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Lasset die Spiele beginnen! Wenn es doch nur so leicht wäre. Manchmal ist es schon eine Aufgabe für sich, zu bestimmen, wer den ersten Zug hat. Doch es gibt Wege, diese Streitfrage zu einem eigenen Erlebnis zu machen. Wir rücken zehn davon ins Rampenlicht.

Spiele gibt es viele, und zumeist steht in der Anleitung im entscheidenden Moment ein Satz wie etwa: „Beginnend mit dem Startspieler …“ Manche Spiele erläutern, wer damit gemeint ist, andere wollen uns aber diesen wichtigen Punkt in der Anleitung nicht näher erklären und lassen uns im Regen stehen.

Manchmal ist die Frage zwar bedeutungslos, da der Moment des eigenen Eingreifens im Spiel nicht von entscheidender Wichtigkeit ist, wie etwa bei Tainted Grail oder anderen kooperativen Spielen. Manchmal aber kann es Vorteile oder Nachteile mit sich bringen, den ersten Zug zu machen. Dann sollte es schon feste Regeln geben, wer und vor allem warum jemand die Pole-Position bekommen hat.

Im Folgenden erhaltet ihr von uns eine kleine Auswahl von Ideen, um mehr oder weniger fair zu einer Entscheidung zu kommen.

Triggerwarnungen

Dieser Artikel enthält keine kritischen Themen.

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1. „Wer …“

Am einfachsten ist es natürlich, auf den naheliegendsten Weg zurückzugreifen: „Wer das Spiel besitzt.“ Das ist jedoch wenig abwechslungsreich und sorgt meist dafür, dass bei den gleichen Spielen immer die gleichen Personen beginnen. Beim Kennenlernen des Spiels mag das noch hilfreich sein, nach den ersten paar Runden jedoch kann auch hier etwas Abwechslung nicht schaden. Wenn man also personenbezogen eine Zuteilung machen will, warum nicht etwas ausgefallener?

Bei Black Rose Wars zum Beispiel beginnt, wer zuletzt eine Rose bekommen hat. Das lässt sich auch auf andere Spiele übertragen, wenn sie eine Thematik haben. So könnte bei Woodcraft beginnen, wer im Wald war oder mit Holz gebaut hat, und bei Endless Winter würde der Besuch in einer Eisdiele oder Eissporthalle zählen.

Etwas überraschender wird es, wenn man sich eine kleine Auswahl zurechtlegt. So kann man etwa: „Wem zuletzt ein Brot auf die Butterseite gefallen ist“, „Wer zuletzt im Urlaub war“, oder „Wer zuletzt fotografiert wurde“, bereits vorbereiten. Anschließend wird eine der Optionen blind gezogen und schon weiß man, wer anfängt. So könnte man sich einen Vorrat solcher Ideen aufbauen und in der Hinterhand halten. Es besteht auch die Möglichkeit, diese Sammlung mit allen Spielenden zusammen aufzubauen, indem alle eine Idee ergänzen.

Wahlweise können hier auch lustige, gruselige oder denkwürdige Dinge als maßgebend eingetragen und vielleicht mit interessanten Geschichten untermalt werden. Wer ist zum Beispiel zuletzt geblitzt worden, wer hat etwas unglaublich Cooles erlebt oder sich so richtig daneben benommen? So kann man die Leute, mit denen man spielt, nochmal von einer anderen Seite kennenlernen.

Wem selbst ein wenig die Kreativität dazu fehlt, der kann auch Startspieler oder Wer fängt an? kaufen und dort aus etlichen Ideen eine ziehen, um das Spiel zu beginnen.

Oder man wirft einen Blick ins Internet und lässt sich dort von Ideen inspirieren.

