Jährchen wechsel dich! Das Spielejahr 2019 in der Retrospektive und worauf wir uns 2020 freuen.

2019 liegt beinahe hinter uns. Teilzeithelden wagt den Rückblick: Welche Spiele waren dieses Jahr lohnenswert? Haben wir Spieletitel verpasst? Was waren die Geheimtipps 2019? Aber damit nicht genug: Selbstverständlich darf auch ein Ausblick auf das Spielejahr 2020 nicht fehlen, denn es gibt einiges, auf das wir uns freuen dürfen.

Wie der letztjährige Ausblick schon nahegelegt hat: 2019 war ein bewegtes Spielejahr. Wir reden hierbei nicht nur von dem, was uns die vielen Spieleschmieden dieses Jahr kredenzt haben. Wir reden auch von Kontroversen und Diskussionen. Hier haben wir leider Gottes einen muffigen Wiederkehrer zu begrüßen: Die längst totgesagte (und totgehoffte) Killerspieldebatte klopft mal wieder an der Tür, und der Inhalt ist mal wieder der gleiche. Danke. Der Nächste bitte.

Ebenfalls ordentlich in das sprichwörtliche Klo gegriffen hat mal wieder Blizzard im Skandal um Blitzchung, der sich auf einem Hearthstone-Turnier mit den Protestanten in Hongkong solidarisierte und dafür drakonisch bestraft wurde. Der Entwickler und Publisher – so viel sei gesagt – hat die Strafe später reduziert und sich für sein Vorgehen auf der Hausmesse Blizzcon entschuldigt. Die Messe selbst war allerdings im Vergleich zum letztjährigen Debakel ein Erfolg. Dazu später noch mehr. Warum wir die Blizzcon direkt zum Einstieg erwähnen? Sie steht gewissermaßen stellvertretend für diesen Jahreswechsel: Ein debattenlastiges, bewegtes 2019 mit Ausblick auf ein spannendes Spielejahr 2020.

Generäle und Taktiker: Strategie!

Wo wir gerade bei Blizzard sind, erstmal die schlechten Neuigkeiten: Warcraft III: Reforged wurde leider um einen Monat nach hinten verschoben und fällt damit ins Jahr 2020. Hierzu können wir leider also noch nicht viel sagen. Der Dauerbrenner Total War: Warhammer II hat gleich drei DLC erhalten, deren Release jeweils von einer Gratisdreingabe begleitet wurde. Der Inhalt war dem Preis stets angemessen: An dieser Stelle eine uneingeschränkte Empfehlung und Lob für eine gelungene DLC-Politik. Unsere Hoffnung für das Spielejahr 2020 wäre Teil III, über den wir bislang nur wenig wissen.

Der Warhammer-Ableger war allerdings nicht der einzige Vertreter der altehrwürdigen Total War-Reihe. Mit Three Kingdoms hat Creative Assembly einen beachtlichen neuen Teil hingelegt, der die Brücke zwischen mythischen Helden und historischer Simulation schlägt.

Im nächsten Jahr erwarten wir gespannt Troy: A Total War Saga, das ebenfalls einen stark mythologischen Anhauch haben wird. Wir sind gespannt. Um nochmal den Bogen zurück zu Warhammer zu schlagen: Battlefleet Gothic: Armada 2 war ein würdiger Nachfolger des überraschend guten Vorgängers. Abseits von epischen Schlachten konnte Anno 1800 auf ganzer Linie überzeugen.

Neues vom Spezialisten: Was plant Paradox?

Mein persönlicher Dauerbrenner Crusader Kings II (nebenbei ein Beispiel für eine absolut katastrophale DLC-Politik) ist im Spielejahr 2019 leider leer ausgegangen, und das neueste Globalstrategiespiel der Experten von Paradox, Imperator: Rome, hatte leider einen bestenfalls holprigen Start.

Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Stellaris wurde mit weiteren DLC versorgt und für 2020 steht Stellaris: Federations in den Startlöchern – Europa Universalis IV hingegen ging leer aus. Alles erwartbar bislang. Trösten können wir uns damit, dass endlich der Nachfolger angekündigt wurde: Crusader Kings III befindet sich in Entwicklung und sieht großartig aus. Das Beste: Es soll 2020 schon kommen. Worauf eingefleischte Fans noch länger warten dürfen, ist leider Victoria III.

Und Action! Von Kniften und Schwertern

Das Spielejahr 2019 hat leider unterirdisch angefangen. Das heiß erwartete Anthem war gerade im Verhältnis zu den Erwartungen, die BioWare vorher schürte, ein bestenfalls mittelmäßiger Lootshooter. Für das legendäre Studio war das ein Fiasko. Ein anderer Triple-A-Titel, ebenfalls von Electronic Arts veröffentlicht, hat dafür einen grandiosen Schlusspunkt gesetzt: Star Wars Jedi: Fallen Order hat sich – von wenigen Kritikpunkten abgesehen – rund angefühlt. Einfach eine schöne Story, gut inszeniert, ohne Schnickschnack und so kurz vor dem neunten Teil auch noch zeitlich klug gewählt. Zwischen Jahresanfang und -ende ist allerdings eine Menge passiert.

