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Es ist der 6. November 1983. Hawkins, Indiana. Nach einer Runde Dungeons & Dragons verschwindet Will Byers spurlos. Er ist wie vom Erdboden verschluckt. Dustin, Mike, Lucas und seine Familie machen sich auf die Suche. Doch mit dem Grauen, das in Stranger Things: Schattenwelt wartet, haben sie nicht gerechnet.

Nachdem es schon einige mehr oder weniger gute Brettspielumsetzungen der hochpopulären Netflix-Serie Stranger Things gegeben hat, wurde für Stranger Things: Schattenwelt ein Meister der Brettspiel-Autor*innen-Zunft verpflichtet. Rob Daviau, eigentlich vor allem für seine Errungenschaften in der Legacy-Spielwelt bekannt, wie bei Pandemic Legacy oder Machi Koro Legacy, hat schon bewiesen, dass er episches Grauen beherrscht. Wer wie Rob Daviau ein episches Erlebnis wie Cthulhu – Death May Die auf die heimischen Tische bekommt, schafft das doch auch mit der Geschichte rund um Demogorgons und das Upside-Down, oder?

Triggerwarnungen

Waffengewalt, Monstrositäten

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Spielablauf

Stranger Things: Schattenwelt ist ein kooperatives Spiel, bei dem die Spieler*innen die Rollen der Hauptfiguren aus der gleichnamigen Serie übernehmen und mit ihren speziellen Fähigkeiten ins Abenteuer ziehen. Das Spiel ist in zwei Staffeln unterteilt, die jeweils unterschiedliche Spielpläne, Aktionen und Kartensets haben.

Das Ziel des Spiels variiert je nach Staffel. In Staffel 1 besteht das Ziel darin, Will zu retten, indem alle Will retten-Stapel geleert werden. In Staffel 2 muss zusätzlich das Tor geschlossen werden, indem der namentlich wieder sehr passende Tor schließen-Stapel geleert wird.

Das Spiel wird sofort verloren, wenn mindestens ein Charakter von Angst überwältigt wird oder die Elfi Figur das letzte Feld erreicht.

 

Ebenfalls unterscheiden sich beide Staffeln durch den Spielplan, der grundsätzlich immer in zwei Hälften unterteilt ist. Die obere Hälfte des Spielplans zeigt immer die Stadt Hawkins. Hier sind verschiedene Orte abgebildet, die in der Serie eine Rolle spielen, wie die Schule, das Haus der Byers und das Labor. Diese Orte sind durch Straßen miteinander verbunden, die die Bewegung der Charaktere auf dem Spielplan bestimmen.

Die untere Hälfte des Spielplans variiert je nach Staffel. In Staffel 1 ist die Schattenwelt abgebildet, eine düstere und gefährliche Parallelwelt. In Staffel 2 ist das Tunnelnetz zu sehen, das unter Hawkins verläuft.

Zudem zeigt der Spielplan zwei wesentliche Elemente für den Verlauf des Spiels auf: die bereits genannten Orte, die unterschiedliche Aktionsmöglichkeiten bieten, und die Levelplättchen.

Die Levelplättchen sind Spielsteine, die auf die entsprechenden Felder des Spielplans gelegt werden. Sie repräsentieren verschiedene Herausforderungen, die die Spieler*innen gemeinsam überwinden müssen. Es gibt zwei Arten von Symbolen, die auf den Levelplättchen angezeigt werden können:

  1. Eine Zahl zwischen 0 und 5: Diese Zahl gibt den Schwierigkeitsgrad der Herausforderung an. Je höher die Zahl, desto schwieriger ist die Herausforderung.
  2. Das Demogorgon-Symbol: Dies ist ein rotes Symbol ohne Zahl. Der Wert dieses Plättchens entspricht der Stapelanzahl auf der Demogorgon-Feldgruppe zwischen 0 und 8.
Die unterschiedlichen Levelplättchen

Grundsätzlich ist der Spielablauf pro Charakter in vier Schritte unterteilt: Bewegen, Aktion ausführen, Hand auffüllen und Ereigniskarten ziehen.

Die Bewegung eines Charakters wird durch seinen Bewegungswert und die Aktionspunkte der gespielten Aktionskarten bestimmt. Jeder Charakter hat einen eigenen Bewegungswert, der auf dem Charaktertableau angegeben ist. Aktionskarten können zusätzliche Bewegungspunkte hinzufügen. Die Charaktere bewegen sich auf dem Spielplan über die mit Straßen verbundenen Orte. Wenn ein Charakter sich auf einem Ort mit einem Monster oder über einen solchen Ort bewegt, endet die Bewegung sofort. Ein Charakter kann einen Ort mit Monstern nur verlassen, wenn der Zug an diesem Ort beginnt.