2. Spielt darum

Man kann auch ein Entscheidungsspiel darum führen, wer den ersten Zug machen darf. Dafür sollte man natürlich nicht unbedingt ein großes, abendfüllendes Spiel wählen. Eine Runde Tsukuyumi zu spielen, um herauszufinden, wer das Spiel beginnt, sprengt vermutlich etwas den Rahmen. Warhammer 40.000 – Combat Arena hingegen ist schnell mal zu Rate gezogen.

Kurze, schnelle Spiele können eine Entscheidung herbeiführen.

Aber es gibt auch andere Spiele, die herangezogen werden können und schnell gehen. Das Einfachste wäre eine Runde „Schere, Stein, Papier“. Allerdings könnte man auch einfach ein kleines Spiel verwenden, das sonst vielleicht selten Beachtung findet und untergehen würde bei den Tischriesen, die wir teilweise in den Schränken haben. So lässt sich eine Runde My Gold Mine oder Welcome to the Dungeon problemlos vor jedes Spiel schieben. Bei so kurzen Spielen ist es zum Glück auch meist egal, wer denn nun eigentlich anfängt, denn viel hängt hier von Glück und weniger von Taktik ab.

3. Kommissar Zufall

Viele Spiele liefern die Würfel für die klassische Auswahl schon mit.

Eine weitere Methode, die im Zweifel immer funktioniert und die auch bei dem einen oder anderen Spiel sicherlich schon genutzt wurde, ist der einfache Münzwurf – klassisch und simpel. Aber bei mehr als zwei Spielenden kommt diese Methode schon ein wenig an ihre Grenzen. Der Zufall kann aber auch auf andere Arten eine Entscheidung treffen. Einige Alternativen wären zum Beispiel das Ziehen von Karten aus dem Spiel und die höchste Karte fängt an, oder es werden Lose vorbereitet, bei dem eines der Lose bestimmt, auf welcher Position im Spiel man dran ist. In diesem Fall könnten auch alle anderen Plätze durch den Zufall bestimmt werden und eine ganz neue Dynamik erzeugen.

Eine der klassischsten Arten, den Zufall entscheiden zu lassen, wäre natürlich der einfache Würfelwurf, das Ziehen von Stöckchen oder Streichhölzern oder aber einfach blind eine der Spielfarben zu ziehen. Die höchste Augenzahl, das längste Hölzchen oder eben die gezogene Farbe hat dann den ersten Zug.

4. Technik

Wir leben in einer Zeit, in der die Technik für uns viele Fragen und Probleme regeln kann. Gern lassen wir uns die Einkaufsliste von unserem smarten Haushaltshelfer schreiben, wir lassen uns von unserem Telefon wecken oder unser Auto soll uns ans Ziel bringen, ohne dass wir genau wissen, wo es eigentlich ist. Ein farbiges Licht sagt uns, ob wir gehen oder stehen sollen, während unsere Uhr uns E-Mails zeigt. Warum also sollen wir bei den wirklich entscheidenden Fragen, denen des Spielens, auf diese technischen Helferlein verzichten?

Bei Amazons smartem Lautsprecher Echo etwa lässt sich einprogrammieren, wer an einem Spiel teilnimmt. Anschließend kann man einfach fragen: „Alexa, wer ist dran?“ Das Ganze wird dann noch mit einem schönen Trommelwirbel untermalt, und schon hat man eine Antwort.

Auch als App gibt es die eine oder andere Option, die uns die Entscheidung abnehmen kann. So bietet Chooser etwa die Möglichkeit, dass alle Spielenden einen Finger auf den Bildschirm legen und nach einem kurzen Moment einer dieser Finger durch ein pulsierendes Licht ausgewählt wird. Fertig ist die Wahl.

Das Internet bietet weitere Möglichkeiten, um durch Technik eine Entscheidung treffen zu lassen. So gibt es eine Website, auf der ein Glücksrad mit den Namen der Spielenden beschrieben werden kann, das dann gedreht wird.

Ein Glücksrad, das man schnell und einfach selbst beschreiben und wählen lassen kann.

Auch dies ist eine Form der Zufallsentscheidung. So ein digitales Glücksrad allerdings ist mal etwas anderes als ein analoger Würfel.

5. Draften

Eine Methode, die wir gern bei Twilight Imperium nutzen, ist das Draften. Hierbei werden die vorhandenen Spielmaterialien in thematische Blöcke sortiert. So erhalten alle Spielenden einen Stapel mit Kartenteilen, zufällig gewählten Rassen und der Spielposition, welche per Zufallsprinzip auf die Stapel verteilt wurden. Aus diesen Stapeln wird nun einer (oder nur ein Teil eines Stapels, je nach Draftingmethode) ausgewählt und der Rest im Uhrzeigersinn weitergegeben. Man bekommt also eine Auswahl von der Person zur Rechten und stellt sich so nach und nach das Startmaterial zusammen. Anschließend wird anhand der ausgewählten Position im Spiel eine neue Sitzordnung etabliert und das Spielfeld wird gemeinsam aufgebaut, angefangen mit der Person, die beim Draften Position 1 gewählt hat.

Diese Methode, die einige vielleicht aus Risiko Evolution kennen, lässt sich nicht auf alle Spiele übertragen, ist aber bei Spielen, die zu Spielbeginn eine gewisse Materialmenge unter den Spielenden aufteilen, eine schöne Möglichkeit, die Auswahl mit etwas Taktik und Spannung zu unterlegen.

6. Mystery Box

Etwas ausgefallener und sicherlich eine Überlegung wert ist es, die Auswahl durch Zuhilfenahme einer Mystery Box zu treffen. Voraussetzung hierfür ist es allerdings oft, dass sich eine Person freiwillig meldet, die nicht mit dem Spiel anfangen will. Diese bereitet dann die Box vor.

Wie genau diese ausgestaltet wird und was die Aufgabe dahinter ist, kann jede Gruppe frei entscheiden. Man könnte, ähnlich wie beim Losen, verschiedene Objekte in die Box tun, von denen eines eine besondere Markierung hat oder im Zusammenhang mit dem zu spielenden Spiel steht. Wer dieses Objekt aus der Box zieht, hat die Ehre des ersten Zugs. Eine andere Möglichkeit wäre, die Box mit verschiedenen Dingen in bestimmten Farben zu füllen, etwa den Spielsteinen und Figuren des Spiels. Anschließend greifen die Spielenden in die Box und ziehen je einen Gegenstand heraus. Wer am Ende das gezogen hat, wovon am wenigsten in der Kiste ist, ist wohl auserwählt.

Diese Box bietet so viele Möglichkeiten und lässt der Kreativität freien Lauf.

Oder es wird etwas vorbereitet, dem man als Kind noch häufiger, im Erwachsenenalter schon eher selten begegnet: eine Fühlbox. In die Mystery Box wird etwas gelegt, das erfühlt werden soll. Allen Spielenden wird dafür jeweils eine bestimmte Zeit eingeräumt, die sich an dem Gegenstand orientieren sollte. Eine Vermutung, um was es sich handelt, wird auf einen Zettel geschrieben, und wer am Ende richtig lag (oder zumindest dicht dran), beginnt das Spiel. Bei mehrfacher korrekter Nennung kann man das Ganze einfach mit einem anderen Gegenstand wiederholen, oder man geht weiter zu Vorschlag 10.

7. Knobeln

Wer gern das Hirn auf Volllast laufen lassen möchte, kann auch eine Knobelaufgabe zu Rate ziehen, wenn es darum geht, den Startspieler*innenposten zu vergeben. Auch hier muss in den meisten Fällen eine Person freiwillig auf die Pole-Position verzichten, da sonst niemand die Lösung des Rätsels kennen würde, aber das kann es wert sein, die Freund*innen beim Denken beobachten zu können.

So ist es möglich, einen Gegenstand aus dem Zimmer zu wählen, diesen zu umschreiben, die Spielenden aus dem Raum zu schicken und etwas zu verändern, eine Runde Black Storys oder Wer bin ich vorzuschieben oder einfach nur eine knifflige Aufgabe zu stellen. Wer dann herausfindet, was ausgewählt, verändert oder entfernt wurde oder eben auf die Lösung kommt, hat es sich wohl verdient, anzufangen.

8. Körperlich

Eine Möglichkeit der Auswahl kann ein Wettkampf zwischen den Spielenden sein. So kann das Ringen um die Startposition genau auch das sein: ein Ringen.

Beim Wählen der Aufgaben sollte man auf Chancengleichheit achten.

Der wortwörtliche Ringkampf wäre eine Option, birgt allerdings ein gewisses Verletzungsrisiko. Auf die Frage, wie es zu einer Verletzung kam, mit „beim Brettspiel“ zu antworten, kann einem leicht verwunderte Blicke zuteilwerden lassen. Es gibt aber andere Wege, den Wettkampf körperlich zu machen. Ob nun Armdrücken, Klimmzüge, Liegestütz oder das beliebte „Wandsitzen“, all das sind recht harmlose Wettkampfformen. Aber auch etwas auf dem Kopf zu balancieren oder am gestreckten Arm hochzuhalten, kann körperlich anstrengend sein und am Ende eine Person hervorbringen, die das Recht erstritten hat, mit dem Spiel zu beginnen.

9. Wählen

Bei dieser Methode wählen (beziehungsweise bestimmen) die Spielenden eine Person, die das Privileg oder die Bürde hat, das Spiel zu eröffnen. Dabei sollten allerdings zwei Abmachungen eingehalten werden: Zum einen sollte die Selbstwahl nicht möglich sein, und zum anderen sollte die Wahl geheim oder offen, aber gleichzeitig stattfinden. Somit entscheiden die Spielenden unabhängig voneinander, wer, abgesehen von ihnen selbst, es verdient hat, das Spiel zu beginnen. Als Abwandlung davon kann man einer Person natürlich auch den schwarzen Peter zuschieben, entscheiden zu müssen. Es wird also eine Person gewählt, welche dann die Startposition benennt, ohne sich selbst wählen zu dürfen.

10. Olympiade

Zugegeben, dieser letzte Punkt in der Auflistung ist eigentlich keine eigenständige Wahlmethode, aber eine gute Ergänzung, wenn es sonst zu ungerecht werden würde.

Anstatt es an einer der oben genannten Möglichkeiten festzumachen, kann man auch mehrere davon kombinieren und eine kleine (2) Olympiade daraus machen. Entscheiden darf, (1) „Wer zuletzt die Olympiade gewonnen hat“. Diese Person (9) wählt dann aus, welcher Stapel beim (5) Draften an wen ausgeteilt wird. Dazu musste die Personen allerdings zuvor bei der (6) Mystery Box, beim (7) Knobeln und im (8) Liegestützwettbewerb die meisten Punkte sammeln. Für den ersten Platz gibt es immer 3 Punkte, der zweite Platz bringt zwei und der dritte Platz nur einen Punkt. Und sollte es am Ende wider Erwarten doch einen Gleichstand geben, gehört noch etwas (3)(4) Glück dazu, entscheiden zu dürfen. Dann darf man sich aber auch selbst wählen. Das hat man sich dann verdient.

Vermutlich gibt es noch etliche Arten, diese und andere schwere Entscheidungen zu treffen, und diese Auflistung soll nur einige Ideen an die Hand geben. Falls ihr tolle Ergänzungen habt und diese mit den anderen Spielenthusiast*innen teilen wollt, so schreibt gern einen Kommentar mit eurer Methode.

Bis dahin wünschen wir viel Spaß beim Spiel und der Auswahl der Person, die damit beginnt.

 

Artikelbilder: © Thomas Mottl, © alancrosthwaite | depositphotos.com
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Simon Burandt

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