Die Action-Klassiker

Wenn wir von Actionspielen reden, reden wir natürlich auch von Shootern. Es dürfte niemanden verwundern, dass die beiden größten Namen des Genres wieder für Nachschub gesorgt haben. Battlefield V war hierbei ein solider Vertreter der Reihe. Von den üblichen Kritikpunkten abgesehen, ein gewohnt qualitativ hochwertiges Spiel. Gleiches gilt für den Hauptkonkurrenten, der in Call of Duty: Modern Warfare wieder zum klassischen Spieldesign zurückkehrt. Storyfans atmen auf: Es gibt wieder eine Kampagne. Zwar mit Rollenspiel-Elementen ausgestattet, aber ein reinrassiger Shooter: Metro Exodus hat uns ausnehmend gut gefallen.

Zurück zum Mehrspieler: Völlig aus dem Nichts hat ein Spiel in der Mitte des Jahres für so viel Aufsehen gesorgt, dass man kaum mehr von einem Geheimtipp sprechen kann: Mordhau schickt uns in spaßig-absurde Gefechte. Das Besondere: Benutzt werden Schwerter und Konsorten. Das Konzept ist zwar nicht neu, sondern beispielsweise aus Chivalry, War of Roses oder For Honor bekannt, wurde in Mordhau aber so umgesetzt, dass die Gaming-Community davon mitgerissen wurde. Nach einer mit 300.000 Dollar eher mittelgroßen Kickstarter-Kampagne konnte der Publisher innerhalb von nur einem Monat eine Million Kopien absetzen.

Action-Adventures en masse

Ein bewegtes Spielejahr 2019 hat das Genre der Action-Adventures erlebt. Jedi: Fallen Order haben wir ja bereits genannt. Völlig verdient ist etwa Sekiro: Shadows Die Twice auf den Game Awards zum Spiel des Jahres auserkoren worden. 2020 dürfen wir uns mit Ghost of Tsushima auf ein weiteres Actionspiel im Japan-Setting freuen. Zwei weitere Titel, die uns 2019 bewegt haben: Das überragende A Plague Tale: Innocence hat uns schlichtweg begeistert. Irritierend, aber nichtsdestotrotz großartig war Death Stranding, das zurecht ebenfalls auf den Game Awards ausgezeichnet wurde.

Das Spielejahr 2020 verspricht ebenfalls spannend zu werden. Im Mai erwarten wir gespannt Marvel’s Avengers, dessen Gameplayszenen auf der E3 zwar etwas schlauchig, aber spannend anzusehen waren. Im gleichen Monat kommt mit The Last of Us Part II direkt der erste große Anwärter auf die Game Awards 2020 ins Spiel. Ähnlich mit Spannung erwartet wird das angeteaserte Assassin’s Creed: Ragnarök. Wir wissen darüber bisher wenig, aber über das angestrebte Setting spricht der Titel wohl Bände.

Flaute für Rollenspieler?

Für die ganz klassischen Rollenspieler war 2019 ein ruhiges Jahr. Zu nennen wäre hier etwa GreedFall, das zwar Spaß macht, aber durchaus seine Ecken und Kanten hat. Natürlich durften die üblichen Erweiterungen für die MMORPG-Sparte nicht fehlen: Sowohl Elder Scrolls Online als auch Star Wars: The Old Republic wurden hier beide mit soliden Erweiterungen versorgt. Wer aber etwas über diesen eng gesteckten Rand hinausblickt, konnte 2019 sehr glücklich werden. Disco Elysium z.B. ist ein Rollenspiel, in dem man die Kontrolle über einen Ermittler übernimmt und ohne eine Menge klassischer Rollenspielelemente auskommt. Als Geheimtipp lässt sich der Gewinner des Besten Rollenspiels 2019 und des Besten Indie-Spiels 2019 auf den Game Awards kaum mehr bezeichnen.

Noch etwas weiter über den Tellerrand hinaus: The Outer Worlds hat zwar Shooterelemente, spielt sich aber wie ein waschechtes Rollenspiel und ist ein geistiger Nachfolger von Fallout: New Vegas. Die Entwickler haben Storynachschub angekündigt, und wir freuen uns darauf! 2020 wird in dieser Hinsicht nicht nachlassen. Eine große Hoffnung vorweg: Vielleicht haben wir Glück, und das noch ohne Releasedatum versehene Baldur’s Gate III erreicht uns schon 2020? Zunächst wird uns aber das lang ersehnte Cyberpunk 2077 im Frühjahr erwarten. Ein Multiplayer wurde uns ebenfalls versprochen, und die Rolle des Fanfavoriten Keanu Reeves wurde offenbar stark ausgebaut, nachdem dieser auf der E3 die Fanherzen im Sturm erobert hat.

