den anderen Karten leider nicht herstellen.

Dem Beutel liegen außerdem noch 13 Siegsteine – im Spiel als Gunststeine bezeichnet – bei. Auf einer Seite prangt das Symbol der entsprechenden Love Letter-Reihe. Die andere Seite ist ohne Aufdruck schlicht gehalten. Die Steine sind zwar aus einem plastikähnlichen Material gefertigt, aber in der Hand ruht ein schönes Gewicht.

Die Spionin und der Kanzler, mit Brief und Buch mit der Übermittlung des Liebesbriefes beschäftigt.

Star Wars: Jabba’s Palace

Wie der Titel bereits vermuten lässt, tummelt man sich in Episode VI des Star Wars-Universums. Alle Charaktere sind aus den ersten Szenen des Films bekannt. Hauptcharakter ist hier sicherlich Jabba der Hutte oder Jabba the Hutt. Eingefleischten Fans wird insbesondere bei dieser Karte auffallen, dass die Übersetzung mit Jabba der Hutt weniger glücklich gelungen ist. Die restlichen Karten sind nah an die Filmcharaktere angelehnt. Auch die zu erobernden Siegsteine sind haptisch wertig. Sie entsprechen denen aus der bereits beschriebenen Love Letter-Variante.

Für eine bessere Immersion wäre es für Fans eine gelungene Aufwertung gewesen, Filmzitate oder Eigenschaften der Charaktere auf den Karten abzudrucken. Diese sogenannten Flavour-Texte fehlen leider komplett.

Jabba and Friend

Infinity Gauntlet

Bei dem Marvel-Vertreter hat man sich am Artwork der entsprechenden Comic-Reihen orientiert. Fans der Spielreihe Marvel Champions werden bei einigen Charakteren exakt dasselbe Artwork wiederentdecken. Marvel-Freunde kommen also voll auf ihre Kosten. Die unterschiedlichen Charaktere sind allesamt in Actionposen portraitiert, so dass ein Eintauchen in die Thematik möglich ist. Ebenso wie bei Star Wars fehlt auch hier jeglicher Flavour-Text.

Die beigelegten Power-Marker oder auch Lebensanzeiger sind eher minderer Qualität und passen nicht ganz in die Reihe ansonsten hochwertiger Komponenten.

Infinity Gauntlet ist im Comic-Stil gehalten.

Die harten Fakten:

Love Letter (New Edition, Bag)

  • Verlag: Asmodee, Z-Man Games
  • Autor*in(nen): Seiji Kanai
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 20 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2 3 4 5 6
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Preis: ca. 15 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

Star Wars: Jabba’s Palace

  • Verlag: Asmodee, Z-Man Games
  • Autor*in(nen): Justin Kemppainen, Seiji Kanai
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 20 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2 3 4 5 6
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Preis: ca. 21 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

Infinity Gauntlet

  • Verlag: Asmodee, Z-Man Games
  • Autor*in(nen): Alexandar Ortloff, Seiji Kanai
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 15 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2 3 4 5 6
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Preis: ca. 15 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

Bonus/Downloadcontent

Die Regeln sind zum Download oder vorherigem Schnuppern auf der Asmodee-Homepage vorhanden:

In der gedruckten Anleitung für Star Wars: Jabba’s Palace ist ein QR-Code für eine Videoanleitung enthalten. Der QR-Code führt beim Schreiben dieser Zeilen leider ins Leere.

Fazit

Eine Person aus den Testspielrunden hat die Spielmechanik nach der ersten Partie für sich wie folgt zusammengefasst: „Ich musste weniger Nachdenken als bei Mau-Mau.“ Am Ende stellt sich die Frage, für welche Gruppe die Spiele einen Anreiz bieten. In erster Linie dürfte es aufgrund der Lizenzen insbesondere Fans der jeweiligen Franchise-Produkte ansprechen.

Asmodee gibt das empfohlene Mindestalter mit 10 Jahren an. Tatsächlich sind die Texte schnell erfasst und interpretiert, so dass für Familien ein entsprechend schneller Einstieg möglich ist. Kinder ohne Lesekenntnisse oder -erfahrung können sich ausschließlich an den Artworks ihrer entsprechenden Idole freuen. Wer weiß, ob das Spiel nicht bei dem einen oder anderen den Leseehrgeiz weckt?

Die Love Letter-Reihe weist eine simpel gestrickte Spielmechanik und einen dauerhaften Glücksfaktor auf. Beides wird bei Vielspieler*innen mit erhöhtem Anspruch dazu führen, dass die Spiele eher selten auf dem Spieltisch landen. Da bereits innerhalb einer Partie alle Karten gesichtet werden, lädt die Reihe nur in begrenztem Maße zu einer weiteren Spielrunde ein. Anderseits geht das Spiel als Eröffnungs- oder Abschlussspiel eines Abends schnell von der Hand. Wenige Spiele benötigen weniger Vorbereitung, und genau hier spielt Love Letter seine Reize aus.

Unter dem Strich bleibt Love Letter ein Fan-Produkt im Familien-Segment, von dem man höchstens die jeweiligen Lizenz-Produkte im eigenen Spiel-Regal benötigt. Davon dann aber wahrscheinlich alle Varianten, die zu dem eigenen, individuellen Nerd-Kosmos passen.

Bei Star Wars und Marvel lacht das Fan-Herz.

  • Blitzschneller Einstieg
  • Weckt den Sammel-Ehrgeiz
  • Gutes Zwischendurch-Spiel
 

  • Hoher Glücksfaktor
  • Zu wenig Abwechslung in den Karten
  • Kein Langzeitspielspaß

Artikelbilder: © Asmodee, Z-Man Games
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: ohne Erwähnung
Fotografien: Horst Brückner
Die Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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