Die spielbaren Charaktere und Elfi

Aktion ausführen ist ein zentraler Teil des Spielablaufs in Stranger Things: Schattenwelt. In dieser Phase können die Spieler*innen verschiedene Aktionen ausführen, abhängig von ihrem Standort auf dem Spielplan. Wenn ein Charakter seine Bewegung auf einem Ort beendet, auf dem kein Monster steht, darf er die Ortsaktion ausführen. Um eine Aktion wie Beruhigen oder Kämpfen auszuführen, spielt der Charakter mindestens eine Aktionskarte. Dann werden die Aktionspunkte der gespielten Aktionskarten und alle Bonuspunkte durch Gegenstände, Verbündetenkarten und/oder Fähigkeiten addiert, um den Aktionswert zu ermitteln. Dieser Aktionswert bestimmt, wie effektiv die Aktion ist. Diese Aktionen können mit oder ohne Probe sein. Aktionen ohne Probe erfordern normalerweise das Ausspielen von Aktionskarten mit einem bestimmten Aktionswert, aber es gibt keine zusätzlichen Anforderungen oder Risiken. Es gibt drei Arten von Aktionen ohne Probe:

Die unterschiedlichen Aktionskarten
  1. Beruhigen: Mit dieser Aktion kann ein Charakter seine Angst reduzieren. Der Charakter spielt eine oder mehrere Aktionskarten und reduziert seine Angst um den Gesamt-Aktionswert der gespielten Karten.
  2. Infos sammeln: Der Charakter spielt eine oder mehrere Aktionskarten mit einem Gesamt-Aktionswert von mindestens 2 und zieht dann eine Info-Karte.
  3. Gegenstand erhalten: Der Charakter spielt eine oder mehrere Aktionskarten mit einem Gesamt-Aktionswert von mindestens 2 und zieht dann eine Gegenstandskarte.

Aktionen mit Probe unterscheiden sich insofern, dass der Aktionswert der gespielten Aktionskarten mindestens genauso hoch ist, wie der Wert aller Plättchen im Stapel der Aktion sein muss, um überhaupt einen Effekt zu erzielen. Wenn die Probe bestanden wird, ist die Aktion erfolgreich und der*die Spieler*in kann die Aktion ausführen. Wenn die Probe nicht bestanden wird, scheitert die Aktion und der Charakter erhält Angst. Aktionen mit Probe gibt es insgesamt sieben Stück:

  1. Rekrutieren: Bei Erfolg kann die Verbündetenkarte rekrutiert werden. Der Charakter nimmt die oberste Verbündetenkarte und legt sie unter sein Charaktertableau. Der Effekt der Karte kann ab sofort genutzt werden. Anschließend wird eine neue Verbündetenkarte gezogen und aufgedeckt auf das leere Feld gelegt. Die darauf angegebene Anzahl an Levelplättchen wird verdeckt auf das Levelfeld danebengelegt.
  1. Elfi helfen: Der Charakter wählt eine Kraft von Elfi aus und spielt eine oder mehrere Aktionskarten, um eine Probe zu bestehen. Wenn die Probe bestanden wird, wird die gewählte Kraft von Elfi aktiviert und kann in dieser Partie nicht erneut aktiviert werden.
  2. Labor untersuchen: Der Charakter wählt einen beliebigen Labor-Stapel und spielt eine oder mehrere Aktionskarten, um eine Probe zu bestehen. Wenn die Probe bestanden wird, darf der Charakter für jedes leere Levelfeld neben dem Labor in Hawkins immer ein Gefahrensymbol im Schritt Ereigniskarte ziehen ignorieren, egal wo er steht.
  3. Will retten: Der Charakter wählt einen Will retten-Stapel und spielt eine oder mehrere Aktionskarten, um eine Probe zu bestehen. Wenn alle Stapel geleert sind, wird Will gerettet.
  4. Kämpfen: Wenn ein Charakter auf einem Ort mit mindestens einem Gegner endet, muss er kämpfen. Der Charakter spielt eine oder mehrere Aktionskarten und versucht, einen Kampf gegen den Gegner zu gewinnen.

    Demogorgon und Demohunde
  1. Ranken entfernen: Diese Aktion wird nur in Staffel 2 ausgeführt. Der Charakter spielt eine oder mehrere Aktionskarten und versucht, die Ranken im Tunnelnetz zu entfernen. Dies wirkt sich für die Gruppe positiv bei manchen Ereigniskarten aus oder bei der Aktion Tor schließen.
  2. Tor schließen: Ebenfalls nur in Staffel 2 aktiv. Der Charakter spielt eine oder mehrere Aktionskarten und versucht, das Tor zu schließen. Kann erst ausgewählt werden, wenn Will gerettet wurde und beendet bei Erfolg das Spiel siegreich.

Nach dem Ausführen der Aktionen wird die eigene Hand aufgefüllt. Die aktive Person zieht so viele Karten vom Aktionskartenstapel, bis sie wieder fünf auf der Hand hat. Falls nicht mehr genügend Karten im Stapel sind, mischt die Person den Ablagestapel sowie die gespielten Aktionskarten neben dem eigenen Charaktertableau in den Aktionskartenstapel und bewegt Elfi auf der Ereignisleiste ein Feld nach rechts. Steht sie bereits auf dem letzten Feld, ist das Spiel verloren.

Am Ende jedes Zuges werden Ereigniskarten gezogen. Der Effekt auf der Karte wird sofort ausgeführt. Die Ereigniskarten können verschiedene Ereignisse darstellen, wie zum Beispiel das Bewegen von Monstern, das Entfernen von Verbündetenkarten aus dem Spiel, das Steigern der Angst oder das Aktivieren von Elfis Kräften.

Um die Anzahl der zu ziehenden Ereigniskarten zu ermitteln, wird zuerst die Anzahl der Gefahren-Symbole auf den gespielten Aktionskarten gezählt. Zum Schluss wird geschaut, wie viele Karten durch die Ereignisleiste gezogen werden müssen, und die Anzahl der übrigen Gefahren-Symbole wird hinzugezählt. Falls die Ereigniskarte Ende des Tages gezogen wird, wird ihr Effekt ausgeführt und anschließend der Ablagestapel inklusive Ende des Tages in den Ereigniskartenstapel gemischt. Es werden keine weiteren Ereigniskarten gezogen.

Ausstattung

Das Spiel kommt für ein CMON-Werk mit überraschend wenig Spielmaterial aus. Neben dem doppelseitigen Spielplan und einer Anleitung, deren Erklärungen an sich gut sind, aber durch schlechte Gliederung leiden, gibt es wieder viele schöne Miniaturen. Die Charaktere und Monster sind sehr schön getroffen, aber warum die Fahrzeuge nur Standees bekommen haben, ist ein Rätsel. Das Spiel verzichtet fast vollständig auf Ikonografie. Lediglich die Gefahrensymbole haben eine grafische Darstellung bekommen. Alles andere wird durch Text und Zahlenwerte geklärt. Die Karten sind sehr immersiv gestaltet und man hat darauf geachtet, ein echtes Gefühl für Unterschiede zwischen den Staffeln aufzubauen. Während verbündete Charaktere wie Steve Harrington oder Jonathan Byers in beiden Staffeln vorkommen, gibt es Barb Holland („JUSTICE FOR BARB“) eben nur in Staffel 1 …

Ein Lob verdient sich dieses Mal das Tiefziehteil. Alles hat seinen Platz und es gibt keine Alibi-Ausbuchtungen für „den Rest der Marker“.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Asmodee, CMON
  • Autor*in(nen): Rob Daviau
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 60 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2 3 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Preis: ca. 50 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Webseite von Asmodee gibt es neben der Regel als PDF auch eine Mini-Erweiterung zum Download. Mit dieser kann Elfi zur spielbaren Figur gemacht werden.

Fazit

Die Hoffnung war da, und wurde nicht enttäuscht. Stranger Things: Schattenwelt macht schon sehr vieles richtig, was ich mir in meinem Artikel über „Serien und Videospiele die aufs Brett gehören“ gewünscht habe. Doch es fehlt einfach diese nötige Extrameile, um ein sehr gutes Lizenzspiel zu sein. Während mich das Spielmaterial fast vollends zurückversetzt, in die Zeit als ich die ersten beiden Staffeln gesuchtet habe, schafft es die Spielmechanik selbst nur bedingt. Die Spannung, die durch die Atmosphäre der Serie erzeugt wird, stellt sich nur bedingt ein. Dafür sind der Demogorgon und die Demohunde als Antagonisten ein zu passives Element. Es bleibt daher eher „nur“ beim Spiel gegen die Zeit durch die Angstleiste beziehungsweise den Ereigniskartenstapel. Daher bekommt Stranger Things: Schattenwelt mit rosaroter Fanbrille 4 von 5 leicht aufdringlichen Eggo-Waffel-Produktplatzierungen.

  • Sehr immersives Material
  • Lizenz gut genutzt
  • Leicht erlernt

 

  • Spiel spiegelt die Spannung der Serie nur bedingt wider
  • Anleitung suboptimal, durch verwirrende Gliederung

 

 

Artikelbilder: © Asmodee
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Saskia Harendt
Fotografien: Tim Billen

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