Dass uns besagter Mehrspielermodus direkt zu Release noch nicht zur Verfügung steht, sondern die Witcher III-Macher sich lieber auf den Singleplayer konzentrieren, spricht eher für als gegen Cyberpunk. Für viele Teilzeithelden noch wichtiger als der neue Hit von CD Projekt RED ist Bloodlines 2. Der World-of-Darkness-Ableger hat uns dieses Jahr einiges an Vorabinfos liefern können, und wir sind ziemlich gespannt. 2020 soll das Spiel noch kommen. Ebenfalls 2020 erwartet uns aller Voraussicht nach noch das deutlich kleinere Werewolf: The Apocalypse – Earthblood, das im etwas weniger bekannten Werwolf-Kosmos der World of Darkness spielt. Das bisherige Fehlen von Gameplaymaterial lässt uns am Release im Jahr 2020 aber deutlich zweifeln.

Der Blizzard aus der Asche

Um nochmal den Bogen zum Anfang zu schlagen: Die Blizzcon. Letztes Jahr hatten wir die Hoffnung geäußert, dass Blizzard seinen Groove wiederfindet. Wir wurden nicht enttäuscht! Die Ankündigung von Overwatch 2 war für viele irritierend, sah das Spiel in der Vorschau doch eher wie eine ambitionierte Erweiterung aus. Es erwarten uns einige neue Spielmodi (unter anderem Gameplay für Einzelspieler und PvE) und ein Reskin aller vorhandenen Helden. Was hier sehr fair ist: Onlineschlachten werden zwischen Overwatch und Overwatch 2 spieleübergreifend sein. Niemand wird gezwungen, das neue PvE-lastige Spiel zu kaufen, der vor allem an PvP interessiert ist.

Der Release von World of Warcraft: Classic war ein voller Erfolg. Im August hat sich die Abonnenten-Zahl fast verdreifacht! Ob sich die Zahlen halten werden, bleibt abzuwarten. Spieler auf den Retail-Servern indes berichten von geringen Spielerzahlen. Hier wird vielleicht die angekündigte Erweiterung Shadowlands Abhilfe schaffen. Die Erweiterung setzt die für manche Fans fragwürdige Handlung von Battle for Azeroth in einen neuen Kontext und verspricht dringend notwendige Gameplay-Verbesserungen. Neben der üblichen Hearthstone-Erweiterung dann der Knaller: Diablo IV ist in Entwicklung, und es sieht mehr als nur gut aus. „Back to the roots“ heißt es hier für uns! Weg von glitzernden Engelstoren und strahlenden Helden und hin zu einem dreckigen postapokalyptischen Sanctuario, wie wir es aus den ersten beiden Teilen kennen. Wir freuen uns drauf, auch wenn 2020 nicht mehr mit dem neuen Teil zu rechnen sein wird.

Fazit

2019 war ein weitgehend gutes Spielejahr. Natürlich gab es die gewohnten Enttäuschungen. Ungeduldig erwartete Titel wurden verschoben, Spiele werden weniger gut als erwartet, das kennt man alles. Natürlich geht auch kein Jahr um, ohne dass irgendein Spieleriese in irgendein PR-Fettnäpfchen springt. Dieses Jahr ein Wiederholungstäter: Blizzard. Aber man hat sich zumindest bemüht, die Situation zu bereinigen, und so fair muss man sein: Das Fandebakel vom letzten Jahr wurde nicht wiederholt. Die angekündigten Releases sehen spannend aus, es gab einige Selbstkritik des Spieleriesen.

Aber nicht nur auf Blizzards Seite sieht 2020 spannend aus. Mit Cyberpunk und Vampire erwarten uns zwei massive Granaten, die das Potenzial zum Legendenstatus haben. Ganz nebenbei noch ein neues Assassins Creed in einem für die Serie unverbrauchten Setting und eine Fortsetzung des gefeierten The Last of Us, die Ankündigung von Crusader Kings III und zumindest die leise Hoffnung auf Total War: Warhammer III lassen mich optimistisch in die Zukunft blicken. Vielleicht, liebe Spielegötter, können wir auch endlich mal die Killerspieldebatte beerdigen. In diesem Sinne: Einen guten Rutsch ins Spielejahr 2020!

Artikelbild:© stockfoto-graf, © EvgeniyShkolenko | depositphotos.com, Screenshots: © Stephan Köhli, © Norbert Schlüter, © Blizzard Entertainment, © Electronic Arts, © Focus Home Interactive, © Sony Interactive Entertainment, © Paradox Interactive, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur